Dabei sind Andreas Brüchert und Helmut Frank junge Familienväter. »Meine Frau hat schon ein bisschen mit den Zähnen geknirscht«, verrät der 34-jährige Andreas Brüchert, der sich zum Nachtdienst am Heiligen Abend freiwillig gemeldet hat. Bevor der blonde Rettungsassistent heute zur Rotkreuz-Rettungswache auf das Traunsteiner Kasernengelände fährt, will er am frühen Nachmittag mit seiner kleinen Familie – die Tochter ist acht Monate alt – ein »bisschen Weihnachten feiern«.
Wie der Dienst heute Nacht ablaufen wird, kann er aber trotz seiner Routine an diesem Datum nicht einschätzen. »Das ist sehr verschieden«, meint er, »es kann ganz ruhig sein und wir können ausgiebig essen oder die ganze Nacht besteht aus Einsätzen, sodass an Essen und Schlaf nicht zu denken ist.« Am Heiligen Abend ist Fingerspitzengefühl gefragt. »Für viele ist dieses Datum ja ein hoher Feiertag, und wenn wir im Notfall dann jemanden aus einer Familienfeier rausholen müssen, um ihn ins Krankenhaus zu bringen, versuchen wir, möglichst behutsam vorzugehen.«
Die Kollegen mit älteren Kindern entlasten
Mit seinen beiden Kollegen und dem Notarzt, der mit den Rotkreuzlern den Abend in der Rettungswache verbringt, hat er sich für ein Raclette-Essen entschieden. »Da können wir bei einem Einsatz schnell alles ausschalten und später wieder weitermachen.«
Auch Helmut Frank aus Kirchweihdach, seit sechs Jahren hauptamtlicher Rettungssanitäter beim Roten Kreuz in Traunstein, hat sich zuerst mit seiner Frau beraten, bevor er seinen Namen im Dienstplan eingetragen hat. Seine Tochter ist knapp eineinhalb Jahre alt und geht kurz darauf ins Bett, wenn Papa die Wohnung verlässt. »Noch versteht die Kleine nicht soviel von Weihnachten und ich kann meine Kollegen, die ältere Kinder haben, entlasten.« Er erinnert sich an verschiedene Notfälle am Weihnachtsabend, wie etwa Christbaumbrände. »Das bedeutet für uns meist Patienten mit Brandverletzungen. Deshalb gibt es bei mir privat nur elektrische Kerzen.« Vor wenigen Jahren war es Fonduefett, mit dem sich ein Mann die Hände schwer verbrannt hatte. »Häufig haben wir auch Fälle mit Herzproblemen oder Atemnot, die oft psychisch bedingt sind, weil gerade alleinstehende Menschen große Probleme am Heiligen Abend haben.« Manchmal, so berichten die drei Männer, werden sie in dieser Nacht auch zu gewalttätigen Familienstreits gerufen. »Dann müssen auch wir mit einer höheren Gewaltbereitschaft gegenüber uns Sanitätern rechnen. Das haben wir gerade an diesem Abend immer im Kopf.«
»Die Familien waren sehr erleichtert«
Mit Rettungssanitäter Florian Zeltsperger aus Traunstein ist das Team in der Traunsteiner Rotkreuz-Rettungswache heute Abend komplett. Er fährt in dieser Nacht den Notarzt mit einem eigenen Fahrzeug zum Einsatzort. Die private Weihnachtsfeier des jungen Traunsteiners findet einen Tag später mit der ganzen Familie bei der Oma in Siegsdorf statt. Seine ersten Einsätze am Heiligen Abend erlebte Florian im vergangenen Jahr.
»Die Familien waren sehr erleichtert, als wir gekommen sind«, erinnert er sich. »Besonders aufpassen müssen wir in dieser Nacht mit unserem großen Notfallrucksack, damit wir mit ihm dem Christbaum nicht zu nahe kommen.«