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Mit schönster Schulschrift, in höflicher Form und fast fehlerfrei schrieb damals Marianne Barmbichler als Neunzehnjährige ihrem Schlagerstar »Lolita« und bat um ein Autogramm.

Verschollene Postkarte taucht nach 60 Jahren wieder auf

Waging am See – Da staunte Marianne Huber aus Plattenberg nicht schlecht, als ihr der »kleine« Bruder Anderl Barmbichler eine alte Ansichtskarte überreichte. Als 19-Jährige hatte sie der österreichischen Schlagersängerin »Lolita« eine Karte aus Waging geschrieben, mit der Bitte um ein Autogramm. Das war 1958. Eine Antwort erhielt sie nie. Jetzt, 60 Jahre später, tauchte die Karte wieder auf.


Diese Überraschung sollte bei Marianne Huber alte Erinnerungen aus längst vergangenen Zeiten wecken: eine alte Waginger Postkarte, die sie im Jahr 1958 abschickte. Die Karte zeigt schwarz-weiß Motive von Waging aus den 50er Jahren und ist nahezu unversehrt. Die Empfängerin war die österreichische Schlagersängerin »Lolita« alias Edith Einzinger. In gelernter Schönschrift und höflicher Form hatte Huber die Sängerin um ein Autogramm ersucht. Damals wohnte die gebürtige Wagingerin noch in Gaden.

Marianne Huber schwelgt in Erinnerungen, wenn sie an diese Zeit zurückdenkt. »Schlagermusik und Tanzen waren das einzige Vergnügen in meiner Jugendzeit. Viel gab's ja nicht, aber trotzdem war diese Zeit irgendwie auch schön.« Damals schwärmte sie auch von »Lolita«. Im Radio wurde ihre Musik gespielt und die Fanadresse gleich mit durchgesagt. Die damals 19-Jährige zögerte nicht, schrieb eine Karte, mit der Bitte um ein Autogramm. Sechzig Jahre waren seitdem vergangen.

Zahlreiche Autogrammkarten

In einer Schachtel bewahrt die heute 79-Jährige Erinnerungen von damals auf, darunter sind so einige Autogrammkarten von Stars und Sternchen, manchmal sogar mit persönlicher Widmung für Marianne. Aber von »Lolita« war nichts dabei.

Bruder Anderl Barmbichler erinnert sich noch ganz genau. »Marianne hatte monatelang auf Antwort gewartet, aber es ist nie etwas gekommen.« Womöglich war die Karte aus Waging bei »Lolita« nie angekommen. Aber, wo war sie geblieben? Bruder Anderl, der in seinen jungen Jahren sieben Jahre als Postbote mit dem Radl unterwegs war, vermutete, dass die Karte lange Zeit an der Grenze festhing, und dann letztlich verscherbelt wurde.

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Anderl Barmbichler überraschte seine »große« Schwester Marianne Huber mit einer Postkarte. Beide schwelgen in Erinnerungen der 50er Jahre. (Fotos: Sojer)

Postkarte war unterfrankiert

Der Grund: die Karte war unterfrankiert. Zwanzig Pfennige – heute rund zehn Cent – kostete damals das Versenden einer Karte nach Österreich. »Marianne hatte nur eine Zehn-Pfennig Briefmarke draufgeklebt und Österreich zählt bis heute noch als Ausland«, sagt Anderl Barmbichler.

Purer Zufall war es schließlich, dass die Karte wieder bei Marianne Huber landete. Eine Bekannte von Anderl Barmbichler hatte die Postkarte zufällig bei einem Internethändler entdeckt und Barmbichler über den Fund informiert. Die Bekannte erwarb die Karte, sodass Barmbichler seine Schwester damit überraschen konnte.

Auch heute dürften sich noch viele an »Lolita« erinnern. Mit Heimatmelodien wie »Weißer Holunder«, dem Antikriegslied »Sag mir, wo die Blumen sind«, »Da kam Jonny« oder »Insel der Liebe« verzauberte die Sängerin ihr Publikum und wurde schlagartig bekannt. Der Durchbruch kam 1960 mit dem Lied »Seemann, deine Heimat ist das Meer.« Mit diesem Lied schaffte sie es, als erste deutschsprachige Sängerin in die amerikanische Hitliste. Als erste Europäerin erhielt sie für über zwei Millionen verkaufte Tonträger dieses Titels ihre erste Goldene Schallplatte. Ihr damaliger Produzent »verpasste« ihr damals ungefragt den Namen »Lolita«.

Auch wenn die seit sechs Jahrzehnten verschollene Postkarte nun wieder aufgetaucht ist, wird in der Sammlung von Marianne Huber das Autogramm der Schlagersängerin weiterhin fehlen. 2010 starb »Lolita« im Alter von 79 Jahren an einem Krebsleiden und wurde auf dem Friedhof in Großgmain beigesetzt. soj

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