Die Besucherzahlen im Treff steigen nach intensiven Werbemaßnahmen laut Rathaus wieder. Bei der Besichtigung am 23. Juni hatte die SPD-Fraktion festgestellt, dass die Frontfassade dringend einen neuen Anstrich braucht und die Fenstergitter entfernt werden sollten. Nach Aussage der Jugendlichen schaue es aus wie ein Gefängnis. Zudem sei der Gartenzaun auf der Betonwand sehr wackelig und damit keine Absicherung gegenüber dem etwa einen Meter tiefer liegenden Gehsteig.
Windläden sind morsch und Klingel funktioniert nicht
Die SPD listete in ihrem Antrag weiter auf, dass der Balkon wegen Einsturzgefahr nicht betreten werden dürfe, die Windläden ziemlich morsch aussähen und die Klingel an der Haustür nicht funktioniere. Die Bauverwaltung solle das Objekt unverzüglich besichtigen und auch prüfen, ob der Eigentümer für die Mängel verantwortlich ist und ob ein Hausanstrich von den Jugendlichen selbst durchgeführt werden kann. Zudem warf die Fraktion die Frage nach dem Brandschutz auf. Um die Attraktivität des Jugendtreffs zu steigern, solle man auch überlegen, einen »Hotspot« einzurichten.
Die Rathaus-Verwaltung ließ laut Hauptamtsleiter Johann Thanbichler den Balkon im Oktober vom Statikbüro Wierer aus Übersee begutachten. Die Träger seien tragfähig. Nur die Bodenbretter müssten erneuert und das Geländer auf einen Meter erhöht werden. Eine weitere Besichtigung Ende November habe ergeben, dass teilweise der Putz erneuert werden muss und auch alle Holzteile an der Gebäudefront zu streichen seien; dazu müsse ein Gerüst aufgestellt werden. Der Hauseigentümer werde sich aufgrund der geringen Grundmiete – sie liegt laut Auskunft der Verwaltung bei 150 Euro im Monat – nicht an den Sanierungskosten beteiligen. Die Bauverwaltung habe Gesamtkosten in Höhe von rund 9500 Euro veranschlagt, die in den Haushalt 2017 aufzunehmen seien. Nicht enthalten seien die Malerarbeiten, die die Jugendlichen selbst ausführen könnten; der Versicherungsschutz sei gegeben. Der Brandschutz im Gebäude sei gewährleistet, weil vor einigen Jahren im Obergeschoß eine Fluchttüre zum Brauereigelände eingebaut worden sei.
»Die sollen reden miteinander die paar Stunden«
Statt einen »Hotspot« mit größerer Strahlweite und Kosten von rund 1500 Euro pro Jahr einzurichten, empfahl das Rathaus die kostengünstigere Variante, für jährlich rund 300 Euro den Telefonanschluss wieder zu aktivieren und über einen Router einen Internetzugang zu errichten.
Drei Gemeinderäte sprachen sich gegen einen Internetzugang aus: Alois Stadler (CSU) gab zu bedenken, dass der Treff nur sechs Stunden pro Woche offen und der Internetzugang dazwischen ungenutzt sei. Die meisten Jugendlichen haben zudem seiner Meinung nach ein Handy mit Internet-Flatrate. Ziel des »New Era« sei doch, dass sich die Leute treffen und wieder etwas miteinander machen. »Die sollen reden miteinander die paar Stunden«, pflichtete Hans Niederstraßer (FWG) bei. Der Aussage von Georg Quentin (SPD), in anderen Ländern und Kontinenten wie Asien gebe es in jedem kleinen Lokal WiFi, wo man sich mit seinem Laptop einloggen kann, hielt Bernhard Reitschuh (FWG) entgegen: Wenn jeder mit seinem Laptop ins »New Era« komme und sich einlogge, könnten die Jugendlichen auch gleich von daheim aus eine Konferenzschaltung machen.
Jugendreferentin Anita Niederstraßer (FWG) warf ein, die Jugendlichen seien eine andere Generation; für sie sei es wichtig, immer und überall Internet zu haben. Sie regte außerdem an, den Balkon mit von den Jugendlichen bemalten Tafeln zu verkleiden.
Stadler begründete seine strikte Haltung mit der Suchtgefahr des Internets. Sozialarbeiter Tobias Werner, der für die Jonathan Jugendhilfe die Einrichtung betreut, erklärte, die Jugend kommuniziere heute größtenteils über das Internet, die meisten hätten seiner Erfahrung nach jedoch keine Flatrate. Er erläuterte, er arbeite medienpädagogisch mit den Jugendlichen, damit sie den richtigen Umgang finden. Beim Haus der Jugend in Bad Reichenhall habe sich nach Einrichtung eines Internetzugangs der Zulauf deutlich erhöht.
Bei Verbot wird Internet noch interessanter
Elisabeth Aschauer (Grüne) zeigte sich hin- und hergerissen, fand Werners medienpädagogische Arbeit jedoch sinnvoll. Wenn man etwas verbiete, mache man es noch interessanter, merkte Thomas Egger (CSU) an. Er schloss sich Werners Ansatz an. Das Personal habe die Fähigkeit, die Nutzung des Internets zu steuern, pflichtete zweiter Bürgermeister Norbert Schader (FWG) bei. Auf seine Anfrage hin erklärte Bürgermeister Thomas Gasser, dass neben den zwei Öffnungstagen am Montag und Donnerstag, jeweils von 16 bis 19 Uhr eine weitere Nutzung durch den Asylhelferkreis angedacht sei. Edwin Hertlein (Grüne) betonte, ohne Internetzugang kämen die internetsuchtgefährdeten Jugendlichen gar nicht, »und wir überlassen sie ihrer Sucht«. Im Jugendhaus könnten sie unter Obhut einen neuen Umgang lernen.
Über die Sanierung an sich gab es weniger Redebedarf. Bernhard Reitschuh bezweifelte, dass die 9500 Euro für ein »vernünftiges Richten der Fassade« ausreichten. Man beschränke sich auf eine maßvolle Sanierung, konkretisierte Gasser. Thomas Egger ist es wichtig, die Jugend handwerklich einzubeziehen. vm