»Es kommen Menschen zu uns, keine Menschenfresser!«

Palling – »Es kommen Menschen zu uns, keine Menschenfresser!« Das betonte Pallings Bürgermeister Josef Jahner bei einer Informationsversammlung der Gemeinde im Michlwirt zum Thema Asylbewerber im ehemaligen Gasthof Kumberger in Brünning.


Jahner informierte über die Ankunft von Asylbewerbern aus Syrien, die zum Teil schon in Brünning eingetroffen sind. Sie sollen dort eine ordentliche Unterkunft finden. Die Familie Günther und Silvia Dachs mit Sohn Fabian haben das ehemalige Gasthaus gekauft und soweit hergerichtet, dass die Menschen dort leben können. Die Familie Dachs war ebenfalls zu dem Informationsabend gekommen.

Rudolf Mühlbauer vom Landratsamt Traunstein gab einen Situationsbericht. Anhand von Zahlen stellte er klar, dass man eigentlich erst am Anfang der ganzen Problematik stehe. 2012 waren 152 Asylbewerber in den Landkreis Traunstein gekommen, allein im Januar 2015 seien 730 Asylbewerber angekommen, die auf viele Gemeinden verteilt sind, wobei Grassau, Engelsberg und Inzell die meisten Asylbewerber aufgenommen haben.

Angestrebt sei eine dezentrale Unterbringung mit einer gleichmäßigen Verteilung auf alle Gemeinden. Dass es sich um 82 Prozent Männeranteil handelt, liege auch daran, dass viele Männer ihre Familien verlassen, um in Europa und vor allem in Deutschland Ausschau nach einer Bleibe halten, um ihre Familien nachzuholen. Oder Frauen und Kinder sind in anderen Ländern untergekommen. Die Flüchtlinge haben hier Anspruch auf Taschengeld, Unterkunft und medizinische Versorgung.

Jeder bringt sein eigenes Schicksal mit

Günther Dachs stellte sich als Käufer des ehemaligen Gasthauses Kumberger vor, der dieses in eine Unterkunft für Asylbewerber umfunktionierte. Er berichtete von seinen Erfahrungen mit einem Asylbewerberheim in Unken, das er schon eine Zeitlang ohne größere Probleme betreibe. Auch dort habe die Bevölkerung die Sache kritisch begleitet, die Situation habe sich jedoch beruhigt und die Asylbewerber würden von der Bevölkerung akzeptiert. »Das sind keine Leute, die uns um Hab und Gut bringen, sondern sie sind froh, ihr Leben gerettet zu haben und sind dankbar für die Aufnahme.«

Er habe nur beste Erfahrungen gemacht, sonst hätte er sich kein zweites Objekt dieser Art angetan. Man könne sich nicht vorstellen, was diese Leute durchgemacht haben, jeder bringe sein eigenes Schicksal mit. Am Beispiel eines Asylbewerbers, der seit einiger Zeit in Unken untergebracht ist, berichtete Günther Dachs von den Schwierigkeiten, sich durch die Kriegsgebiete bis nach Europa durchzuschlagen. Oft liegen monatelanges Verstecken an unwürdigen und vor allem unsicheren Orten hinter den Flüchtlingen. Frauen oder Kinder würden solche Tausende von Kilometern lange Belastungen meist gar nicht aushalten.

»Das sind disziplinierte Menschen, teils gut ausgebildet«, betonte Dachs. Man müsse auch keine Angst davor haben, dass sie unter Alkohol stehen, »denn sie sind ja Moslems«. Sie hätten auch anderes im Sinn, als sich Brünninger Mädchen zu greifen. Sobald sie als Asylbewerber anerkannt seien, würden sie in Berufen arbeiten, wo Personalmangel herrscht (Pflege) oder in großen Firmen und Industrien.

Jahner hofft auf ehrenamtliche Unterstützer

Bürgermeister Jahner hofft, dass sich viele Menschen ehrenamtlich engagieren, um diesen Menschen einen guten Anfang in ihrer neuen Heimat zu geben. Sie brauchen Hilfe, sich hier zurechtzufinden. Vielleicht sei jemand da, der ihnen kostenlos Sprachunterricht gibt oder sie zum Einkaufen nach Palling fährt oder zu behördlichen Terminen. »Wir können keine Schwarzmalerei brauchen! Es wird vieles so schlecht dargestellt. Unseren Kindern wird durch die neu zugezogenen Menschen keine Freiheit genommen!«

Zur Frage aus dem Publikum, ob die Polizei schnell genug da sei, wenn es Probleme mit den neuen Mitbürgern gibt, sagte Bürgermeister Jahner, für Palling sei die Polizei in Laufen zuständig, aber in Notfällen kämen die Kollegen aus Traunreut oder Trostberg. Ein Diskutant sah die Problematik mit Asylbewerbern nicht so gravierend und sagte, man dürfe das Ganze nicht von vornherein schlechtreden, sondern solle positiv eingestellt sein und alles erst einmal kommen lassen. »Es kommen ja keine Eseltreiber an.« Sie müssten eine Chance bekommen, sich hier einzufügen und einen neuen Start zu schaffen. Maria Mußner-Aman sagte, Pfarrei und Gemeinde wollen einen Helferkreis gründen, damit man die Neubürger nicht allein stehen lässt.

Franz Auer aus Engelsberg, der dort schon seit Jahrzehnten Asylbewerber betreut, berichtete von seinen positiven Erfahrungen. Es laufe in Engelsberg ganz gut mit den Asylbewerbern, derzeit seien dort 99 Menschen aus 20 Nationen einquartiert.

Kontakt zu Sportvereinen wäre hilfreich

Die Kinder fügten sich rasch in den Alltag in Kindergarten und Schule ein, sobald sie gewisse Sprachkenntnisse haben. Man müsse den Asylbewerbern Kontakt zu Sportvereinen und anderen soliden Kreisen geben. Unter einem Netzwerk Asyl gebe es öffentliche Hilfen. Wichtig sei, dass die Asylbewerber Fahrräder bekommen, mit denen sie mobil sind.

Marianne Penn vom Netzwerk Asyl in Trostberg bot ihre Hilfe an und wollte Mut machen, sich in die schwierige Materie einzuarbeiten. Man verstehe die Ängste der Einwohner, aber man könne die Herausforderung schaffen. Peter Meixner meinte, es sei auch Einzelunterbringung möglich. »Wer ist in Palling bereit, einen Asylbewerber für eine gewisse Zeit aufzunehmen?« cw

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