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»Zucker in Tee und Kaffee kann man sich an-, aber auch abgewöhnen«, sagt Bettina Schlegel-Krogloth.

»Möglichst bunt und vielfältig sollte das Essen sein«

Ist ein Glas Wein am Tag wirklich gesund? Ist das Frühstück die wichtigste Mahlzeit am Tag? Und wieso sind in Deutschland so viele Kinder zu dick? Am »Tag der gesunden Ernährung« klären wir diese und weitere Fragen mit der Ernährungsberaterin und Diätassistentin Bettina Schlegel-Krogloth aus Traunreut.


Sich gesund zu ernähren – was heißt das eigentlich?

Das ist gar nicht so einfach zu beantworten, denn das ist sehr individuell. Es geht hier auch um Verträglichkeiten, Befindlichkeiten und Uhrzeiten. Grundsätzlich aber gilt: Möglichst bunt und vielfältig sollte dasEssen sein.

 

Ein weiteres Schlagwort ist ausgewogen. Welche Alternativen empfehlen Sie zu Nudeln, Kartoffeln oder Reis als Beilage?

Diese Beilagen gehören zu einer ausgewogenen Ernährung dazu. Aber ganz wichtig sind Hülsenfrüchte, weil sie sehr positive Nährstoffkombinationen haben. Kichererbsen, Bohnen, Lupine und Co. sind sehr ballaststoff- und proteinreich.

 

Die Ernährungspyramide besagt, dass wir vor allem viele pflanzliche Produkte essen sollten und wenig Fleisch und Wurst.

Das ist richtig. Zweimal in der Woche Fleisch genügt. Denn Fleisch hat auch positive Inhaltsstoffe wie Protein, Eisen und B-Vitamine. Wurst benötigen wir eigentlich gar nicht. Das ist eher in die Kategorie »Genussmittel« einzuordnen.

 

Wurst hat viel Fett. Doch Fette sind nicht gleich Fette, es gibt gute wie auch schlechte.

Es sollten maximal 80 Gramm Fett am Tag sein. Gesättigte Fette (in Butter, Kokosfett, Palmfett, Schmalz etc.) brauchen wir eigentlich nicht, ungesättigte sind sogar essenziell. Diese sind in pflanzlichen Ölen, Nüssen, Fisch oder etwa Avocado. Da der Körper essenzielle Fettsäuren nicht selbst herstellen kann, müssen sie über die Nahrung aufgenommen werden. Sie unterstützen viele Prozesse im Körper.

 

Am besten verzichtet werden sollte laut Pyramide auf Süßigkeiten und andere Knabbereien. Ist das auch Ihre Empfehlung?

Das ist selbstverständlich nichts, was der Körper braucht und sollte nur in geringen Mengen gegessen werden. Aber Essen ist ja nicht allein reine Nahrungsaufnahme. Das hat auch viel mit Emotionen und Bedürfnissen zu tun.

 

Emotional diskutiert wird auch über die Frage, ob Milch nun gesund ist oder nicht. Was sagen Sie?

Ich finde, sie gehört zu unserer mitteleuropäischen Ernährung dazu. Die meisten vertragen sie gut und sie hat wertvolle Inhaltsstoffe wie Calzium und Eiweiß. Aber natürlich kommt es auf die Menge an.

 

Was ist denn eine gute Menge?

Eine Portion am Tag, also 150 Milliliter.

 

Ist das Frühstück wirklich die wichtigste Mahlzeit am Tag?

Das ist tatsächlich schwierig zu sagen und hängt auch immer etwas vom Alltag der Menschen ab. Ich würde aber sehr zu einem Frühstück raten. Denn es macht Sinn, Energie zuzuführen, wenn sie benötigt wird. Dann eher die Abendmahlzeit weglassen....

 

Was empfehlen Sie als richtig gesunden Start in den Tag?

Gesäuerte Milchprodukte, also Joghurt, Quark oder Dickmilch, mit einem frischen Obstanteil, Leinsamen und Getreideflocken.

 

Was ist besser: Dreimal am Tag richtig essen oder lieber fünf kleinere Mahlzeiten?

