In den Kliniken Südostbayern (SOB) bemerke man aber durchaus einen Unterschied zwischen der Omikron- und den vorhergehenden Wellen. »Bisher verzeichnen wir eine in Relation zu den Inzidenzhöchstwerten geringere Hospitalisierungsrate und gemessen an den Patientenzahlen auf den Covid-Normalstationen auch eine geringere Zahl an Aufnahmen auf die Covid-Intensivstationen«, so Reuter. Dennoch sei die Intensivstation hoch ausgelastet. »Wir holen vieles nach, das in den letzten Monaten aufgeschoben wurde. Die Bevölkerung ist wieder mobiler, wir sehen mehr Unfälle«, betont der Sprecher.
Ähnlich argumentiert auch der Leiter des Gesundheitsamts, Dr. Wolfgang Krämer: »Zunächst macht es infektiologisch, krankenhaushygienisch und vom Umfang des Aufwands keinen Unterschied für die Kliniken, ob die Coronainfektion die Haupt- oder die Nebendiagnose darstellt. Der insbesondere personalintensive Isolierungs- und Versorgungsaufwand ist der gleiche.« Von Entspannung könne aber nicht die Rede sein auf den Stationen in den Krankenhäusern, denn derzeit müsse man in Relation zur Anzahl hospitalisierter Corona-infizierter Patienten einen »erheblichen Ausfall an Mitarbeitern« hinnehmen. »Diese sind zwar meist asymptomatisch oder nur leicht erkrankt, fehlen uns aber natürlich in der Patientenversorgung«, betont Reuter. Hier sei das Krankenhauspersonal ein Spiegel der regionalen Bevölkerung, auch wenn die Impfquote der Krankenhausmitarbeiter höher sei.
Jeder wird bis zum Testergebnis isoliert
Aber wie viele Patienten kommen dann derzeit tatsächlich mit und nicht wegen einer Coronainfektion ins Krankenhaus? Reuter berichtet, dass derzeit »rund ein Drittel der Covid-Patienten anfänglich wegen einer anderen Diagnose in die Klinik kommen«. Bei der Aufnahme wurde dann zusätzlich eine SARS-CoV-2-Infektion festgestellt. Reuter erklärt das Prozedere: »Die Kliniken sind verpflichtet, jeden neu aufgenommen Patienten mittels PCR zu testen. Kommt ein Patient beispielsweise mit einer Unterschenkelfraktur in die Notaufnahme und wird bei Aufnahme positiv auf Corona getestet, besteht für diesen Patienten eine Meldepflicht gegenüber dem Gesundheitsamt. Dieser Patient hat als Hauptdiagnose die Unterschenkelfraktur und als Nebendiagnose eine SARS-CoV-2-Infektion. Zusätzlich zur Versorgung seiner Unterschenkelfraktur muss der Patient wie ein an Covid erkrankter Patient mit hohem Material- und vor allem Personalaufwand isoliert werden, um seine Infektion nicht auf andere Patienten oder Ärzte und Pflegekräfte zu übertragen. Das wird grundsätzlich in allen Kliniken so gehandhabt. Wir dürfen, trotz der zur Aufnahme führenden Erkrankung – der Unterschenkelfraktur in diesem Beispiel – die SARS-CoV-2-Infektion ja nicht außer Acht lassen.« Nicht selten entwickele sich während des stationären Aufenthalts aus der mitgebrachten Corona-Infektion zusätzlich zur Einweisungsdiagnose auch noch eine Covid-19-Erkrankung, die behandelt werden muss.
Auch wenn derzeit vor allem die normalen Isolierstationen mit Covid-Patienten belegt seien, habe sich der Aufwand bezüglich der Versorgung von Covid-Patienten nicht geändert. »Ob der Patient eine SARS-CoV-2-Infektion oder diese als Nebendiagnose hat«, spiele keine Rolle. Habe ein Patient eine hochansteckende Infektion, bleibe der Personal- und Materialaufwand hoch.
Allerdings könne man seitens des Kliniken Südostbayern eines bestätigen: »Wir sehen schon, dass Omikron insgesamt mildere Verläufe verursacht.« Dies beziehe sich laut Reuter auf geimpfte wie ungeimpfte Infizierte. Er ergänzt: »Sollte doch ein schwerer Verlauf auftreten, dann in der Regel bei ungeimpften Personen.« Gesundheitsamtschef Dr. Krämer bestätigt dies: »Aktuell beobachten wir, dass es insbesondere zu deutlich weniger intensivpflichtigen Krankheitsverläufen kommt und auch der Anteil auf Normalstation geringer ist, als es unter der Delta-Variante der Fall war. Hier hat neben den virusspezifischen Gründen unseres Erachtens auch die Impfung inklusive Boosterung einen maßgeblichen Anteil.«
Das Argument, positiv getestete Patienten, die mit oder wegen einer Coronainfektion eingeliefert werden, statistisch anders zu erfassen, teilen die Kliniken nicht. Ralf Reuter argumentiert so: »Bis zum Vorliegen eines positiven oder negativen PCR-Tests können Patienten zum eigenen Schutz und zum Schutz anderer Patienten nicht mit anderen Patienten zusammengelegt werden, müssen also einzeln liegen und auch von Personal in persönlicher Schutzausrüstung behandelt werden. Der Aufwand ist also mindestens so groß wie bei gesicherten SARS-CoV-2-Patienten. Gerade deswegen würde ein täglicher Bericht mit Nennung der stationären Patientenzahlen getrennt nach Aufnahme wegen oder mit Corona-Infektion die Realität verzerren. Es würde suggeriert werden, ein hoher Anteil von Patienten, die 'nur mit' Covid, nicht 'wegen' Covid aufgenommen wurden, bedeutet eine geringere Belastung des Krankenhauses. Das ist aber nicht der Fall!«
Impfdurchbrüche bei 60plus
Eine Auffälligkeit gibt es noch im Hinblick auf die Omikron-Welle: Die meisten Patienten auf der Normalstation sind 60plus. »Das stimmt, wir sehen bei den Älteren eher eine Durchbruchswelle und bei den Jüngeren sind vor allem Ungeimpfte betroffen«, so Ralf Reuter.
vew