Noch steht nicht fest, wann die Geflüchteten in die Häuser einziehen werden. Im Vorfeld haben Tachinger Bürger Unterschriften gesammelt, einen Fragenkatalog beigefügt und an die Gemeinde weitergeleitet. Auch in Waging und Wonneberg läuft die Suche nach Möglichkeiten zur Unterbringung von Flüchtlingen.
Bei einer Infoveranstaltung der Verwaltungsgemeinschaft (VG) Waging am See in der Bergader-Arena, zu der rund 250 interessierten Bürger gekommen waren, sollte nun den vielen offenen Fragen mit Informationen begegnet werden.
Tachings Bürgermeisterin Stefanie Lang ließ wissen, dass die Gemeinden zu klein seien, um diese gesamtgesellschaftliche Aufgabe stemmen zu können. Sie hoffe, dass der Flüchtlingsgipfel mit Olaf Scholz am 10. Mai bessere Bedingungen schaffe. Im Januar habe sie einen Aufruf gestartet und versucht, ehrenamtliche Mitarbeiter zu gewinnen, teilte Lang mit. Zudem habe sie Informationen und Erfahrungen aus anderen betroffenen Gemeinden eingeholt. In einer VG-Sitzung sei kürzlich beschlossen worden, einen Sozialarbeiter anzustellen, der sich um die Belange der Migranten kümmert und helfen soll, sie zu integrieren.
In der Diskussion, die Moderator Peter Schäffler aus Taching lenkte, gab es Kritik wegen mangelnder Transparenz – besonders in finanzieller Hinsicht, was offensichtlich konfliktfördernd wirke. Aus dem Wortwechsel ging hervor, dass es Befürchtungen gibt, die Sicherheit der Bürger sei gefährdet. Viele würden den Dorffrieden in Gefahr sehen. Überdies kreisten viele Redebeiträge um die Frage, woher das Geld kommen soll, das für die Flüchtlinge benötigt wird. Zugleich wurde klar, dass mehr Geld auch nicht alle Probleme lösen könne, weil zum Beispiel der Wohnungsmarkt angespannt ist und es zu wenig Wohnraum auch für Einheimische gebe, was es immer schwieriger mache, Immobilien für neue Unterkünfte zu finden.
Es dauere oft sehr lange, bis die Zufluchtssuchenden einen Deutschkurs belegen können. Zudem fehle es an Plätzen in Kitas, dort fehle auch das entsprechende Personal. Der Personalmangel betreffe aber vor allem die Unterkünfte. Gerade dieser Mangel an Personen, die sich um die Unterkünfte und um die Geflüchteten kümmern, führe zu einem Akzeptanzproblem, hieß es. Durch weitere Äußerungen in diese Richtung drohte die Diskussion zur Grundsatzdebatte zu werden, ob die aktuell praktizierte Flüchtlingspolitik Sinn macht. Da dies aber nicht das Thema des Abends war, wurden einige Redner in die Schranken gewiesen.
Stefanie Lang sagte, dass die VG enorme Anstrengungen unternehme, um ein friedvolles Zusammenleben zu ermöglichen, und um gute Startvoraussetzungen für die lokale Integration der Geflüchteten zu schaffen. Sie werde ihr Möglichstes tun, damit sich Konflikte im Umfeld der Unterkunft vermeiden lassen. Die VG stelle einen Sozialarbeiter zur Integration der Menschen ein und wolle niederschwellige Deutschkurse anbieten. Zudem wolle sie im Tachinger Gemeinderat eine Abstimmung, ob die Gemeinde eine Sammelhaftpflicht für die Geflüchteten einführen solle. Darüber hinaus werde eine Kontaktliste mit Telefonnummern erstellt und veröffentlicht, damit die Bürger wissen, an wen sie sich bei Problemen wenden können
Auf die Frage, wie die Schutzsuchenden versorgt und beschäftigt werden können, entgegnete Wonnebergs Bürgermeister Martin Fenninger, dass aktuell die Stelle eines Sozialarbeiters ausgeschrieben sei, der die Sache professionell begleiten soll. »Alles soll gut funktionieren«, sagte er und lud die Besucher ein, dabei mitzuhelfen.
