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Franz Wolf mit seinem selbst zusammengebauten Gespann zur Streuwiesenmahd. (Foto: Mergenthal)

Auf Gummiketten Moorwiesen gemäht

Teisendorf. Die Neugier von Passanten und benachbarten Bauern weckte dieser Tage ein außergewöhnliches Gefährt, das sich im Schritttempo durch die Moorwiese bei Thalhausen westlich von Oberteisendorf arbeitete: Zur bodenschonenden Streuwiesenmahd wurde im Berchtesgadener Land erstmals ein Schlepper mit Raupenlaufwerken eingesetzt.


Die Idee, sich so ein Gespann zu bauen, hatte der Riederinger Landwirt Franz Wolf im Frühjahr 2011. »I bin a Strahwiesenfan«, gesteht er. Selber hat er zwei solche Wiesen. Nirgends würden so viele seltene Blumen wachsen wie in diesen Feuchtbiotopen. Bei der Besichtigung von Streuwiesen, die er für Vertragspartner mähen sollte, taten ihm diese leid: Oft waren sie kaum gepflegt oder durch das Befahren mit Schleppern mit Zwillingsbereifung in schlechtem Zustand.

Die Alternative, das Handmähen, ist auch beim Einsatz von Motormäher oder Motorsense mühsam und dauert bei einer drei Hektar großen Wiese wie in Thalhausen sehr lange. »Wir haben da noch mit der Hand gemäht«, erinnert sich eine Altbäuerin aus Thalhausen, die mit ihrem Mann interessiert zuschaute. Doch den jungen Bauern fehle die Zeit dafür.

Geringer Bodendruck

Wolf kaufte von einer kanadischen Spezialfirma kurzerhand ein Raupenfahrwerk. Als ehemaliger Inhaber einer kleinen Maschinenbaufirma fiel es ihm nicht schwer, dieses an seinen 100-PS-Schlepper statt der herkömmlichen Reifen anzubauen. Ergänzt wurde das Gefährt durch einen Frontkreiselmäher und eine leichte Ballenpresse, die durch breite Bereifung und eine hydraulisch auf den Untergrund gedrückte Bodenplatte den Bodendruck minimiert. Das Gespann hat einen geringeren Bodendruck als ein Mensch, versichert der Landwirt: Pro Quadratzentimeter beträgt dieser 172 Gramm beim Raupenschlepper und nur 110 Gramm bei der Ballenpresse.

Die Mahd und das Pressen des Mähgutes zu je 165 Kilo schweren Nassballen erfolgen in einem Arbeitsgang. Einige Ballen nehmen Landwirte als winterliche Erosionsschutz-Auflage für ihre Maisfelder ab und arbeiten sie im Frühjahr zur Bodenverbesserung ein. Die übrigen Ballen werden schonend getrocknet. Die entstehende Streu ist bei manchen Biobauern wieder gefragt. Pferde, wie Turnierfahrer Wolf aus Erfahrung weiß, fressen sie besonders gern. Vor einem Jahr mähte der Riederinger mit seinem Spezialgefährt die ersten Streuwiesen für den Maschinenring Rosenheim und den Landschaftspflegeverband Traunstein. »Ich muss diese Wiese erst kennenlernen, mit ihren Gräben und Wurzelstöcken«, erklärt er sein extrem langsames, vorsichtiges Fahren im Moor bei Thalhausen.

Es ist ein sehr hochwertiges Biotop, wie der Biologe Markus Höper aus Prien am Chiemsee berichtet. Es beherbergt Orchideen wie Sommerdrehwurz und Torfglanzkraut. Höper ist als Betreuer des Projektes »Hangquellmoore zwischen Siegsdorf und Teisendorf« der Regierung von Oberbayern, die Streuwiesenmahd zu 90 Prozent fördert, auch für dieses Moor zuständig. Die jährliche Mahd trage zur Erhaltung der artenreichen Pflanzen- und Tierwelt bei und dämme unerwünschte Gehölze und übermäßiges Schilfwachstum ein. »Andererseits können die Samen der zum Teil spät im Jahr fruchtenden Moorpflanzen bis zum Herbst ausreifen und die Insekten, wie Libellen und Schmetterlinge, ihren sommerlichen Entwicklungszyklus abschließen.« Neben Wolf wurde ein erfahrenes Team für die Handmahd der besonders empfindlichen Schwingrasen auf einer etwa 2500 Quadratmeter großen Teilfläche beauftragt.

Nachmachen erlaubt

Da er neben dem Feuchtwiesenmähen auch mehr über Flora und Fauna lernen will, begleitet Wolf den Biologen gern zu anderen Streuwiesen. Ein Patent auf seine Fahrzeugkreation oder damit reich werden will er nicht – im Gegenteil, andere könnten gern sein Gespann nachbauen. Franz Wolf: »Mit 20 Raupenschleppern könnten wir alle Streuwiesen in Deutschland mähen.« vm

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