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Ein Ausdruck der Achtung vor der Schöpfung

Traunreut. Die Kräuterbuschen-Binderinnen aus den Pfarreien Traunwalchen und Traunreut waren gestern Früh fleißig beim Sammeln von Wildkräutern unterwegs. Auf dem brachliegenden Feld beim »Reimer« in Hörzing finden wir alles, was wir brauchen - der Rest kommt dann morgen« sagte Walli Gassner, eine der vielen fleißigen Hände aus den Reihen des Traunwalchner Frauenvereins.


In Traunwalchen genießt das Kräuterbuschen-Binden eine über 20-jährige Tradition. So hofft die Vorsitzende des Frauenvereins, Hermine Lex, dass sich am heutigen Dienstag zwischen 9 und 14 Uhr wieder viele Frauen diesem alten Brauch anschließen und jede Menge unterschiedliche Kräuter ins Pfarrheim mitbringen werden. Bei schönem Wetter werden die Büschel im Freien gebunden. Für die Pfarrkirche wird ein großer Kräuterbuschen gebunden, der beim Gottesdienst am morgigen Himmelfahrtstag um 10 Uhr den Altar in der Pfarrkirche Traunwalchen schmücken wird. Mit dem Brauch verbunden ist auch ein sozialer Gedanke, nämlich die Kräuterbuschen oder auch Weihbüschel, die im Gottesdienst geweiht werden, für einen kleinen Obolus für einen guten Zweck zu verkaufen. Nach Angaben der Frauenvereins-Vorsitzenden soll der Erlös der Afrika-Mission zugute kommen. Gleichzeitig bringen auch viele Kirchgänger ihre eigenen Kräuter-Büschel mit, um sie weihen zu lassen.

Gegen jedes Wehwehchen ist bekanntlich ein Kraut gewachsen. »Johanniskraut ist ganz wichtig«, betonten Lex und Gassner. Nicht fehlen dürfen Schafgarbe, Holler, Eichen- oder Brombeerlaub, Pfefferminze und Kamille, um nur einige Kräuter zu nennen, die zu kleinen Büscherln zusammengebunden werden. Die Pflanzen werden traditionell »rund herum« und in Form einer Pyramide gebunden. Aus Gründen der Standfestigkeit werden die Kräuter meist um die sogenannte Königskerze herum gebunden, die symbolisch ein langes Leben verspricht. Diese Heilpflanze, von der weltweit über 360 Arten bekannt sind, stammt aus der Familie der Braunwurzelgewächse und soll vor allem bei Reizhusten Linderung bringen.

Das Fest Mariä Himmelfahrt ist traditionell auch der Auftakt zu einer der wichtigsten Kräutersammelzeiten des Jahres. Wie aus alten Quellen hervorgeht, hießen die 30 Tage zwischen dem 15. August und dem 15. September früher »Frauendreißiger«. In dieser Zeit fanden traditionell Marienwallfahrten statt. Heilpflanzen, die im Sommer blühen und während dieser Zeitspanne gesammelt werden, gelten als besonders heilkräftig. Die Anzahl und Auswahl der Kräuter hatte in den früheren Zeiten eine besondere Bedeutung. Je nach Landschaft und Jahrhundert soll sie zwischen sieben und 99 Kräutern betragen haben. Etliche der Pflanzen, die traditionell in den Kräuterbuschen gehörten, sind bis zum August bereits verblüht. So sind heute der Kreativität keine Grenzen gesteckt: Alle bei uns wachsenden Heilkräuter können verwendet werden. Getreide, Gartenkräuter und dekorative Gartenblumen bilden einen schönen Abschluss als Blickfang.

Der Zusammenhang zwischen Maria und den Kräutern begründet auf einer Marien-Legende. In der Überlieferung heißt es, dass den Aposteln, die am dritten Tag nach dem Begräbnis Mariens ihr Gab besucht hatten, eine Woge köstlichen Wohlgeruchs entgegen geschlagen haben soll. Das Grab soll verlassen gewesen, dafür aber angefüllt mit Rosen und Lilien, und rings um die Grabstätte sollen alle Heilkräuter geblüht haben, die Maria in ihrem Leben geliebt hatte. Die katholische Kirche sieht die Kräuterweihe heute als Ausdruck der Achtung vor der Schöpfung. Die geweihten Kräuter wurden und werden im Haus und im Stall meist an der Wand, im sogenannten »Herrgottswinkel« angebracht. Man benutzte sie auch, um aus ihnen Tees zu Heilzwecken zuzubereiten. Krankem Vieh wurden geweihte Kräuter ins Futter gerührt, geweihtes Getreide dem neuen Saatgut zugemischt. In einigen Regionen, vor allem im Voralpenland, räuchert man in den sogenannten Rauhnächten, zwischen Weihnachten und Heilig Dreikönig, mit dem Kräuterbuschen Haus und Ställe aus. ga

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