Für Peter Bantlin ist nur bei etwa zwei bis drei Prozent der Menschen mit geistiger Behinderung eine völlige Inklusion wirklich machbar, für die meisten sei es jedoch einfach nicht möglich, dass sie beispielsweise in Regelklassen beschult werden oder im Erwachsenenalter völlig selbstständig wohnen und ihr Leben gestalten. Diese Menschen bräuchten die spezielle, gezielte Förderung in Einrichtungen, wie sie die Lebenshilfe unterhält.
Auch den Versuch der Lebenshilfe auf Bundesebene, das Wort »geistig« aus dem Namen »Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung« zu streichen, befürwortet der Vorsitzende der Kreisvereinigung Traunstein nicht. »Ich habe eine geistig behinderte Tochter und ich steh' dazu«, war seine Aussage in der Versammlung, eine neue Wortwahl ändere nichts an der Tatsache.
Dankbarkeit am wichtigsten
Für ihn sei anstelle von Diskussionen um Inklusion oder ein einzelnes Wort vielmehr die Dankbarkeit wichtig. Als 1971 die erste Tagesstätte der Lebenshilfe in Pertenstein ihre Arbeit aufnahm und seine eigene Tochter dort betreut werden konnte, seien seine Frau und er »einfach nur dankbar« gewesen für diese Möglichkeit. Und seit der Gründung der Lebenshilfe-Kreisvereinigung Traunstein vor 43 Jahren habe es unzählige weitere Eltern und Betreute gegeben, denen es genauso ergangen sei.
Ein »unschätzbares Geschenk« sei auch der Freundes- und Förderkreis der Lebenshilfe, der in den fünf Jahren seines Bestehens schon viel ermöglicht habe. Dem Gründer des Freundes- und Förderkreises und Mitglied der Stiftung Hans-Georg Lohr, Dr. Alfred Pfeiffer, überreichte Bantlin als Zeichen der Anerkennung und Dankbarkeit eine Skulptur »Schutz und Freiheit«, die im Original vor der Förderstätte in Altenmarkt steht.
Auch Lore von Dobeneck und Dr. Michael Elsen, beide Mitglieder im Freundes- und Förderkreis und in der Stiftung Hans-Georg Lohr, erhielten eine solche Skulptur in etwas kleinerer Ausgabe für ihren unermüdlichen Einsatz. Elsen ist gleichzeitig Vorsitzender der Stiftung und Aufsichtsratsmitglied der Chiemgau-Lebenshilfe-Werkstätten. Eine Dankmedaille für ihren Einsatz bei der Lebenshilfe erhielten außerdem Christina Garreis, die im Bistro Intreff in Traunstein die Mitarbeiterinnen betreut, und Franz Müller, der Hausmeister der Förderstätte in Altenmarkt.
Den Geschäftsbericht für das vergangene Jahr stellte Geschäftsführerin Annemarie Funke vor. Sie erklärte, dass die Lebenshilfe finanziell »eine gute, solide Basis für den laufenden Betrieb« vorzuweisen habe. Die Bilanzsumme, 2011 betrug sie 14 038 385 Euro, steige aufgrund der neuen Objekte, die jährlich dazu kommen, kontinuierlich an. Ebenso stieg die Zahl der Mitarbeiter auf 283. Zur Refinanzierung der vielfältigen Ausgaben seien neben den Leistungen vom Bezirk als Kostenträger die Zuwendungen aus Spenden und Stiftungen wichtig.
Langer Weg zur Inklusion
Bei der Hauptversammlung hielt Rechtsanwalt Dr. Thomas Fritz aus München einen Vortrag zum Thema Inklusion und erläuterte die UN-Charta, welche die Inklusion von Menschen mit Behinderung in der Gesellschaft fordert. Bisher sei von Integration der Menschen mit Behinderung in das bestehende System die Rede gewesen. Inklusion meine jedoch, dass sich das System ändern müsste, damit die Menschen mit Behinderung gleichermaßen daran teilnehmen und einen Platz darin finden können. »Es ist noch ein langer Weg bis zur Inklusion, aber der Ansatz ist auf jeden Fall schon gut«, so das Fazit von Fritz. mix