Die zotteligen Gestalten mit ihren hässlichen Masken sind aber gar nicht so böse, wie sie aussehen. Denn Perchten sind Glücks- und Segensbringer, vertreiben mit ihrem Auftreten und ihren lauten Glocken und Schellen den Winter. Wenn das wirkt, dann ist der Winter seit Samstag in der Marktgemeinde vorbei.
Fünf Perchtengruppen zogen durch den Ort
Fünf Perchtengruppen aus der Gegend haben nach Einbruch der Dunkelheit den Marktplatz unsicher gemacht. Mit von der Partie waren auch die Frau Perchta und die vielen Hexen in den Passen der »Mattigtaler«, der Bad Reichenhaller »Wörgötter«, der »Eggelsberger« aus dem Innviertel und der »Dobl-Boch-Deifen« aus dem Bereich um den Dobelbach.
Mit Glocken und Schellen, die sie um den Leib geschnürt haben, und mit Besen oder Rossschweif erschreckten sie den einen oder anderen Zuschauer am Straßenrand. Immer wieder führten sie gegen die Zuschauer angedeutete Streiche mit dem Rossschweif auf die Wadln. Und manchmal spurteten die Perchten auch ganz überraschend auf einen Zuschauer zu, der dann unwillkürlich zurückzuckte. Doch weil die Perchten liebe und nette Gestalten sind, gab es nach den Aktionen während des Umzugs über den Marktplatz und die Salzburger Straße oftmals einen freundschaftlichen Klaps auf den Kopf oder eine freundliche Umarmung. Und auch für Fotos waren sie zu haben.
Viele Kinder haben Angst vor den gruseligen Gesellen. Daher bemühten sich die »Stoa-Perchten« schon vor dem Lauf, ihnen im Feuerwehrhaus die Angst zu nehmen. Dort herrschte ein so riesiger Andrang, dass kaum noch ein Durchkommen möglich war.
Kostüme und Masken wiegen teilweise 30 bis 40 Kilogramm. Jede der aufwändig geschnitzten Holzmasken sei ein Unikat. Zu den zahlreichen Fragen vor allem auch der kleinen Besucher gehörte auch, wie der Brauch nach Waging gekommen ist. Es seien wohl Holzarbeiter aus Tirol gewesen, die ihn einst ins Voralpenland brachten, hieß es dazu.
18 Perchten und vier Hexen im Verein
Mit Gründung der »Stoa-Perchten« im Jahr 2017 sei die Überlieferung zu neuem Leben erweckt worden. Aktuell könne man auf 18 Perchten und vier Hexen sowie auf eine Reihe von Helfern zurückgreifen. »Seither pflegen wir liebevoll das importierte Erbe und ziehen durch verschiedene Orte«, erzählt Vereinsgründer Andreas Plasser. Der jetzige Lauf in Waging werde von fünf Passen mit insgesamt 80 Perchten und Hexen gestaltet.
Vorstand Christian Aicher erklärte den Kindern, dass es zu den Hauptaufgaben des Perchtentreibens gehört, Wintergeister zu vertreiben. Die Sagengestalt »Frau Perchta« sei die Herrin der Rauhnächte, Wintergöttin und Anführerin der Wilden Jagd. Sie gilt auch als eine Art Göttin der Fruchtbarkeit, denn sie solle Getreide wachsen lassen. Zudem beschütze sie Haus und Hof. Frau Perchta trete vor allem in den Rauhnächten auf, wenn die Grenzen zwischen den Welten dünn werden, also zwischen dem 21. Dezember und dem 6. Januar. In Waging war man also etwas zu früh mit dem Austreiben des Winters und der bösen Geister dran.
Während mit dem Perchtenlauf noch ein recht friedliches Treiben herrschte, mischten die Kramperl zwei Tage später das Geschehen an den Glühweinständen rund um den Marktplatz ordentlich auf. Die Kramperln begleiten üblicherweise als pädagogisches Korrektiv den Nikolaus.
Die haarigen Biester mit Fellen, schweren Holzmasken, langen Zungen oder Hörnern streiften aber ohne den Heiligen durch die Straßen und suchten vor allem Kinder und Jugendliche, um sie das Fürchten zu lehren. Trotz ihres grauenhaften Aussehens waren diese Gesellen jedoch mehr als angesagt, denn sie zogen jede Menge Schaulustige an. Als die Bösewichte mit Höllenfeuer und schwingenden Ruten endlich einmarschierten und ähnlich wie Knecht Ruprecht den »Unartigen« eine Lektion erteilen wollten, hieß es in deren Kreisen aber: »Auf geht’s, Kramperl tratzen.«
Wilde Jagd als Warnung vor Zügellosigkeit
Die weniger Mutigen versteckten sich aber schnell im Gewühl oder in dunklen Gassen und Hauseingängen. Und so begann eine wilde Jagd, um die frechen Burschen und Mädchen zu erwischen, die zwar die Rute oder den Rossschweif am Wadl zu spüren bekamen, deshalb aber noch lange nicht aufhörten, die Kramperl zu ärgern. Dank der vielen Ordnungshüter ist weiter nichts passiert, außer dass mal ein Becher Glühwein auf den Boden fiel. Damit hat der Lauf wohl eine weitere Mission erfüllt, weil gerade Percht und Krampus den Menschen vor Zügellosigkeit warnen wollen.
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