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Die rot schraffierten Bereiche sind Vorranggebiete für Windkraft, in den dunklen Bereichen erscheinen Windräder nach derzeitigem technischen Stand nicht wirtschaftlich, sind aber nicht ausgeschlossen. Der Rest ist Ausschlussgebiet.

77 Vorranggebiete für die Windkraft

Die Energiewende hin zu regenerativen Trägern klappt nur auf regionaler Ebene. Ein Standbein im Energiemix der Zukunft wird auch in Südostoberbayern die Windkraft sein. Das wurde in der gemeinsamen Sitzung des Regionalen Planungsverbandes (RPV) und des Planungsausschusses in Trostberg deutlich. Im Kapitel »Windkraft« des Regionalplans werden 77 Vorranggebiete ausgewiesen, in denen große Anlagen möglich sind. Gegen drei Stimmen aus dem Berchtesgadener Land wurde die Fortschreibung gebilligt. Anfang 2013 wird dazu die Meinung von Bürgern und Behörden gehört.


Plan zeigt das »Maximalangebot«

Der Plan wird zuvor noch überarbeitet. Darin sind Ausschlussgebiete für Windräder eingezeichnet (über 98 Prozent der gesamten Fläche) sowie ein geringer Anteil an dunklen Flächen, wo Windkraft nach derzeitigem technischem Stand nicht wirtschaftlich erscheint, aber nicht ausgeschlossen ist. Der Rest sind rot schraffierte Vorrangflächen, in denen die Vorgaben scharf sind: Es darf keine andere Nutzung erfolgen, die den Bau eines Windrades gefährdet oder gar ausschließt. Der Plan zeigt das »Maximalangebot« an Vorranggebieten. Das heißt aber nicht, dass überall tatsächlich Windräder oder gar -parks entstehen. Das hängt von den Grundeigentümern und Investoren sowie zahlreichen weiteren Voraussetzungen ab, die im Verfahren für jedes einzelne Projekt überprüft werden.

Der RPV-Vorsitzende, Landrat Hermann Steinmaßl, betonte, als einzige Region in Bayern habe die Region 18 zur Konkretisierung des bayerischen Windatlas’ eine eigene Windpotenzialkarte beim TÜV Süd erstellen lassen. Beim Verteidigungsministerium habe sich der RPV dafür eingesetzt, die Tiefflugschneisen so zu ändern, dass der Bau von Windrädern uneingeschränkt möglich ist. Frühere Ausschlussgebiete wie das Chiemseeufer, das Innhochufer und das Alpengebiet habe man nun immerhin untersucht. »Wir wollten der Windkraft substanziell Raum verschaffen und keine Verhinderungsplanung betreiben«, so Steinmaßl. Landkreise, Kommunen und Behörden seien regelmäßig beteiligt worden.

Heiß diskutiert wurde über den Ausschluss von Windrädern im »Alpenraum«, südlich der Autobahn. Berchtesgadens Landrat Georg Grabner bemängelte, dass es in seinem Landkreis nicht eine Vorrangfläche gebe und erneuerte die Forderung, der Teisenberg müsse für ein Windrad ins Auge gefasst werden. Teisendorfs Bürgermeister Franz Schießl verwies auf einen einstimmig positiven Gemeinderatsbeschluss.

Steinmaßl berichtete aber von einem Treffen der 37 Alpenbürgermeister aus den Landkreisen Rosenheim, Traunstein und Berchtesgadener Land. Konsens sei gewesen, den einmaligen, stark touristisch genutzten und sehr sensiblen Naturraum von der Windkraft auszuschließen – analog den Nachbarregionen Oberland und Allgäu. Eine Ausnahme, wie zum Beispiel von der Gemeinde Ruhpolding angedacht, sei nicht möglich. Wünsche habe es auch aus den Gemeinden Inzell, Teisendorf und Anger gegeben – dort sei aber aus Artenschutzgründen keine Genehmigung zu erwarten. Grabner veranlasste dies zur spitzen Bemerkung, dass man den Teisenberg jetzt zwar untersucht, aber die »glorreiche Idee mit den Raufußhühnern aus dem Hut gezaubert« habe. Steinmaßl konterte: Einzige Chance wäre, dass der Teisenberg im Landesentwicklungsprogramm aus dem »Alpenraum« herausgenommen würde. »Am Gesetz über das Raufußhuhn kommen wir nicht vorbei. Wir werden die Energiewende nicht schaffen, wenn wir gewisse Gesetze nicht ändern – dazu brauchen wir aber auch die Solidarität der anderen Bürgermeister!“

Weiteres »heißes Eisen« waren die Abstandsflächen. Bisher waren 800 Meter zu Wohnbauflächen, je 500 Meter zu gemischten Bauflächen und Wohnnutzung im Außenbereich und 300 Meter zu Gewerbegebieten festgelegt. Bürgermeister August Voit aus Amerang beantragte allerdings, auch bei Weilern im Außenbereich mit mehr als zehn Anwesen bzw. über zehn Hektar Fläche 800 statt 500 Meter festzusetzen. Die klare Mehrheit schloss sich dem an.

»Wir erreichen so mehr Akzeptanz in der Bevölkerung und wahren die Planungshoheit der Gemeinden«, hatte Voit argumentiert. Schließlich wandle sich die Landwirtschaft – immer mehr Höfe werden aufgegeben. »Die Bausubstanz aber bleibt, und die müssen wir nutzen können. Wir wollen den ländlichen Raum erhalten – dazu brauchen die Gemeinden aber Handlungsspielraum, und deshalb mein Antrag«, so Voit. Wie die Regionsbeauftragte Katja Gloser von der Regierung von Oberbayern verdeutlichte, werden aus den bisher 106 Vorranggebieten durch den 800-Meter-Puffer voraussichtlich 77. Diese machten 0,9 (vorher: 1,2) Prozent der gesamten Fläche der Region aus. »Es bleiben Flächen genug übrig, und wir haben mehr Akzeptanz der Bürger«, kommentierte Steinmaßl.

»Da kommen wir in Erklärungsnöte«

Spielräume für die Gemeinden, im Einzelfall auch einen geringeren Abstand zuzulassen, wie unter anderem von Schnaitsees Bürgermeister Vitus Pichler angeregt, gebe es nicht. Traunsteins Oberbürgermeister Manfred Kösterke und Bad Endorfs Bürgermeisterin Gudrun Unverdorben fragten nach den Ausschlussgebieten für Antennenträger, an die bisher Windkraftanlagen gekoppelt waren. »Wir nehmen von der bisher gemeinsamen Regelung die Windkraft heraus – das wird künftig getrennt betrachtet«, verdeutlichte Steinmaßl. Kösterke bemängelte zudem die scharfe Abgrenzung mancher Vorrang- zu Ausschlussgebieten. »Da kommen wir in Erklärungsnöte, weil Windräder dann Auswirkungen in die Ausschlussgebiete hinein haben. Wie sollen wir den Bürgern erklären, dass hier ein Ausschlussgebiet ist, und ein paar Meter weiter eine 200 Meter hohe Anlage errichtet werden darf?« Die möglichen Anlagen in Traunstein lägen alle im bewaldeten Bereich, der großräumig abgeholzt werden müsste. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Naturschutzbehörden da zustimmen.« rse

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