Bad Reichenhall/Berchtesgadener Land – Mittlerweile das ganze Jahr über gehen immer wieder Notrufe bei Polizei und Bergwacht ein, da besorgte Talbewohner vermeintliche Lichtzeichen am Berg beobachten und von Notlagen ausgehen.
Bergsteiger mit Stirnlampen, Trailrunner, die Scheinwerfer von Bergbahnen wie am Predigtstuhl, Sonnwendfeuer und Fackelwanderungen zur Thomasnacht, der längsten Nacht des Jahres – die oft milden und sternenklaren Nächte locken viele Menschen ins Gebirge und gerade wegen der aktuell kurzen Tage dehnen sich die Aktivitäten bei Helligkeit rasch und ungeplant in die Nacht aus. Diese Lichtquellen am Berg werden vor allem im Bereich des Reichenhaller Talkessels und der nahen Umgebung oft als alpines Notsignal missverstanden und deshalb bei Leitstelle und Polizei gemeldet. In Insider-Kreisen werden die dann folgenden Nachforschungen der Bergwacht scherzhaft auch als »Glühwürmchen-Einsätze« bezeichnet.
So gut wie immer sind in solchen Fällen aber nur Bergsteiger mit Stirnlampen unterwegs. Bedingt durch Richtungsänderungen, das Gelände und die Vegetation sieht es vom Tal dann oft so aus, als würde jemand bewusst blinken; tatsächlich verschwinden die Lichter aber nur zwischen Latschen und Felsen und tauchen dann wieder auf.
Erst am Sonntagabend und am vergangenen Mittwoch (11. Dezember) hatten Talbewohner einen Notruf abgesetzt, da sie den Scheinwerfer der Predigtstuhlbahn als in Not geratene Bergsteiger missverstanden hatten.
Am Predigtstuhl finden nachts oft Arbeiten und auch Fahrten statt. Dabei wird mit einem Scheinwerfer aus der Kabine in Richtung der Stürzen geleuchtet; außerdem brennt auch Licht an den Stützen selbst. Diese werden bei Bedarf an- und ausgeschaltet und sind durch die Fahrten in Bewegung, was dann aus dem Tal wie ein sehr flotter Bergsteiger aussieht, der plötzlich verschwindet, wenn das Licht ausgeht bzw. aus dem subjektiven Blickwinkel vermeintlich abgestürzt ist.
Schwer zu beurteilen: Notfall oder nicht?
»Die besorgten Melder verhalten sich aber völlig richtig. Da aufgrund der derzeit doch frostigen Temperaturen nach Sonnenuntergang auch schnell der Handy-Akku zusammenbricht, kann nicht jeder gleich einen Notruf absetzen; für uns ist es als Einsatzleiter aber sehr schwer zu beurteilen, ob ein Notfall vorliegt oder nicht«, erklärt Bergwacht-Regionalleiter Dr. Klaus Burger.
»Allgemeine Lichtquellen ohne Notlage oder besondere Lichtzeichen, die alpine Notlage signalisieren, lassen sich vom Tal aus insbesondere bei Wetterverschlechterung und einsetzendem Niederschlag oder Nebel nur schwer unterscheiden. Wir tragen die Verantwortung und müssen über längere Zeit den Abstieg beobachten und dann entscheiden, ob wir eine Fußmannschaft losschicken oder nicht«, so Burger weiter.
Bergsteiger können selbst Entwarnung geben
»Aufgrund diverser vergangener alpiner Unfallereignisse und wegen der zunehmenden nächtlichen Aktivitäten am Berg melden immer mehr sensibilisierte Bürger Lichter und andere Wahrnehmungen am Berg. Zum Glück sind diese Lichtquellen meistens aber nur die Lichter der Stirnlampen von Bergsteigern, die bewusst oder unbewusst in die Dunkelheit geraten sind. Bemerken Bergsteiger Blaulicht oder Lichtsignale aus dem Tal, wäre eine Mitteilung über die vorwahlfreie Notrufnummer 112 bei der Leitstelle für uns sehr hilfreich«, wünscht sich der Bergwacht-Regionalleiter.
Wie geht das Alpine Notsignal?
In einer echten Notlage sollte man das Alpine Notsignal verwenden: Sechs mal in der Minute, also alle zehn Sekunden ein Licht-, Laut- und Winkzeichen absetzen, danach eine einminütige Pause einhalten und wieder von vorne beginnen, bis jemand antwortet oder Hilfe eintrifft.
Das Antwortsignal der Helfer für eingeleitete Rettungsmaßnahmen setzt sich aus Licht-, Laut- oder Winkzeichen zusammen, die dreimal in der Minute, also alle 20 Sekunden auftreten. Viele Stirnlampen haben einen automatischen SOS-Modus. Es gilt zu beachten, dass die missbräuchliche Verwendung der Signale strafbar ist. ml/BRK BGL