Waging am See – Als Zeichen gegen die Überlastung der Langzeitpflege lässt das Seniorenheim St. Martin am heutigen Mittwoch zwischen 13 und 14 Uhr Besuche nur draußen vor der Tür stattfinden, wenn sie für die Beteiligten möglich und zumutbar sind. Damit möchte die Einrichtung gemeinsam mit den Angehörigen auf die prekäre Personalsituation hinweisen.
Der Bundestag stimmt am morgigen Donnerstag über das geänderte Infektionsschutzgesetz ab. Es sieht vor, dass Einrichtungen der Langzeitpflege weiterhin zeitintensive Maßnahmen zum Infektionsschutz wie Einlasskontrollen, Zertifikatskontrollen und Dokumentation der Vorgänge umsetzen müssen. Bis Juni hatten Pflegeeinrichtungen die Aufwendungen, die durch die Umsetzung der Coronamaßnahmen entstanden, sowie coronabedingte Mindereinnahmen über den Pflegerettungsschirm geltend machen können. Das ist durch das Auslaufen des Rettungsschirms nicht mehr möglich. Träger von Pflegeeinrichtungen wie der Markt Waging befürchten, dass die gesetzlich vorgeschriebenen Zusatzaufgaben dauerhaft vom Einrichtungspersonal gestemmt werden müssen. Die ohnehin prekäre Personalsituation werde dadurch noch verschärft, so der Tenor. Auf mehr Bürokratie folge weniger Personal und damit letztlich weniger Zeit für die Versorgung von Pflegebedürftigen.
»Während Corona in der Mitte der Gesellschaft keine Rolle mehr zu spielen scheint, ist die Pandemie in der Pflege noch lange nicht vorbei«, sagt Hubert Sailer, Leiter des Seniorenheims St. Martin, gegenüber dem Traunsteiner Tagblatt. Und weiter berichtet er: »Unsere Mitarbeitenden arbeiten seit zweieinhalb Jahren über ihr Limit hinaus. Die Vorgaben durch das ab Oktober geltende, geänderte Infektionsschutzgesetz erzeugen einmal mehr Bürokratie und belasten unsere Beschäftigten. Wir fordern eine Entlastung der Pflege durch die dauerhafte und sichere Refinanzierung von Corona-Schutzmaßnahmen. Es braucht eine gesamtgesellschaftliche und politisch geförderte Solidarität. Der notwendige Schutz vulne-rabler Personen ist nicht allein Aufgabe der Langzeitpflege.«
Das Seniorenheim fordert in einem offenen Brief vom Bund eine Verringerung der Bürokratie sowie eine dauerhafte und sichere Refinanzierung der coronabedingten Mehraufwendungen.
kon