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Im Ruhpoldinger Bierstüberl fand Lucy Knollhuber neben einem perfekten Drehort auch potenzielle Statisten, die in ihrem Krimi eine Rolle spielen könnten. (Foto: Wannisch)

»Die Leute haben richtig Lust darauf, einen Film zu drehen«

Ruhpolding – Wer Ruhpolding sagt, nennt oft im selben Atemzug Biathlon. Doch Ruhpolding als Drehort für einen Film – das hat noch Seltenheitscharakter. Die angehende Drehbuchautorin Lucy Knollhuber will das als gebürtige Ruhpoldingerin ändern. Daher dreht Knollhuber, die in Ludwigsburg an der Filmakademie Baden-Württemberg das Fach Drehbuch studiert, Ende Januar einen Krimi in Ruhpolding.


»Ich wollte eine Geschichte über die Menschen in einem Alpendorf erzählen, und hier in Ruhpolding funktioniert das ganz fantastisch«, begründet die 27-Jährige die Wahl des Drehorts. Ob es ein Heimatkrimi oder ein Krimi in der alten Heimat ist? Autobiografische Züge habe der Film, bei dem sie das Drehbuch schreibt und Regie führt, jedenfalls nicht.

»Ruhpolding ist als Kulisse unverbraucht«

Ausschlaggebend sei ein anderes Argument gewesen: »Ruhpolding ist als Kulisse noch völlig unverbraucht«. Dieses Argument habe auch die Filmakademie überzeugt. Für Studierende im zweiten Jahr sei es eher ungewöhnlich, fernab von Ludwigsburg zu drehen. Doch dort sei es inzwischen fast unmöglich, noch einen unbekannten Drehort zu entdecken. Und wo könnte man besser einen düsteren Krimi drehen als im magischen Märchenwald von Ruhpolding.

Im Fokus des Films steht die Freundschaft zweier junger Frauen, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Die melancholische Christiane – genannt Crystl – stammt aus einer ortsansässigen, angesehenen Hoteliersfamilie. Rosa – lebenslustig und unbefangen – ist zugezogen. Sich in der kleinen Welt dieser Dorfgemeinschaft zurecht zu finden, fällt Rosa allerdings leichter als Crystl. Als ein mysteriöser Unbekannter im »Märchenwald« auftaucht, Touristen erschreckt und so dem Tourismus schadet, wollen die beiden Freundinnen den Unbekannten stellen. Die Jagd nach dem mysteriösen Fremden kann beginnen.

Mit VHS-Kassetten begann die Liebe zum Film

In ihrer Heimatgemeinde wurde der Grundstein für ihre Liebe zum Film gelegt – dem VHS-Rekorder der Mutter sei Dank. Mindestens eine der rund 500 VHS-Kassetten schaut sich Lucy Knollhuber auch heute noch an, wenn sie ihre Eltern besucht. Besonders Krimis und Western haben es der jungen Frau angetan. Kein Wunder also, dass in Ruhpolding ein Kriminalfall gelöst wird.

Was sie an Filmen besonders fasziniert, sind die Charaktere. Darauf legt Knollhuber auch beim Schreiben der Drehbücher das Hauptaugenmerk. Zuerst entwickelt sie eine ausführliche Biografie der Figuren, dann erst stellt sie sich die Frage: »Welche Geschichte erzählen meine Figuren, wem könnten sie begegnen?« So entsteht nach und nach das Drehbuch.

Auch wenn sie zugeben muss: »Das Drehbuch ist erst fertig, wenn der Film auf der Leinwand zu sehen ist.« Und das sei nie die erste Drehbuchversion.

Mit ihrem Projekt lief sie in Ruhpolding offene Türen ein. »Die Ruhpoldinger haben richtig Lust darauf, einen Film zu drehen«, freut sich die Drehbuchautorin. Kirche, Kneipe, Märchenwald – an geeigneten Drehorten mangelt es jedenfalls nicht. Die Komparsen stellt die Grassauer Theaterstrickerei, Statisten sind die zahlreichen filmbegeisterten Ruhpoldinger – nur die beiden Hauptrollen hat Knollhuber mit erfahrenen Schauspielerinnen besetzt. Sogar die eigene Familie ist eingespannt. Ihr Großonkel ist Pfarrer in Ruhestand und wird im Film in die Rolle des Pfarrers schlüpfen – natürlich nach Absprache mit dem »echten« Ruhpoldinger Pfarrer Otto Stangl.

Drehbuch für den Münchner Tatort schreiben

Ob sie dem »Heimatkrimi« künftig aber wirklich treu bleiben wird, lässt die Ruhpoldingerin offen. Nach dem Studium zieht es sie in die Filmmetropole Berlin, nicht nach Ruhpolding zurück – »auch wenn mein Freund als Auswärtiger vom Dorf und der Umgebung ganz begeistert ist«, sagt sie und grinst. Aber ein Drehbuch für den Münchner Tatort zu schreiben, das plant sie auf jeden Fall. vew

Gedreht wird zwischen 27. Januar und 1. Februar in Ruhpolding und Traunstein. Zu sehen ist der Film dann bei den Chiemgauer Kulturtagen.

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