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Rehbock Luggi und Kater Findus sind beste Freunde.

Luggi liebt Kinder, Fußball und seine »Mama«

Laufen. »Es ist die bedingungslose Liebe«, sagt Claudia Wimmer aus Laufen über ihren Luggi. Mit der Flasche hat sie den kleinen Rehbock aufgezogen. Zwei Wochen nach dem großen Hochwasser im Juni 2013 brachte ihn eine Nachbarin aus der Salzachau mit und übergab ihn in ihre Obhut. Inzwischen ist er groß und mit seinem roten Halsband bekannt wie ein bunter Hund. Er besucht fremde Gärten, tollt mit den Kindern am Spielplatz und will mit den Fußballern am Sportplatz kicken. Nun aber sucht er vermehrt den Weg in die Salzachau, dorthin, wo er hergekommen ist.


Als die Nachbarin zwei Wochen nach dem Hochwasser in der Au südlich von Laufen unterwegs war, lief ihr plötzlich etwas piepsendes, kleines nach. Schließlich hob Rosi Gerharz das junge Reh auf – aus Sorge, ein freilaufender Hund könnte unvermittelt auftauchen. Vermutlich war die Mutter des Kitzes zwar nicht durch das Hochwasser umgekommen. Aber Augenzeugen berichteten, dass ein oder zwei Tage vor dem Auftauchen von Luggi ein großer Hund ein Reh gehetzt hatte, bis es in die Salzach sprang.

Claudia Wimmer holte sich sogleich Rat bei Josefine Jäger aus Kirchanschöring, bekannt für die Pflege verwaister Rehe, und war mit Luggi gleich beim Tierarzt. Ziegenerstmilch, der Rehmilch am ähnlichsten, musste sie besorgen aus Muttering und Petting, später stieg sie um auf Bio-Ziegenmilch aus dem Supermarkt, 2,39 Euro der Liter. »Drei, vier Wochen war das wirklich heftig«, erinnert sich die Bäuerin vom Sappe-Hof. Alle zwei Stunden musste sie mit dem Babyfläschchen Milch geben, auch nachts. Ehemann Martin war zunächst nicht recht glücklich. Hat man doch außer den 50 Kühen und dem Jungvieh auch zwei Ziegen, zwei Katzen und ein Pony am Hof. »So ein Reh läuft nicht mit der Schar«, sagte er, »man muss sich drum kümmern.«

Das tat Claudia. Allerdings wollte sie Luggi nicht zu sehr verhätscheln; nur ganz selten durfte er mal ins Haus. In einem Kinderlaufstall lag er nachts geschützt an der Wand. Begeistert waren vor allem Claudias Töchter Lena und Paula. Die haben Luggi ein Halsband umgelegt zum Gassigehen, weil sie sich schon lange einen Hund gewünscht hatten. Claudia hat Luggi kastrieren lassen, zur Sicherheit, denn ein junger wilder Rehbock erschien ihr doch zu gefährlich. Wie sehr Luggi auf Claudia fixiert war, merkte die Familie erst, als Claudia an zwei »Mahlzeiten« nicht zu Hause sein konnte. Von Martin nahm er keine Milch an. Dabei ging es auf den Urlaub zu, was also tun?

Claudia gewöhnte Luggi an eine Schüssel an einem festen Platz, was nach anfänglichem Zögern auch gelang. Fünf Tage war die Familie weg. »Er ist mir schon abgegangen«, gesteht Claudia. Und als sie heimkam, hat Luggi sie angesprungen wie ein junger Hund. »Das ist bedingungslose Liebe«, sagt sie schmunzelnd. Auch zu den Kindern. Mit denen spielt er Fangamandl, springt mit ihnen begeistert ins Planschbecken. Mehrmals schon ist Claudia vom Fußballplatz aus angerufen worden, dass Luggi wieder einmal mitspielen möchte. Luggis bester tierischer Freund ist Kater Findus. Sie putzen einander, kuscheln, spielen und tollen herum.

Im Herbst wollte Luggi permanent mit den Kindern zur Schule gehen, sodass ihn Claudia immer wieder zurückholen musste. Sie selbst greift zu allerlei Tricks, um den Rehbock abzulenken, und dann schnell und ungesehen zu verschwinden. So mancher Kirchgang endete mit Verspätung, weil Luggi wieder einmal mit wollte.

Nicht rundum beliebt ist das Reh bei den Nachbarn, denn es liebt Rosen und junge Triebe. »Was sollen wir machen?«, fragt Martin, »das Tier gehört uns ja nicht und wir können es nicht einsperren.« Einmal erlebte Claudia einen kurzen Schock, als ein Jäger sie anrief, dass des Nachts auf der B 20 ein Reh getötet worden war. Doch glücklicherweise war Luggi am Morgen wieder da. So wie an jedem Morgen.

Nur die beiden letzten Tage, da ist er weggeblieben. Immer häufiger hat Luggi sich in jüngster Zeit in Richtung Au bewegt. »Vielleicht kehrt er dahin zurück, wo er herkam«, überlegt Claudia. Das wäre eigentlich in ihrem Sinne. Vermissen aber würde sie ihn schon. Wer weiß, vielleicht schaut Luggi ja hin und wieder vorbei bei seiner »Mama«. höf

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