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Gerade in Bierzelten und auf Hallenpartys werde hemmungslos geraucht, beobachtet Anton Sturm.

Bröckelt der Nichtraucherschutz?

»Ich sehe den Nichtraucherschutz bröckeln«, sagt Anton Sturm. Der 57-jährige Altenmarkter geht darum inzwischen gezielt auf Jagd nach Rauchsündern. Auf Bierzeltfesten und Hallenpartys hält er nach Rauchern Ausschau, um Verstöße aufzudecken. Freunde macht er sich dabei freilich selten.


Vor allem in den Sommermonaten, wenn viele größere Feste im Partykalender stehen, ist Anton Sturm aktiv. Und inzwischen weiß er auch, wo und wann es sich lohnt aufzutauchen: im Bierzelt und auf Hallenfesten ab etwa 23 Uhr. »Wenn der Promillepegel steigt, dann wird hemmungslos geraucht«, so der Beamte.

Anfangs versuchte es Anton Sturm noch mit Worten auf die Raucher einzuwirken, inzwischen lässt er Taten sprechen. Mit Fotokamera ausgerüstet und meist in Begleitung eines Freundes, hält er Verstöße in ganz Südostbayern fest. »Aufklärung war gestern, Sanktion ist heute«, lautet inzwischen seine Devise. Freilich bewegt er sich damit auf einem schmalen, rechtlichen Grat, aber der 57-Jährige hat sich informiert. »Es dürfen nur keine Porträtaufnahmen sein, aber in die Menge zu fotografieren, ist bei solchen Veranstaltungen erlaubt.« Die Fotos liefert er dann an die zuständigen Landratsämter und erstattet Anzeige – gegen den Veranstalter beziehungsweise den beauftragten Sicherheitsdienst.

Freilich ist der Altenmarkter nicht schon immer so konsequent vorgegangen, obwohl er nach eigener Aussage die schädigende Wirkung des Rauchens bereits früh durch andere zu spüren bekommen habe. »Schon als Jugendlicher war ich genervt davon, im Rauch stehen zu müssen. Das war schlimm für mich.« Schwach und kraftlos habe er sich danach gefühlt. Da verwundert es nicht, dass er selber nie zum Glimmstängel griff. »Aber damals kam ich noch nicht auf die Idee, mich aktiv zu wehren.«

Von einem Nichtraucherschutzgesetz wagte er damals nicht einmal zu träumen. Als aber dann die ÖDP 2009 einen ersten Vorstoß wagte und ein Volksbegehren initiierte, sah auch Anton Sturm die Chance, sich zu engagieren. Tausende Handzettel verteilte er in der Region, später auch unzählige Wahlkarten. »Das war ein Marathon«, erinnert sich der Altenmarkter.

Als schließlich das Gesetz zum Schutz der Gesundheit am 1. August 2010 in Kraft trat, stellte sich bei dem Beamten das Gefühl ein, viel erreicht zu haben – aber doch noch nicht alles. Und er sah sich mit seiner Meinung spätestens bestätigt, als er Anfang 2013 auf einer Ü-30-Party in Rosenheim beobachtete, dass dort nicht nur wenigstens zwei Dutzend Partygäste rauchten, sondern auch die Angestellten. »Als ich den Geschäftsführer darauf ansprach, gab er mir Hausverbot – und dann landeten wir vor Gericht«, erzählt der Beamte. Der Prozessgegner bekam wegen des Gesetzverstoßes schließlich eine Geldbuße.

Seit damals hat Anton Sturm immer ein Auge auf den Nichtraucherschutz. »In der Gastronomie und in der Hotellerie gibt es insgesamt nur wenige Verstöße«, weiß er. Das Problem seien die Großveranstaltungen. Zum Teil seien die Verstöße »eklatant«, erklärt der 57-Jährige. Wenn er Veranstalter oder Partygäste auffordere, das Rauchen zu unterlassen, dann werde er meist »ignoriert«, manchmal aber auch »bedrängt«.

Regelmäßig hat Anton Sturm Kontakt mit den zuständigen Behörden – den Polizeidienststellen und den Landratsämtern. Seiner Aufforderung, vor Ort einzuschreiten, seien die Vertreter bislang selten nachgekommen – immer mit Hinweis auf die Personalnot. Eine Aussage, die Roman Schneider, Pressesprecher des Landratsamts Traunstein, bestätigt. »Es gibt von unserer Seite keine Kontrollen. Dafür haben wir kein Personal«, sagt er.

Schneider erklärt aber, dass die Lage seit Einführung des Gesetzes ruhig sei. »Wir erhalten nur wenige Mitteilungen über Verstöße, so zwischen fünf und zehn im Jahr.« Raucher, die erstmals gegen das Gesetz verstoßen, erhalten eine Verwarnung. Ein Betreiber muss beim ersten Verstoß etwa 150 Euro zahlen. »Beim zweiten Mal wird es dann schon deutlich teurer«, so Schneider.

Für den Hinweis auf die Personalnot hat Anton Sturm wenig Verständnis. Er ist überzeugt davon, dass es Wege geben muss, den Nichtraucherschutz konsequenter durchzusetzen. »An einer Kreuzung werden ja auch Ampeln aufgestellt«, so seine Argumentation.

Ihm sei es wichtig, soziale Sensibilität in der Bevölkerung zu erreichen, erklärt Anton Sturm. »Ich mach´das ja auch für die Menschen unserer Gesellschaft, die sich nicht zu wehren wissen oder können«, sagt er. Sandra Schwaiger

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