Trotz seines hohen Alters ist Karl Fischer geistig fit. Er freute sich über den vielen Besuch zu seinem Ehrentag und war auch einem Gläschen Sekt nicht abgeneigt. Sein Leben war nicht immer nur schön. Vor allem die dreijährige Gefangenschaft in Sibirien prägte ihn stark und ließ alle anderen negativen Ereignisse in den Hintergrund treten.
Im Münchner Ortsteil Schwabing erblickte Karl Fischer am 8. Juli 1914 das Licht der Welt, wuchs dort behütet auf, lernte und arbeitete bei BMW. Im Alter von 19 Jahren wurde er zum Militär eingezogen und diente dort in der Flugabwehr und bei den Fernmeldern. Militärische Einsätze führten ihn durch ganz Europa. Die schlimmste Zeit des Krieges war für ihn die Gefangenschaft in Sibirien.
Die Münchner Heimat wurde zerstört, seine Mutter zog nach Grassau zu ihrer Verwandtschaft. So kam auch Karl Fischer nach dem Krieg nach Grassau. Er fand in der Spenglerei Brunnhuber eine Anstellung und seine große Liebe. Trotz der Liebe zu seiner späteren Ehefrau Elisabeth nahm er die von seinem Cousin angebotene Festanstellung in Zürich an. Nur ein Jahr später plagte aber die Sehnsucht die jungen Leute, und seine Freundin Elisabeth fuhr mit dem Zug nach Zürich und holte ihren Karl zurück nach Grassau. 1952 wurde geheiratet. Elisabeth arbeitete bei den Körting-Werken, auch Karl Fischer wurde dort angestellt.
Der Hausbau war kompliziert: In der damals fast noch unbebauten Siedlung gab es keine befestigte Straße. Mit einem Pferdefuhrwerk mussten die Baumaterialien mühsam heran geschafft werden. Mit den eigenen Händen baute sich das Ehepaar das Eigenheim selbst auf. Geheizt wurde mit Torf, den die beiden in der Kendlmühlfilzn eigenhändig stachen.
Karl Fischer ist stolz auf seine beiden Söhne, Karl-Heinz und Walter, die sich beide liebevoll um ihren Vater sorgen. Seit drei Jahren ist Karl Fischer nun verwitwet. Liebevoll wird er von seinem Sohn Karl-Heinz zuhause umsorgt. Unterstützung erhält er vom Pflegedienst. So kann der 102-Jährige in seiner vertrauten Umgebung bleiben. Einen Oberschenkelhalsbruch, eine Lungenentzündung und eine Magen-Darm-Erkrankung musste Karl Fischer in den vergangenen Monaten überstehen. Durch die gute Betreuung des behandelnden Arztes wie auch der umsichtigen Geriatrie in Ruhpolding ist Fischer nun wieder genesen.
Karl Fischer hat immer ein bescheidenes Leben geführt und freie Zeit in Haus und Garten investiert, informierte sein Sohn Karl-Heinz. Das Schönste für ihn sei, dass er in der gewohnten Umgebung bleiben und bei schönem Wetter auf der Terrasse sitzen kann. Zur täglichen Lektüre zählt die Tageszeitung mit der aktuellen Politik.
Viele Gratulanten machten ihre Aufwartung, darunter auch zweite Bürgermeisterin Doris Noichl, die auch die Glückwünsche der Regierung von Oberbayern überbrachte. Mit seiner Familie, den beiden Söhnen, den drei Enkelkindern, und mit vielen Freunden feierte der 102-Jährige seinen Geburtstag in fröhlicher Runde. tb