Der Tourismusverband Oberbayern hatte über Jahre hinweg EU-Förderbestimmungen verletzt. So wurden Rechnungen für Leistungen eingereicht, die gar nicht erbracht wurden. Nach Bekanntwerden der Verstöße drehte das Bayerische Wirtschaftsministerium den Geldhahn für den größten deutschen Tourismusverband zu. Letztlich waren die Mitglieder des Verbandes auch nicht mehr bereit, eine weitere Finanzierungsbrücke bereitzustellen.
»Keine getürkten Rechnungen«
Haßlberger sagte, es gehe bei der Pleite um rund 2,5 Millionen Euro, die über Projekte abgerechnet wurden. Es seien aber keine »getürkten Rechnungen« aufgetaucht und Gelder an Privatpersonen seien auch nicht geflossen. Jetzt müssten rund 4000 Belege einer »hundertprozentigen Prüfung mit Gegenprüfung« unterzogen werden. Dies sei allerdings zum Teil schwierig, da keine Tagesprotokolle über Arbeitsleistungen erstellt wurden. »200.000 Euro an Arbeitsleistungen sind nicht nachweisbar«, bestätigte Haßlberger und ergänzte: »Schweren Herzens haben wir den Verband insolvent gehen lassen«. Letztlich müsse man auch feststellen: »Der Tourismusverband München-Oberbayern hat über sein Maß hinaus gelebt« und EU-Gelder seien falsch eingesetzt worden. Zugleich ging er aber mit dem Verlauf der Sitzungen hart ins Gericht. »Ich finde es nicht gut, dass man daraus auch Parteipolitik gemacht hat. Schließlich geht es um den Tourismus«.
Zum Fragenkatalog Hohlwegers antwortete der Tourismusdirektor, dass die Insolvenz keine Auswirkungen auf die »Ruhpolding Tourismus GmbH« (RTG) habe. Zwar seien noch einmal 5000 Euro zur Abwendung der Insolvenz gezahlt worden, von denen rund 1600 Euro zurückfließen. Auf die Nachfrage, an welchen Projekten Ruhpolding beteiligt war, bestätigte Haßlberger, dass die RTG zum Beispiel in »Oberbayern-Maps« involviert gewesen sei. Das Wanderprogramm des Verbandes sei aber kein Thema, denn dieses wurde und wird von der RTG auch weiterhin über das LEADER-Programm abgewickelt. Es müsse ein neuer Verband gegründet werden, denn »erst dann fließen wieder die Geldmittel der Landesregierung für den Tourismus«. Die angefangenen Projekte des insolventen Verbandes würden aber noch durchgeführt werden.
»Verband überhaupt nötig?«
»Man muss sich von Grund auf überlegen, wie die Zukunft aussehen soll«, meinte Bürgermeister Claus Pichler. Es gelte auch zu überlegen, »welche Aufgaben ein neuer Verband für uns übernimmt und man müsse die Frage stellen dürfen, ob der neue Verband unsere Interessen auch vertreten kann«.
Hermann Hipf (VRB) fragte nach, ob auch für den Tourismusverband Chiemgau eine solche Insolvenz denkbar sei. Dies verneinte Haßlberger, denn »hier werden keine EU-Projekte durchgeführt«. Sepp Hohlweger regte an, darüber nachzudenken, ob man einen Tourismusverband Oberbayern überhaupt braucht, oder ob man die Mittel lieber zur Stärkung des Chiemgau-Tourismusverbandes verwenden solle. »Wir brauchen eine Interessenvertretung, die sich unserer Anliegen annimmt«, so der Rathauschef. hab