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Diese überschwemmten Wiesen im Achental fallen für mindestens ein Jahr als Futterquellen für die Tiere aus. Bis zu einem halben Meter Sand und Kies liegen darauf. Nur mit schwerem Gerät kann diese Schicht abgetragen werden, die jeglichen Gedanken an eine Bewirtschaftung zunichte macht. (Foto: T. Eder)

Den Landwirten im Achental geht heuer das Viehfutter aus

»Das stellt alles in den Schatten, was ich bisher gesehen habe. Hier geht es nicht nur um die Einbuße von einem landwirtschaftlichen Ernteertrag, hier geht es um Schäden, die in die Hunderttausende gehen«, so Anton Kreitmair, Präsident des oberbayerischen Bauernverbands. Kreitmair machte sich gemeinsam mit den Bauernobmännern des Achentals ein Bild vom Ausmaß der Zerstörung.


»Wir können das nicht alleine stemmen«

Von dem Wanderweg entlang der Tiroler Achen ist nach der Hochwasserkatastrophe nur mehr eine Kraterlandschaft mit angeschwemmten Bäumen, einer Unmenge von Kies und viel Wasser übrig. Der Damm in Staudach-Egerndach wurde auf einer Länge von mehr als hundert Metern völlig weggespült. »Wir können das nicht alleine stemmen«, sagte bei dem Ortstermin Martin Schweiger aus Staudach-Egerndach.

Die braune Brühe überflutete die Wiesen. Die Gräben und Bäche sind überfüllt, vermurt und ausgespült. An eine Bewirtschaftung der Fläche ist vermutlich länger nicht zu denken. Die Bäche und Gräben müssten ausgebaggert werden, damit das Wasser, das ständig vom Berg nachdrückt, wieder abfließen kann. Vorher könne auch die Überschwemmung nicht abklingen.

Aushub darf nicht auf die FFH-Flächen

Doch wohin mit dem Aushub? Auf die geschützten Flächen in den FFH-Gebieten darf er nicht gebracht werden. »Und auf den Berg können wir es nicht fahren«, so Schweiger. Den Landwirten sind die Hände gebunden. »Ich bin mehr als schockiert. Hier geht es um schnelle, unbürokratische Hilfe«, sagte Kreitmair dazu. Naturschutz sei in Ordnung, dürfe aber nicht zu Lasten der Privateigentümer gehen.

In diesem Zusammenhang bedauerte Schweiger, dass das Wasserwirtschaftsamt dem Umweltministerium unterstellt worden sei. Damit habe der Umweltschutz einen höheren Stellenwert. Die Wasser- und Bodenverbände, die für Unterhalt und Pflege der Bäche zuständig seien, würden mehr »schikaniert als unterstützt«, kritisierte er.

Erst einmal müsse nun der Damm wieder hergestellt werden, dann könne mit dem Aufräumen auf dem Weideland begonnen werden. Bis dahin hofft Schweiger auf eine Lösung zur Lagerung des Ausräummaterials.

Vor allem der Bereich »Unterland« in Übersee-Feldwies kämpft immer wieder mit Überschwemmungen. Diesmal hat es den Ortsteil besonders schlimm erwischt. Der Überseer Landwirt Sepp Kreuz erklärte, dass den »Unterlandlern« geholfen wäre, wenn zum Achendelta ein neuer Achenarm geleitet würde. Damit würde sich die Situation entschärfen. Zudem müssten aus dem Achenbett Kiesbänke entfernt werden. Dies wolle aber die Fischerei nicht, da die Bänke den Fischen zum Laichen dienten. Gegen das Entfernen der Bäume und Büsche an den Böschungen sei der Vogelschutz.

In Marquartstein, Raiten und Unterwössen wurden die 150 Hektar großen Retentionsräume – also Flächen, die bei Hochwasser Wasser aufnehmen und so den Abfluss des Hochwassers verlangsamen und den Wasserstand reduzieren helfen – begutachtet. Wie Bauernobmann Josef Schubeck aus Unterwössen erklärte, würden Teile dieser Flächen alle zwei bis drei Jahre überschwemmt. Jedes Mal würden sie von den Bauern wieder kultiviert. Einen Anspruch auf Entschädigung gebe es nicht, obwohl die Flächen zur Sicherheit der Allgemeinheit bereitgestellt würden. Bei jeder Überschwemmung sei mit einem Schaden von rund 40 000 Euro zu rechnen.

So schlimm wie diesmal war es noch nie

Doch so schlimm wie diesmal sei es noch nie gewesen. Schuhbeck rechnet mit einem Schaden, der weit über 100 000 Euro gehen wird. Die gesamten landwirtschaftlich genutzten Flächen sind verschlammt, einige Bereiche mit einer bis zu einem halben Meter hohen Kies- und Sandschicht überdeckt. Diese Schicht müsse mit schwerem Gerät abgetragen und entsorgt werden. Er habe schon vor Jahren einen Solidaritätsfonds angeregt. Die Idee sei zuerst auch begrüßt, letztlich aber nicht umgesetzt worden, da sich nur eine Gemeinde beteiligen wollte.

»Wir Landwirte stehen hilflos da«, so Schuhbeck. »Wir müssen nun Futter zukaufen, bis sich der Boden erholt hat«, erklärte Heidi Parzinger, betroffene Bäuerin. Aber selbst das dürfte sich angesichts der vielen betroffenen Ortschaften als äußerst schwierig erweisen. Angesprochen wurde auch ein weiteres Problem, nämlich die geplanten Fließwasserkraftwerke in der Tiroler Achen. Zusätzliche Staustufen würden das Problem noch verstärken, befürchtete Willi Siglreithmeier aus Übersee.

Wie nun den Landwirten geholfen werden kann, steht noch nicht fest. Lösungsvorschläge hätten die Bauern. In erster Linie wünschen sie sich aber mehr Miteinander mit dem Naturschutz, damit die Belange beider Parteien berücksichtigt werden. »Ohne Bauern gibt es keine Kulturlandschaft und auch keine Almen«, mahnte Schweiger. tb

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