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Foto: Redaktion
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Ein Bäumchen mit Kerzen und Zuckerwerk

Der Advent spielt sich für immer mehr Menschen zwischen Back-Marathon und Einkaufs-Wahnsinn ab. Dabei ist jetzt die »stade« Zeit, in der wir uns auf das Fest der Geburt Jesu vorbereiten sollen. Früher haben allerlei Bräuche die Menschen auf den Heiligen Abend hingeführt. Einige davon sind noch lebendig, andere fast vergessen. Brauchtumskenner Siegi Götze aus Marquartstein erinnert in der Adventsserie des Traunsteiner Tagblatts an die vielfältigen Weihnachtsbräuche und ihre Ursprünge. Heute: der Christbaum.


Am Schnittpunkt zwischen Advent und Weihnachten steht der Christbaum. Bei ihm gibt es nicht viel Unterschied mehr zwischen Berchtesgaden und Flensburg, aber das war beileibe nicht immer so. Im eher katholisch geprägten Süden Deutschlands fasste der Christbaum nur schwer Fuß. In den nördlich geprägten Gefilden aber hielt er nach allem, was bekannt und überliefert ist, wesentlich früher Einzug.

Das mag hauptsächlich daran gelegen haben, dass man im Süden traditionsgemäß den heiligen Nikolaus als den großen Gabenbringer hatte, der zunächst noch hartnäckig »seinen« Termin, also entweder den Abend des 5. oder den 6. Dezember, für seine Hausbesuche verteidigte und den sich auch die Bevölkerung nicht so einfach nehmen lassen wollte. Schließlich war man das Ritual über lange Zeit gewohnt, bis ins 17. Jahrhundert ist es zurückzuverfolgen. Und da ist es kein Wunder, dass sich die Menschen ihre Art des Feierns und Beschenkens nicht einfach nehmen lassen wollten. Wie dem auch sei, nach und nach fand das weihnachtliche Beschenken dann doch am 24. Dezember statt und der Christbaum hielt überall Einzug. Das ist bis heute so geblieben, wenngleich auch der Nikolaus im Süden Deutschlands noch einen höheren Stellenwert hat als anderswo.

Erste Belege aus dem 17. Jahrhundert

Forscht man einmal genauer nach in Richtung Christbaum und seiner Verbreitung, so gehen die ersten Belege, die etwas darüber sagen, auf das 17. Jahrhundert zurück. Aus der Pfalz und aus Sachsen sind da anfangs einige sehr detaillierte Schilderungen überliefert, die das weihnachtliche Geschehen in den meist adeligen Familien dort beschreiben. Da wird von Bäumchen berichtet, an denen Kerzen befestigt sind und neben anderen Dingen auch Zuckerwerk aufgehängt war, unter denen dann für die Hausgenossen all das lag, womit sie »beschert« werden sollten.

Lange Zeit dauerte es schließlich noch, bis die vor allem in den Herrscherhäusern auf diese Art gefeierte Weihnacht auch in den übrigen, bürgerlich-bäuerlichen Wohnstuben Einzug hielt. Das ging in Bayern offenbar über den Umweg der Münchner Residenz, in der Anfang des 19. Jahrhunderts die ersten Christbäume zu sehen waren. Die Vermutungen gehen dahin, dass eine der Königinnen, evangelischen Glaubens, den Christbaum in München auf diese Weise heimisch gemacht haben könnte.

Den ersten bildlichen Nachweis gibt es dann aus dem Jahr 1816, der beweist, dass man zu dieser Zeit in München den Christbaum wirklich gekannt hat. Das führte aber noch nicht automatisch dazu, dass es allseits geübte Sitte wurde, sich für den 24. Dezember abends ein Tannen- oder Fichtenbäumerl zu holen, ihn zu schmücken und ihn als Mittelpunkt des weihnachtlichen Geschehens in der »guten Stube« eines Hauses aufzustellen. Die Dorfgemeinschaften auf dem Land brauchten noch mindestens bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts, ehe es guter Brauch wurde, für sich und die Seinen Weihnachten unterm eigenen Christbaum zu feiern.

Für uns ist das heute fast nicht mehr vorstellbar im medienwirksamen Wetteifern um den größten und mächtigsten Christbaum vor Rathäusern und anderen öffentlichen Gebäuden rund um die Renommierplätze unserer Städte und Gemeinden. fb

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