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Das Bischofszimmer im Studienseminar St. Michael ist für Besucher nicht zugänglich. Das Traunsteiner Tagblatt durfte aber einen Blick in das Zimmer werfen. (Foto: Kollmeier)

Hier machte Papst Benedikt XVI. einst Urlaub

Traunstein. Es ist Freitagmorgen, 9 Uhr, um diese Uhrzeit ist es angenehm ruhig im Studienseminar St. Michael auf der Wartberghöhe. Die Internatsschüler sitzen im Unterricht außer Haus, lediglich die Kirchenglocken von nebenan sind zu hören – und das dezente Knarzen des Zimmerbodens. Es ist ein ganz besonderer Raum, der normalerweise für Besucher nicht zugänglich ist: das Bischofszimmer. Hier übernachten Bischöfe, wenn sie beispielsweise in der Region Firmungen abhalten.


Die von draußen einfallende Morgensonne und ein großer Kerzenleuchter erhellen einen Raum, der zugleich den Eindruck eines Wohn- als auch eines Arbeitszimmers erweckt. Ein Schreibtisch ist darin ebenso zu finden wie eine Gebetsecke. Daneben gibt es mehrere Sitzgelegenheiten, die Wände schmücken Bilder mit christlichen Motiven. Schiebt man den grünen, mit goldenen Ornamenten bestickten Vorhang zur Seite, sieht man den Garten und den gepflasterten Eingangsweg. Diesen hat vor einigen Jahren noch eine der bedeutendsten Persönlichkeiten Traunsteins beschritten. »Ich sehe ihn heute noch vor mir, immer mit einer Pelzmütze auf dem Kopf«, erzählt Friederike Ritzer, Sekretärin des Studienseminars. Während seiner Zeit als Professor und Kardinal verbrachte Joseph Ratzinger, heute Papst Benedikt XVI., gemeinsam mit seinem Bruder Georg, anfangs auch noch mit seiner Schwester Maria, jedes Jahr einige Tage im Studienseminar.

Er kannte sich hier bestens aus, denn 1939 war Joseph Ratzinger in das Studienseminar als Schüler eingetreten. Damals hatte er es aber nicht so komfortabel: Er musste die Nächte gemeinsam mit seinen Mitschülern in einem Schlafsaal verbringen. Die Räume, die er später als Gast des Hauses immer um Neujahr bewohnte, waren geräumiger. Denn neben dem Bischofszimmer hatte er auch ein eigenes Schlafzimmer.

Während ihres Aufenthaltes besuchten die Brüder Freunde und Bekannte. »Es war immer etwas Besonderes, wenn die beiden da waren«, erzählt Ritzer. Der Urlaub in Traunstein bedeutete für Benedikt XVI. auch eine kulinarische Heimkehr. »Vor allem die Dampfnudeln hat er geschätzt«, sagt Küchenchef Antonio Ardizzone.

Im Januar 2005 verbrachte Joseph Ratzinger seinen Urlaub zum letzten Mal im Studienseminar, drei Monate später wurde er zum Papst gewählt. Der Kontakt zu den Mitarbeitern des Studienseminars riss aber nicht ab. Sie schicken ihm zum Namenstag eine Grußkarte und auf die Künste der Internatsküche muss Benedikt XVI. auch nicht verzichten. Zu Weihnachten verlässt ein Päckchen mit selbst gebackenen Plätzchen Traunstein Richtung Vatikan.

Aber auch der Papst hat das Studienseminar keineswegs vergessen: Von einer Audienz aus Rom ist der Direktor des Studienseminars, Markus Moderegger, mit dem Auftrag zurückgekehrt, eine Person seines Hauses besonders zu grüßen: den Koch. Mit Sicherheit hat sich daraufhin jemand sehr gefreut, zwischen den Töpfen und Pfannen der Internatsküche – und das Paket mit Plätzchen ist ja auch schon wieder unterwegs. Korbinian Kollmeier

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