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Auch wenn sich viele Hausfrauen vornehmen, heuer nicht so viele »Guatln« zu machen, beginnt der Backmarathon bei den meisten alle Jahre wieder aufs Neue.
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Jedes Jahr beginnt der Back-Marathon von vorne

Der Advent spielt sich für immer mehr Menschen zwischen Back-Marathon und Einkaufs-Wahnsinn ab. Dabei ist jetzt die »stade« Zeit, in der wir uns auf das Fest der Geburt Jesu vorbereiten sollen. Früher haben allerlei Bräuche die Menschen auf den Heiligen Abend hingeführt. Einige davon sind noch lebendig, andere fast vergessen. Brauchtumskenner Siegi Götze aus Marquartstein erinnert in der Adventsserie des Traunsteiner Tagblatts an die vielfältigen Weihnachtsbräuche und ihre Ursprünge. Heute: das »Guatlbocha«.


Einer der verbreitetsten vorweihnachtlichen Bräuche ist nicht nur in Bayern das »Guatlbocha«, das man anderswo pauschal als Weihnachtsbäckerei bezeichnet. Kinderaugen beginnen zu leuchten, wenn dieser Begriff irgendwo auftaucht in Verbindung mit Zuckerschlecken, »Platzl« mit Eigelb anstreichen und anschließend mit Streuseln bestreuen. Dass dabei so manches ganz unabsichtlich an den Fingern hängen bleibt, was dann hygienehalber herunter geschleckt werden muss, taucht in den kindlichen Gedanken ganz automatisch auf.

Das Prozedere ist alle Jahre das selbe. Es beginnt mit einem Stoßseufzer der Hausfrau und dem, aus tiefstem Herzen kommenden, Bekenntnis »heuer bestimmt nicht so viele Sorten zu backen, wie im Jahr zuvor«, nachdem sogar an Ostern noch steinharte Guatln da waren, die sie selber dann aus Gründen der Sparsamkeit hatte zusammen essen müssen. Je näher es aber auf Weihnachten zu geht, umso mehr schmelzen diese eisernen Vorsätze dahin wie Winterschnee in der Märzsonne. Schließlich will man ja allen in der Familie eine Freude machen und keinen enttäuschen.

Da sind zum Beispiel der Onkel Sepp, der die Vanillekipferl für sein Leben gern isst und sich das ganze Jahr schon drauf freut, und die Tante Resi, die auf ihre »Florentiner« nicht verzichten möchte zu einer guten Tasse Kaffee. Warum sollte man sich auch hinter der Nachbarin verstecken, die gewiss wieder über 15 Sorten im Angebot hat. Auch die drei Kinder fragen schon ganz vorsichtig an, ob sie heuer auch wieder mit dem geliebten Spritzgebäck, den Kokosmakronen und den sogenannten »Spitzbuam« rechnen dürften. Hinzu kommt, dass das im Oktober extra dafür aus der Frauenzeitschrift herausgetrennte, wunderbare »Guatlrezept« unbedingt ausprobiert werden muss, um festzustellen, was andere auf diesem Gebiet alles so drauf haben.

Der Backmarathon beginnt also von vorne. Da wirken so manche Familienmitglieder, die nicht direkt in den adventlichen Arbeitsbetrieb mit eingebunden sind, in der Küche auf einmal störend. Karl Heinrich Waggerl hat das in seinem Buch »Advent – das ist die stillste Zeit im Jahr« so treffend beschrieben, in dem er feststellte, dass »dieser Advent halt die Zeit der köstlichsten Gerüche ist, in der die Mutter aber mit hochrotem Kopf und wie mit Sprengpulver geladen herumläuft und die Küche sozusagen mit Watschen geschwängert ist«.

Etwas gehört zum traditionellen »Guatlbocha« unbedingt noch mit dazu: ein sicheres Versteck für das mit viel Liebe und Hingabe Geschaffene, damit weder die echten, noch die häuslichen Mäuse darüber herfallen und den »Guatlberg« vorab schon dezimieren können. Meist ist das aber verlorene »Liebesmüh« in dem langjährigen Wissen, dass die »Weihnachtsguatln« halt vor Weihnachten doch am allerbesten schmecken. fb

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