Ersteres. Fünf Mahlzeiten am Tag sind ungünstig für den Blutzucker – das gilt jetzt für einen gesunden Erwachsenen. Bei Kindern sieht das anders aus.

 

Sollten sie mehrmals am Tag essen?

Ja, am besten fünf Mahlzeiten. Drei Hauptmahlzeiten und drei Zwischenmahlzeiten. Hier am besten Obst, Nüsse oder gesäuerte Milchprodukte wie Joghurt.

 

Jedes siebte Kind in Deutschland ist zu dick. Woran liegt das?

Das liegt vor allem am Bewegungsmangel, gepaart mit der falschen Lebensmittelauswahl.

 

Was können Eltern tun?

Es sollte klare Regeln geben. Kinder sollten alles probieren. Den Satz, 'Das isst mein Kind eh nicht', sollte es nicht geben. Denn der Geschmackssinn eines Kindes entwickelt sich erst mit den Jahren. Eltern sollten hier Vorbild sein. Denn Dreh- und Angelpunkt ist das Zuhause. Hier sollte gesund gekocht und gegessen werden.

 

Bundesernährungsminister Cem Özdemir will ein Werbeverbot für ungesunde Lebensmittel. Kinder sollen vor Werbung für Süßes, Salziges und Fettiges geschützt werden. Bringt ein solches Verbot etwas?

Ein bisschen vielleicht. Aber viel wichtiger ist das, was daheim vorgelebt wird.

 

Wer als Kind dick ist, bleibt es oft im Erwachsenenalter. Wieso?

Das liegt zum einen an genetischen Faktoren, aber auch am Lebensstil, der vorgelebt wurde und dann weiter gelebt wird.

 

Der Zuckerkonsum in Deutschland ist deutlich zu hoch. 32,5 Kilogramm verzehrt jeder Verbraucher pro Jahr, das fördert Krankheiten wie Adipositas, Diabetes und Karies. Was tun? Denn oft sind die Zucker ja versteckt.

Grundsätzlich gilt: So wenig Süß wie möglich. Zucker in Tee und Kaffee kann man sich an-, aber auch abgewöhnen. Und außerdem ein kleiner Tipp: Bei Zutatenliste auf die Endung -ose achten. Das sind immer Zucker. Und auch Malz ist Zucker.

 

Raten Sie zu alternativen Süßungsmitteln?

Nein, tatsächlich nicht. Denn das kann dazu führen, dass durch die Süßinformation Insulin ausgeschüttet wird. Das kann zu Heißhunger führen.

 

Was sagen Sie zu Vitamintabletten und anderen Nahrungsergänzungsmitteln?

Diese braucht es bei einem gesunden Menschen überhaupt nicht. Eine Ausnahme macht vielleicht Vitamin D im Winter.

 

Ausreichend trinken ist ebenfalls wichtig für eine gesunde Ernährung. Welche Menge empfehlen Sie?

Zweit Liter (am besten Wasser oder ungesüßte Tees) wären für einen gesunden Erwachsenen perfekt – wenn es kein heißer Tag ist, an dem richtig viel geschwitzt wird.

 

Ist ein Glas Bier oder Wein am Tag wirklich gesund? Das hört man ja immer wieder.

Davon sind wir schon lange weg! Alkohol ist ein Zellgift. Das ist schlecht für den Körper. Beim Alkohol gilt: so wenig wie möglich.

 

Oft ist es ja so, dass man den ganzen Tag über gesund isst – und abends kommen dann Gelüste nach Chips oder Süßem. Woran liegt das?

Das liegt an der Gewohnheit, der Gelegenheit und dem Wunsch nach Belohnung. Wir haben den Tag geschafft....

 

Welchen Tipp haben Sie?

Dieses Muster kann ich durchbrechen – indem ich mir ein Bad einlasse, ein wenig Wellness mit einem Peeling mache oder gute Gespräche mit Familie/Freunden führe. Hier hilft manchmal sogar ein Glas Wein oder Bier. 

Klara Reiter

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