Aber zunächst mussten sich die Teilnehmer das Spektakel erst einmal im Schweiße des Angesichts verdienen, denn die Hochzeitsgesellschaft wurde in einem Kirchenzug durch den Ort gejagt. Nachdem die Progoder Manfred Huber und Richard Siglreitmaier einigermaßen Ruhe und Ordnung geschafft hatten, hätte man mit der Hochzeitszeremonie anfangen können, wenn nicht der Canale Grande selbigen beim Wirt aufgefüllt hätte. Als Entschuldigung gab er dann an, er hätte noch einige Beichten abnehmen müssen und die letzte habe so lange gedauert. Wer der Beichtende mit dem langen Sündenregister war, sagte er nicht zwengs Beichtgeheimnisses.
»Warum ham wir uns heid droffa?«, fragte der »Geistliche«. Als Gründe nannte er, dass es den einen fad sei und die anderen neugierig seien. »Aber de meisten wern wega da Sauferei kemma sei«, stellte er fest. Sie alle dürften Zeuge des traurigen Spektakels, wenn zwei Menschen, die sich überhaupt nicht riechen könnten, für einen guten Zweck und eine gescheite Sauferei den ganzen Tag verbringen müssen. Aber wenn sich zwei Menschen fänden, die gerne saufen, dann sollte man sie nicht daran hindern, wenn sie sich ins Unglück des Lebens stürzten.
Also fragte er die Konstanze, ob sie den nach Fuchs stinkenden, versoffenen Taugenichts Marinius Roglmoia zum Mann nehmen, seinen Haufen von unehelichen Kindern zu ehrbaren St. Leonharder Bürgern erziehen, ihm ein untreues, fruchtbares und gleichzeitig furchterregendes Weib sein wolle. Ehe die Braut noch dazu kam, ja zu sagen, stürzte die Pfarrersköchin schimpfend auf den Misthaufen, weil der Roglmoia doch ihr schöne Augen gemacht hatte. Nur mit vereinten Kräften gelang es den Ministranten, die keifende Furie zu entfernen, so dass die Zeremonie weitergehen konnte.
Nun richtete sich die gleiche Frage an den »aussagfressenen« Marinius: ob es sein fester Wille sei, die »g'wamperte«, »langstangerte« und hoffentlich noch jungfräuliche Konstanze zum Weib zu nehmen. Dieser ließ allerdings ein laut hörbares »Nein« vernehmen, was ihm die erste Abreibung in der noch nicht geschlossenen Ehe einbrachte. Nachdem das Ja-Wort quasi aus ihm herausgeprügelt worden war, erklärte der Pfarrer die zwei zu »oreidigen und untreuen Eheleuten«. Die Leada Grabmusi stimmte vor lauter Freude einen Marsch an. »Ich hatt’ einen Kameraden«, ein Lied, das die Musikkapelle von ihren Friedhofs-auftritten naturgemäß am besten beherrscht. Damit der Bräutigam in der Hochzeitsnacht seinen ehelichen Pflichten nachkommen konnte, mussten zwei Schmiede erst einmal den Keuschheitsgürtel der Konstanze entfernen, was nur unter großen Kraftanstrengungen gelang. In den Fürbitten der Ministranten, welche die Leonharder Sängerinnen untermalten, wurden einige Bürger noch ordentlich »derbleckt«.
Im Anschluss an die Hochzeitszeremonie formierten sich die Mittrauernden zum großen Zug durch St. Leonhard, um ihre Fahnen aus Stoff und Alkohol, Freibierlätschn, Strapse und sonstige Dessous herzuzeigen. Viele taten es dabei dem Hochzeitspaar gleich. Die Frauen gingen als Männer und die Männer als Frauen. Das Ganze endete dann im Fotoschießen der »schiachn« Hochzeitsgesellschaft. Gefeiert wurde anschließend im Landgasthof Alpenblick in Weibhausen, wo das Hochzeitspaar mit einem Walzer den Tanz eröffnete. Vor dem gemeinsamen Hochzeitsmahl gingen Braut und Bräutigam in die Küche, um dem Wirt Schorsch Gruber die Suppe zu versalzen. Am Nachmittag folgten das Weisen der Hochzeitsgeschenke, die Ehrentänze und einige Aufführungen.
Am Abend traf man sich im Weinstüberl. Für die musikalische Unterhaltung sorgten die Grabmusi und die Kapelle »Fast Ois dabei«. Der Reinerlös kommt wieder wohltätigen Zwecken in der Gemeinde Wonneberg zugute. Bjr