Ein Gast, der in den Sammelunterkünften in Traunreut mitgearbeitet habe, sagte, mittlerweile gebe es Erfahrungen im Umgang mit den Geflüchteten, auf die man zurückgreifen könne. Er wollte wissen, ob es verlässliche Zahlen für Oberbayern gibt, wie viele Vorfälle und Delikte es seit 2015 gegeben hat. Franz Feil, Sachgebietsleiter im sozialen Bereich des Landratsamts, bestätigte, dass bisher sehr wenig passiert sei. Gelegentlich gehe etwas in den Unterkünften zu Bruch.
Ein Zuhörer erkundigte sich, wie es in den ersten sechs Monaten in der Flüchtlingsunterkunft in Tittmoning gelaufen sei, die schon seit 2015/16 besteht. Johannes Lanser, dafür hauptamtlich bei der Bürgerhilfsstelle in Tittmoning angestellt, erwiderte, dass viele der Angekommenen erstmal ihr Flucht- und Kriegstrauma überstehen mussten. Seit 2016 schaue er, dass sie dabei Unterstützung und Betreuung finden. Die Hilfe dürfe nicht allein auf die ehrenamtlichen Helfer übertragen werden, obwohl viel über das Ehrenamt laufe. Seiner Erfahrung nach leisten diese Freiwilligen gute Arbeit. Seine Aufgabe sei es gewesen, den Ehrenamtlichen bei ihrer Arbeit unter die Arme zu greifen. »Meiner Erfahrung nach spielt sich alles ein.«
Ein Bürger aus Taching meinte, so eine kleine Gemeinde wie Taching schaffe das nicht allein, sie brauche professionelle Unterstützung. Ein anderer befürchtete, dass es Probleme in der Einrichtung geben könnte. Ludwig Mörner, stellvertretende Sachgebietsleiter für Liegenschaften im Landratsamt Traunstein, hielt dagegen, dass es eher selten zu Problemen mit der Nachbarschaft komme. »Meist sind es Konflikte, die sich unter den verschiedenen Nationalitäten innerhalb der Einrichtung entwickeln.« Um dies zu vermeiden, versuche man homogene Flüchtlingsgruppen zu bilden. Mörner verwies auch auf die Homepage des Landratsamts, bei dem man tagsüber Probleme melden könne. Während der Nacht könne man sich an die Polizei wenden.
Ein Tachinger Bürger sagte, er sei zwar dafür, Menschen zu helfen. Alles habe aber auch seine Grenzen. Die Unterbringung der Flüchtlinge hätte eine deutlich bessere Vorbereitung erfordert. Es gehe darum, mögliche Gefahrenpunkte schon im Vorfeld auszuschließen. Die Verkehrsanbindung in Taching sei zudem sehr schlecht. Die Sammelhaftpflicht koste pro Nase 30 Euro und solle abgeschlossen werden. Da wohl nicht alle Gemeinden des Landkreises Geflüchtete aufnehmen können, schlug er vor, einen Fonds einzurichten, in den diese Gemeinden einen Beitrag zum Ausgleich einzahlen sollen.
Abschließend sagte eine Tachinger Bürgerin: »Es sollte im Interesse aller sein, dass Taching das hinkriegt.« Andere Gemeinde hätten dies auch schon geschafft. Bei den Flüchtlingen handle es sich nicht um lauter Verbrecher. »Es sind Menschen, die ihre Heimat nicht aus Spaß verlassen.« Die Aufgabe der Tachinger bestehe nun darin, ihnen einen erträglichen Aufenthalt zu bieten. »Geht auf die Leute zu, das schafft Vertrauen. Dann entwickelt sich bestimmt etwas Gutes.«
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