Wegen steigender Bierpreise wurden in Bayern Kriege geführt – zumindest waren es Scharmützel; zuletzt 1910 in Dorfen, wo aufgebrachte Bürger angesichts der angedrohten Preiserhöhung um zwei Pfennig pro Liter ein Wirtshaus in Brand steckten. Steigende Bierpreise sorgen auch heute noch für Schlagzeilen. Aber einmal ehrlich: Wer regt sich darüber noch wirklich auf? Ähnlich verhält es sich, wenn die Bäcker wieder einmal an der Preisschraube drehen. Krieg wegen steigender Brotpreise gibt es heute bestenfalls noch in Afrika.
So ist es nicht viel mehr als eine Randnotiz, wenn man von der Ankündigung des Bäckerhandwerks hört, die Preise für Brot, Semmeln und anderes Gebäck erhöhen zu wollen. Als Argument müssen diesmal die deutlich gestiegenen Getreidepreise herhalten, die natürlich auch das Mehl verteuern. Mit dieser Argumentation sind freilich die Bauern nicht einverstanden.
Die bei steigenden Getreidepreisen immer wieder aufkeimende Diskussion um die Preise für Brot und Semmeln findet der Stellvertretende Generalsekretär des Bayerischen Bauernverbandes, Georg Wimmer, geradezu lächerlich. Es sei allen Bäckern bekannt, dass Lohnkosten, Mieten und Energiekosten eine größere Rolle spielen als der Mehlpreis. »Selbst wenn sich der Preis für Brotgetreide verdoppeln würde, würde eine Semmel nur einen Cent mehr kosten«, sagt Wimmer. »Qualitativ hochwertige Nahrungsmittel wie Backwaren, Milch und Fleisch seien keine Selbstverständlichkeit und müssen es uns wert sein, mehr dafür zu bezahlen, wie es die Verbraucher ja auch in vielen Umfragen immer wieder bekräftigen«, so Wimmer.
In Zeiten, in denen jeder Bundesbürger pro Jahr 81,6 Kilo Lebensmittel wegwerfe und nicht einmal elf Prozent seines Einkommens für Nahrungsmittel aufbringe, hätten nach Wimmers Auffassung diese Wertschätzung und das Verständnis noch nicht eingesetzt.
Der Obermeister der Bäckerinnung Traunstein, Klaus Schneider, sieht es ähnlich. Die Verbraucher würden handwerklich hergestellte Backwaren nicht genügend schätzen und immer öfter zu Brot und Semmeln vom Fließband der Brotfabriken greifen.
Wenn die Preise für Backwaren steigen, dann liege das natürlich nicht nur am höheren Mehlpreis, den die Mühlen wegen des teureren Getreides verlangen. Gestiegen seien in den letzten Jahren unter anderem auch die Energie- und Personalkosten. Die Materialkosten in einer Bäckerei lägen im Schnitt bei nur 20 bis 25 Prozent, die Personalkosten dagegen bei über 50 Prozent. Je größer der Betrieb, desto geringer sei in der Regel der Anteil an den Personalkosten, sagt Schneider.
Immer mehr Verbraucher kaufen ihr Brot in Supermärkten, die von Brotfabriken beliefert werden. Das ist mit ein Grund dafür, dass die Zahl der Bäckereibetriebe auch im Landkreis Traunstein stetig zurückgeht. Seit Schneider im Jahr 1990 das Amt des Obermeisters der Bäckerinnung Traunstein übernommen hat, sank die Zahl der Betriebe von 70 auf nur noch 38.
Gründe dafür gibt es vielerlei: die Nachfolgefrage, sinkender Umsatz wegen der Konkurrenz der Supermärkte, technisch veraltete Ausstattung, unattraktive Arbeitszeiten. Letzteres ist auch ein Grund dafür, dass der Bäckerberuf für Schulabgänger nicht besonders attraktiv ist und man nur schwer Nachwuchs findet.
Schneiders Mitarbeiter in der Backstube beginnen um halb drei in der Früh mit der Arbeit. Er selbst ist schon kurz vor zwei in der Backstube; am Samstag bereits um Mitternacht: »Denn in der Früh um sieben stehen die Leute schon vor der Tür und erwarten, dass das gesamte Sortiment frisch verfügbar ist«, erzählt Schneider in einem Gespräch mit dem Traunsteiner Tagblatt.
Der Hygieneskandal um Müllerbrot habe keine besonderen Auswirkungen auf die Bäckereibetriebe in der Region gehabt. Lediglich die Lebensmittelüberwachung habe in der Folge die Bäckereien im Landkreis besonders genau unter die Lupe genommen und konsequent kontrolliert. »Regeln müssen eingehalten werden und Kontrollen sind gerechtfertigt«, betont Schneider.
Deutschland ist weltweit bekannt für die Vielfalt seiner Brote und Backwaren. Nur wenn die handwerklichen Backbetriebe angemessene Preise für ihre Produkte erzielen, werden sie Bestand haben und die Vielfalt wird erhalten bleiben. -K.O.-