Seit 2004 sind erstmals die Ausgaben im Verwaltungshaushalt mit rund 16 Millionen Euro höher als die Einnahmen mit rund 15,1 Millionen – was unterm Strich ein Minus ergibt.
Hauptursächlich dafür sind die hohen Steuereinnahmen 2021, vor allem bei der Gewerbesteuer. Denn die Steuerkraft der Gemeinde 2021 ist die Grundlage zur Berechnung der Kreisumlage 2023. Bei einem zu erwartenden Hebesatz von 49,5 Prozent wird die Kreisumlage für Waging in diesem Jahr rund 5,3 Millionen Euro betragen. Gleichzeitig gehen die Schlüsselzuweisungen, auch wegen der hohen Steuereinnahmen 2021, in diesem Jahr auf rund 82.000 Euro zurück.
Entnahme aus denRücklagen nötig
Die laufenden Einnahmen reichen nicht aus, um die so entstehende Mehrbelastung zu kompensieren. Um den Verwaltungshaushalt auszugleichen, müssen Mittel aus den Rücklagen entnommen und somit aus dem Vermögens- dem Verwaltungshaushalt zugeführt werden. Diese Mittel stehen dann nicht mehr für Investitionen zur Verfügung. Nur weil es diese Rücklagen gibt, kann der Haushalt ausgeglichen werden, denn Kredite zum Ausgleich dürfen laut den gesetzlichen Vorgaben nicht aufgenommen werden.
Für den Haushaltsausgleich im Vermögenshaushalt sind indes Kreditaufnahmen möglich und notwendig. Für die Jahre 2023 bis 2025 sind Kredite von insgesamt rund zehn Millionen Euro vorgesehen. Entsprechend steigt die Zinsbelastung im Verwaltungshaushalt an. Für die 2023 geplanten Kredite von rund 4,8 Millionen wurden Zinsausgaben von 90.000 Euro veranschlagt, unter der Annahme eines Zinssatzes von 3,5 Prozent und einer Kreditaufnahme erst im dritten Quartal 2023.
Kämmerer Bernhard Kraus wies eindringlich darauf hin, dass die dauernde Leistungsfähigkeit der Gemeinde nur dann als gesichert gelten kann, wenn die Höhe der Zuführungen vom Verwaltungs- zum Vermögenshaushalt mindestens so hoch ist, wie die veranschlagte Tilgungsleistung. Diese sogenannte Pflichtzuführung ist in der aktuellen Finanzplanung nicht gewährleistet. Von 2024 bis 2026 sehen die Planungen vor, dass jährlich zwischen rund 140.000 und 554.000 Euro dem Vermögenshaushalt zugeführt werden. Die Tilgungszahlungen für die notwendigen Kredite zur Abwicklung der geplanten Investitionen müssten aber mit rund 575.000 Euro pro Jahr veranschlagt werden und würden damit die Zuführungen überschreiten.
Aus diesem Grund müssen die Ausgaben im Verwaltungshaushalt zurückgefahren werden, um einen höheren Überschuss zu erwirtschaften. Dazu muss geprüft werden, ob alle veranschlagten Sanierungsarbeiten an Grundstücken und gemeindlichen Bauten tatsächlich notwendig sind. Die im Haushaltsplan 2023 veranschlagten Mittel für den Gebäudeunterhalt sind mit rund 612.000 Euro deutlich höher als die beispielsweise 2021 gebrauchten, die bei 162.000 Euro lagen.
Starker Anstieg der Personalausgaben
Bei den Personalausgaben in den Kinderbetreuungseinrichtungen muss darauf geachtet werden, dass der empfohlene Anstellungsschlüssel von 1:10, das heißt eine Betreuerin für zehn Kinder, zumindest annähernd erreicht wird. Teilweise ist dieses Verhältnis weit unter dem Empfehlungswert, das heißt eine Kraft betreut weniger als zehn Kinder. Denn der gravierende Anstieg der Personalausgaben von rund 550.000 Euro 2021 auf 2,4 Millionen Euro 2023 stelle den Verwaltungshaushalt auf eine harte Probe, so der Kämmerer.
Das Planvolumen des Vermögenshaushalts liegt 2023 bei rund 15,2 Millionen Euro. Im Vergleich zum Vorjahr bedeutet das einen erheblichen Anstieg um rund 7,9 Millionen Euro oder rund 107 Prozent. Trotz vorhandener Rücklagemittel wird bei planmäßiger Abwicklung eine Kreditaufnahme von rund 4,8 Millionen Euro notwendig werden.
Finanziert werden müssen unter anderem Maßnahmen zum Straßenausbau, die Errichtung von Kinderspielplätzen, Erschließungskosten für Baugebiete und Kosten für den Erwerb von Grundstücken durch die Gemeinde, Hochwasserschutz und Moorrenaturierungen, der Breitbandausbau, die Umgestaltung der Touristinfo. Aus dem jetzt vorliegenden Feuerwehrbedarfsplan ergeben sich notwendige Anschaffungen und Baumaßnahmen wie der Neubau eines Feuerwehrgerätehauses in Otting, die Errichtung von Löschwasserteichen, Zisternen und Hydranten und der Einbau von Abgasabsauganlagen in den Feuerwehrgerätehäusern in Gaden und Nirnharting.
Der Abriss der alten Turnhalle, die Generalsanierung der Tartanbahn bei der Schulsportanlage und die Errichtung einer Ganztagsschule sind große Vorhaben der nächsten Zeit. Um die aktuell wirtschaftlich prekäre Situation beim Eigenbetrieb Gemeindewerke zu verbessern, ist eine Stammkapitalerhöhung in Höhe von 1,4 Millionen Euro vorgesehen.
Investitionen müssen gesenkt werden
»Ein Planungsvolumen von 15 Millionen im Vermögenshaushalt liegt eindeutig über der Leistungskraft einer Kommune mit nur 7000 Einwohnern« so der Kämmerer, »das Investitionsvolumen muss in den kommenden Jahren deutlich gesenkt werden«. Es müsse das Ziel sein, dass die veranschlagten Kreditaufnahmen tatsächlich nicht in voller Höhe gebraucht werden. Kreditaufnahmen seien Gift für einen Haushalt und erschwerten ein nachträgliches Sparen wegen der anfallenden Tilgungszahlungen.
Der Schuldenstand der Gemeinde wird durch die geplanten Kredite kräftig ansteigen. Mit Ausnahme eines Bausparvertrags, den die Gemeinde anspart, werden bei Abwicklung vorliegender Investitionsplanung auch die Rücklagen nahezu vollständig aufgelöst werden.
Auch Bürgermeister Matthias Baderhuber und der Gemeinderat waren sich der angespannten Situation bewusst, von der man wieder möglichst bald wegkommen will – im Sinne einer verantwortungsvollen Haushaltpolitik. Der Gemeinderat beschloss bei einer Gegenstimme den Erlass der Haushaltssatzung mit Haushaltsplan für 2023. Der Finanzplanung bis 2026 wurde zugestimmt unter der Maßgabe, dass bis zur Haushaltsplanung 2024 die geplante Neuverschuldung deutlich abgesenkt wird. Dieser Beschluss fiel einstimmig.
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