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Johanna Götze, die Ehefrau von Siegi Götze, hat dieses Paradeisl gefertigt. Jedes Jahr steht es bei den beiden zu Hause auf dem Stubentisch.
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Äpfel als Hinweis auf den Sündenfall

Der Advent spielt sich für immer mehr Menschen zwischen Back-Marathon und Einkaufs-Wahnsinn ab. Dabei ist jetzt die »stade« Zeit, in der wir uns auf das Fest der Geburt Jesu vorbereiten sollen. Früher haben allerlei Bräuche die Menschen auf den Heiligen Abend hingeführt. Einige davon sind noch lebendig, andere fast vergessen. Brauchtumskenner Siegi Götze aus Marquartstein erinnert in der Adventsserie des Traunsteiner Tagblatts an die vielfältigen Weihnachtsbräuche und ihre Ursprünge. Heute: das Paradeisl.


Wir können uns heute die vier Wochen vor Weihnachten eigentlich gar nicht mehr ohne Adventskranz vorstellen. Der grüne Kranz mit den vier Kerzen in seinem Zweiggeflecht gehört einfach dazu. Ob in privaten oder öffentlichen Räumen, in Kirchen und Kapellen oder in Schulaulen, Amtsstuben und dergleichen mehr erinnert er uns daran, dass die Zeit auf Weihnachten zugeht.

Im Volkslied heißt es dazu: »Wenn dann des erste Kerzl brennt, dann is's Advent.« Beschäftigt man sich aber ein bisschen näher mit dem Adventskranz und seiner Entstehungsgeschichte, so merkt man schnell, dass bei uns in Deutschland der Brauch, ihn zu fertigen oder irgendwo zu kaufen und dann nach und nach die vier Kerzen als Symbole für die vier Adventsonntage anzuzünden, geschichtlich gesehen erst Mitte des 19. Jahrhunderts auftaucht. In Altbayern und Österreich, insbesondere aber in ländlichen Regionen, noch viel, viel später.

Dafür hatte man dort, quasi als »Vorgänger«, das sogenannte Paradeisl, das fast restlos aus dem allgemeinen Blickfeld verschwunden war, heute aber mancherorts wieder fröhliche Urständ feiert. Man nannte es auch den Paradiesbaum.

Dabei handelt es sich um eine dreiseitige Pyramide mit vier Äpfeln, auf denen man Kerzen befestigt, genau wie beim Adventskranz. Das Grundgerüst besteht aus drei mit Buchs, Eibe oder sonstigem Grün umwundenen Stäbchen, an deren spitz zulaufenden Enden je ein Apfel gesteckt wird. Gekrönt wird das Paradeisl dann von einem weiteren Apfel, der gleichfalls mit bemalten, geschnitzen oder mit Immergrün umwickelten Stäbchen Verbindung bekommt mit den drei Äpfeln des Grundriss-Dreiecks.

Das Paradeisl gehört nach übereinstimmenden Berichten von Chronisten zur altbairischen Kultur in der Vorweihnachtszeit, wenn es auch nicht überall gleichermaßen zu Hause war. Nach und nach wurde es im Laufe von Jahrzehnten von dem aus dem Hohen Norden stammenden und hierorts in Mode gekommenen Adventskranz verdrängt.

Dabei ist die Symbolik des Paradeisls mit den Äpfeln als Hinweis auf den Sündenfall im Paradies sehr aussagekräftig und die Dreiecke von der Grundform und den Seitenteilen weisen auf die Trinität hin, also die »Dreieinigkeit«, der man schließlich und endlich die Erlösung von der Sündenschuld Adams im Paradies durch Christi Geburt verdankt. Nicht umsonst stehen deshalb am 24. Dezember jeden Jahres die Namen von Adam und Eva im Kalender. fb

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