Dr. Birgit Seeholzer, die Geschäftsführerin der Chiemgau GmbH, referierte über regionale Energieerzeugung als wichtigen Standortfaktor. Durch den Ausbau der erneuerbaren Energien an Ort und Stelle könne man mehr Sicherheit und Stabilität auf dem Stromsektor für die heimische Wirtschaft gewährleisten. Die enorm steigenden Energiepreise ließen bei vielen Betrieben Existenznöte aufkommen. Seeholzer brachte ihre Sorge um die heimischen Firmen klar zum Ausdruck. Der Landkreis Traunstein sei bei den erneuerbaren Energien im Bereich Photovoltaik ja schon gut aufgestellt, jedoch müsse man dringend auch den Ausbau der Windkraft vorantreiben, indem schnellstmöglich in Frage kommende Standorte auf die Tauglichkeit geprüft werden. Seeholzer appellierte eindrücklich, endlich zu handeln: gemeinsam anzupacken, damit das Beste für alle dabei herauskommt.
Eine Kurzinfo über Technik und Größe moderner Windkraftanlagen gab Christoph Kellner, Bachelor of Engineering. Er beschrieb verschiedene Anlagentypen, deren Technik und wie sie jeweils funktionieren. Hierbei betonte er, dass vor allem die Höhe der Anlagen und die Fläche der Rotorblätter entscheidend für den Ertrag seien. Er verglich hierbei als Beispiel ein Windrad des »Pallinger Typs« mit einem aktuellen Bautyp und zeigte auf, dass ein modernes Windrad mehr als den vierfachen Stromertrag bringe.
Als Hauptredner berichteten Werner Stinauer und Hans Zäuner, Initiatoren und Betreiber vom Hamberger Bürgerwindrad im Landkreis Ebersberg, über die Planung, Errichtung und den Betrieb ihrer Anlage. Die beiden Geschäftsführer der Osterkling GmbH & Co KG erzählten vom langen Weg, beginnend bei der Idee bis hin zur Errichtung des Windrads in Hamberg. Am 6. Dezember 2011 hätten sie den Bauantrag für die Windkraftanlage beim Landkreis Ebersberg eingereicht – die vorläufige Genehmigung hätten sie dann aber erst im April 2015 erhalten. Enorm viele Hürden hätten sie überwinden müssen, Klagen einer Bürgerinitiative gegen Windräder, artenschutzrechtliche Prüfungen. Und eine Vielzahl an Gutachten sei zu erstellen gewesen. 2016 hätten sie dann endlich mit dem Bau des Bürgerwindrads beginnen können. Zäuner: »Bauen ist wie Legobauen, das Davor ist eine Katastrophe.«
3,3 Millionen Kilowattstunden Strom im Jahr
Die 138 Meter hohe Anlage liefert seither durchschnittlich 3,3 Millionen Kilowattstunden Strom im Jahr, was die 16 Eigentümerfamilien besonders freut. Die beiden Geschäftsführer erzählten, dass »ihr« Windrad mittlerweile zu einem Besuchermagneten geworden sei, sie hätten sicherlich schon 150 Führungen abgehalten.
In der anschließenden Diskussion lag das Hauptaugenmerk auf dem Bürgerwindrad in Hamberg. Hans Zäuner und Werner Stinauer standen Rede und Antwort. Sie informierten über die Kosten der Anlage. Laut Projektkalkulation hätten die Gesamtkosten bei 4,2 Millionen Euro gelegen. Letztendlich lagen die Kosten ihren Angaben zufolge dann 500 000 Euro niedriger, da vor allem die gesunkene Einspeisevergütung in den fünf Jahren bis zur Verwirklichung zu niedrigen Preisen führte. Die Schlusszahlung habe man dann sogar schon mit den Erträgen, die das Windrad während des ersten Jahres erwirtschaftete – 150 000 Euro –, beglichen werden können. Stinauer und Zäuner führten aus, dass in den Kosten auch eine Pflichtzahlung über 93 000 Euro an den bayerischen Umweltfonds wegen »optischem Eingriffs in das Landschaftsbild« enthalten sei, was zu einigem Unverständnis der Besucher führte.
Auf die Frage nach der Finanzierung antwortete Zäuner, dass die 16 Gesellschafter eine Million Euro Eigenkapital eingebracht hätten, der restliche Betrag sei über die örtliche Bank finanziert worden. Die Ausschüttung an die Gesellschafter belaufe sich über zehn Jahre auf vier Prozent, sie sei aber mit dem Sinken der Schulden ansteigend. Gut erreichbares Ziel sei, dass an die Gesellschafter insgesamt das Doppelte des eingesetzten Kapitals zurückgezahlt werde.
Frank Weiß vom Landesbund für Vogelschutz (LBV) meinte, dass in Gebieten mit vermehrtem Aufkommen von Rotmilan und Fledermäusen genau hingeschaut werden müsse, um eventuell vom Errichten einer Windkraftanlage abzusehen. Im Übrigen sagte er, dass der LBV generell für den Ausbau der Windkraft sei. Wo sie keine Gefahr darstelle, würde man sie auf keinen Fall verhindern.
Geschwindigkeiten von mehr als 200 km/h
Ein Besucher wollte wissen, wie schnell sich Windräder bei Volllast drehen. Nach seinen Beobachtungen ist die Geschwindigkeit eher langsam. Sie stelle also keine große Gefahr für Vögel dar. Zäuner erläuterte, dass an den Spitzen der Rotorblätter weit über 200 km/h erreicht würden. Dies könne schon eine Gefahr darstellen. Laut Ornithologen merken Vögel aber durchaus, auf was sie zufliegen. Sie seien »nicht so dumm«. Dies gelte zumindest für einzelne Windräder, aber vielleicht nicht für ganze Windparks.
Eine weitere Frage war, wie oft das Windrad vom Netzbetreiber wegen Netzüberlastung abgeschaltet wird. Zäuner antwortete, dass dies kaum der Fall sei, da »das nahe München den Strom wie ein Staubsauger aufsaugt«. Allerdings sei es oft vorgekommen, dass der dazwischengeschaltete Direktvermarkter das Windrad vom Netz genommen habe, weil die Preise am Strommarkt im negativen Bereich gewesen seien. Aktuell seien die Preise jedoch weit positiv.
LB