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Auf dem Podium saßen unter anderem (von links) Franz Huber, Hans-Jörg Birner, Michael Gramsamer und Staatsministerin Michaela Kaniber.

Bauernrat im Rupertiwinkel will Landwirte und Verbraucher zusammenbringen

Waging am See – Landwirte und Verbraucher zusammenbringen – das war das Ziel des Bauernrats im Rupertiwinkel. Zum Ende gab es jetzt eine Podiumsdiskussion auf dem Waginger Handwerker- und Bauernmarkt mit Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber, Franz Huber, Hans-Jörg Birner und Michael Gramsamer.


Helfen könne nicht nur ein gemeinsam entwickeltes Leitbild für eine nachhaltige Landwirtschaft im Rupertiwinkel, sondern auch deutlich mehr Aufklärung der Verbraucher, hieß es dabei. Der Bauernrat sei derzeit noch Modellprojekt. Die Ergebnisse sollten bayernweit auf ILE-Prozesse angewandt werden. Im Zentrum stünden neben der Aufklärung über Lieferketten und die Situation auf den Höfen die Eindämmung des Flächenverbrauchs sowie der Aufbau von Regionalmarkthallen. Die ILE-Zukunftsregion mit ihren sieben Gemeinden wolle die Themen weiterbearbeiten. »Es soll jetzt erst richtig losgehen«, motivierte ILE-Vorstandssprecher Hans-Jörg Birner Landwirte und Bürger, dranzubleiben.

Neben Biobauer Michael Gramsamer aus Tittmoning und der konventionelle Landwirt Franz Huber aus Fridolfing diskutierten auch Birners ILE-Stellvertreter, die Bürgermeisterin von Taching, Stefanie Lang und ihr Kollege Matthias Baderhuber aus Waging. Moderator Ralf Enzensberger unterstützte die Gesprächsrunde.

Enzensberger betonte, man müsse die Sorgen von Landwirten ernst nehmen. Der Bauernrat habe offenbart, dass sie für ihre viele Arbeit wenig Wertschätzung erfahren trotz des Knochenjobs. Auch die Bürokratie erschwere ihre Arbeit – Agrarpolitik müsse der Region angepasst werden.

Befragt nach ihrem Einfluss, lobte Kaniber die einzigartige Region Rupertiwinkel. »Ein Hoch auf Kommunen, die ihre Dörfer fit für die Zukunft machen, die die Herausforderungen erkennen und gemeinsam mit ihren Einwohnern, Vereinen, Wirtschaft und Behörden an Lösungen arbeiten. In der Zukunftsregion Rupertiwinkel und in der Ökomodellregion Waginger See/Rupertiwinkel funktioniert das beispielhaft.«

Nach wie vor sei es aber schwierig, Voraussetzungen zu schaffen, um bäuerliche Familienbetriebe zu erhalten. Wichtig sei die Bewusstseinsbildung für regionale Kreisläufe. Ziel müsse sein, gute Produktion und nachhaltige Bewirtschaftung zu verbinden. Bayern könne dabei in vielen Bereichen Vorbild für die europäische Agrarpolitik sein.

Birner erklärte, man rede über, aber oft nicht miteinander. Er würdigte das Amt für Ländliche Entwicklung für die finanzielle Unterstützung des »Bauernrates« im Namen der ILE-Gemeinden.

Huber meinte, er fühle sich eingeschränkt – die Politik müsse ihm wieder erlauben, so zu arbeiten, wie er es einst gelernt habe. Das Miteinander mit Verbrauchern sei wichtig. »Wir müssen gemeinsam Verantwortung übernehmen.« Alle müssten an einem Strang ziehen.

Baderhuber sagte, es gelte, die Resilienz der Landwirtschaft zu stärken mit kleinen Strukturen und kurzen Wegen. Zu mehr Unabhängigkeit trage auch die Ökomodellregion (ÖMR) bei, die dank des Einsatzes der Landwirtschaftsministerin weitergelaufen sei.

Lang sagte dazu, das Gefühl mangelnder Wertschätzung hätten auch Biobauern ausgedrückt. Landwirte wollten gute Lebensmittel produzieren, aber davon auch leben können.

Biolandwirt Gramsamer sagte, es sei auch für Biobauern demotivierend, wenn die Anerkennung fehle. Ein Biobetrieb produziere weniger pro Hektar Fläche. »Seine Fixkosten sind aber gleich hoch«, wegen des geringeren Ertrags sogar höher, sagte er. Der Markt sei nicht aufnahmefähig. Vielmehr lasse die Nachfrage nach wegen der Inflation, die die Bevölkerung zum Sparen zwinge.

Durch Gespräche mit den Verbrauchern ließe sich das vermeiden, meinte Huber. Er schlug regelmäßige Tage der offenen Tür auf Bauernhöfen vor. Der Landwirt solle Vorurteile ausräumen.

Gerade auch die Initiative »Schule geht auf den Bauernhof«, die sich unter dem Titel »Erlebnis Bauernhof« an Schulkinder und Lehrer richtet, trage dazu bei. Die Kinder erfahren dabei, wie Landwirtschaft funktioniert und wie Lebensmittel erzeugt werden.

Gefördert wird das Programm auch von den Landkreisen Berchtesgadener Land und Traunstein. Traunstein übernimmt die Kosten für den Bus.

Huber kritisierte, die Düngeverordnung mit der Obergrenze von 170 Kilogramm Gesamtstickstoff je Hektar und Jahr aus organischen Düngemitteln führe dazu, dass überschüssige Gülle im ganzen Land herumgekarrt werde, während mit Erdgas produzierter Mineraldünger zugekauft werden müsse. »Mit meiner Gülle habe ich einen geschlossenen Kreislauf.«

Er gab Kaniber mit auf den Weg, sich dafür einzusetzen, dass auf EU- und Bundesebene nicht so viele wenig durchdachte, aber weitreichende Vorschriften realisiert werden.

Kaniber sagte, dass man alles daransetze, das Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland wegen der Düngeverordnung abzuwenden. Die Neuausweisung der mit Nitrat belasteten roten Gebiete und der phosphatbelasteten gelben Gebiete gehe in diesen Tagen in die abschließende Phase.

Die erneute Neuausweisung sei notwendig, weil die Europäische Kommission das bisherige Vorgehen in Deutschland ablehnt.

Kaniber setzt sich weiter für ein verursachergerechtes System ein: »Landwirte, die in roten Gebieten nachweislich gewässerschonend wirtschaften, müssen von Maßnahmen befreit werden können. Alles andere wäre doch nicht gerecht.«

Dann machte Birner noch deutlich, dass es in der ILE- Zukunftsregion durchaus Ideen gebe – die aber finanziellen Mehraufwand mit sich brächten Er wünschte sich ein einfacheres staatliches Fördersystem.

ca

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