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Die viel befahrene Schloßstraße in Marquartstein, größtenteils ohne Gehsteig, führt Richtung Niedernfels zum Pädagogischen Zentrum, zum Märchenpark und zur Hochplattenbahn. Hier machten sich eine Abordnung des Verwaltungsgerichts München und die Anwohner ein Bild von der Verkehrssituation. (Foto: Giesen)

Kein eingeschränktes Halteverbot mehr an der Schloßstraße

Marquartstein – Nach einer Ortsbegehung und anschließenden Verhandlung im Rathaus hat das Verwaltungsgericht München unter Vorsitzendem Richter Dr. Dietmar Wolff das eingeschränkte Halteverbot an der Schloßstraße in Marquartstein aufgehoben. Grund ist, dass nach Auffassung des Gerichts das Gefährdungspotenzial an dieser Stelle nicht ausreichend dokumentiert ist.


Vor rund einem Jahr hatte der Marquartsteiner Gemeinderat ein eingeschränktes Halteverbot an der Schloßstraße zwischen Jägerweg und Aschafeldstraße beschlossen. Einen Antrag der Anwohner auf eine zeitliche Beschränkung des eingeschränkten Halteverbots (werktags von 7 bis 9 Uhr und 12 bis 14 Uhr) lehnte das Gremium in einer weiteren Sitzung mehrheitlich ab. Daraufhin reichten elf Anwohner aus sechs Wohneinheiten beim Verwaltungsgericht München Klage ein, der jetzt stattgegeben wurde.

Abordnung aus München machte sich vor Ort ein Bild

Die Abordnung des Verwaltungsgerichts mit drei Berufsrichtern, zwei Schöffen, einem Protokollanten und einem Referendar machte sich bei einer Ortsbegehung ein eingehendes Bild von der Verkehrssituation, während die Vertreter der Gemeinde und einige Anlieger ihre Sicht der Lage erklärten.

Gründe der Gemeinde für die Festsetzung des eingeschränkten Halteverbots waren vor allem die Verkehrsbehinderung durch die vor den Häusern parkenden Autos gewesen und die damit einhergehende Verkehrsgefährdung besonders für Radfahrer und Fußgänger. Außerdem behindern die parkenden Autos stark den Winterdienst der Gemeinde.

Die viel befahrene, durchschnittlich nur 5,50 Meter breite Straße führt zum Pädagogischen Zentrum Niedernfels, zu Hochplattenbahn und Märchenpark und hat größtenteils keinen Gehweg. Fußgänger und Radfahrer müssen um parkende Autos herum auf die andere Straßenseite ausweichen, sodass es zu gefährlichen Situationen kommen kann. Zeitweise kommt es auch zu Rückstaus, weil ein gegenläufiger Verkehr nicht mehr möglich ist. Auf der Schloßstraße gilt zwar durchgehend eine Beschränkung auf 30 km/h, was nach Beobachtung der Anwohner aber häufig stark überschritten wird.

Gründe der Anwohner gegen das Halteverbot zu klagen, waren, dass sie sich in ihrer Wohnqualität beeinträchtigt fühlen. Sie argumentierten, dass viele der betroffenen Anwohner älter sind, zum Teil über 80 Jahre, und angewiesen auf Versorgungsfahrzeuge, Ärzte und Therapeuten, die nicht weit weg am ohnehin schmalen Jägerweg oder 400 Meter weiter unten an der Abzweigung nach Grassau parken könnten. Auch für andere Besucher seien die schlechten Parkmöglichkeiten ein Nachteil.

In der Verhandlung sagte eine Anwohnerin, dass die parkenden Autos früher eine Art Bremsfunktion hatten. Seitdem keine Autos mehr hier parkten, werde viel schneller auf der Schloßstraße gefahren. Nach den Worten von Bürgermeister Andreas Scheck werden über das kommunale Verkehrsüberwachungssystem regelmäßige Verkehrskontrollen durchgeführt. Dadurch und die Aufstellung der Smileys gebe es jetzt nur noch etwa elf Prozent Überschreitungen.

Dagegen argumentierte Professor Helmut Milz als Sprecher für die klagenden Anwohner, dass alle Autofahrer wüssten, an welcher Stelle kontrolliert werde. Nur da würde langsamer gefahren und dann wieder Gas gegeben. Für eine Gefahr hielt er vor allem die von oben kommenden, viel zu schnellen Radfahrer. Er erinnerte, dass nach einem Gemeinderatsbeschluss von 1994 bereits ein Gehsteig geschaffen werden sollte, aber bisher nichts geschehen sei. Die Anwohner sähen nicht ein, dass ausgerechnet auf dem geraden Stück an der Schloßstraße vor ihren Häusern nun das eingeschränkte Halteverbot gelte.

Bürgermeister Scheck erinnerte, dass sich auch Bewohner der Schloßstraße über Dauerparker bei der Gemeinde beschwert hätten. Die Gemeinde bemühe sich tatsächlich seit 20 Jahren einen Gehsteig zu bauen und habe bei zähen Grundstücksverhandlungen auch schon Erfolge erzielt. Bisher konnten aber noch nicht alle Hindernisse beseitigt werden.

Beide Parteien waren gegen eine gütliche Einigung

Richter Dr. Dietmar Wolff erklärte, dass die Gefahrenlage an dieser Stelle der Schloßstraße nicht ausreichend dokumentiert sei, sodass die Aufstellung der eingeschränkten Halteverbotsschilder nach Auffassung des Gerichts nicht unbedingt notwendig erscheine. Auch die Polizeiinspektion Grassau habe in ihrer Stellungnahme das Anliegen der Gemeinde nicht unterstützt. Bevor das Gericht offiziell entschied, bot der Richter beiden Parteien nochmals eine gütliche Einigung an. Dabei hielt er eine zeitliche oder flächenmäßige (drei oder vier Parkplätze) Abmilderung des eingeschränkten Halteverbots für möglich.

Nach kurzer Beratung entschieden sich jedoch beide Parteien für eine offizielle Entscheidung des Gerichts. Eine schriftliche Begründung des Gerichtsurteils wird erst in einigen Wochen bei den Parteien eingehen. Die Gemeinde hat nach den Worten von Dr. Wolff auch die Möglichkeit, in die nächste Instanz zu gehen. gi

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