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Stationsleiterin Sophia Strauss (links) und Vereinsvorsitzende Birgit Briller kümmern sich liebevoll um die kleinen und großen Igel.

Stachelige Gartenbewohner sind vielen Gefahren ausgesetzt

Übersee – Zufrieden mit einem kugelrunden Bauch liegt der kleine Igel in seiner Kiste und schläft. Er hatte Glück, fand der stachelige Knirps aus Teisendorf doch mit seinen Geschwistern eine vorübergehende Bleibe bei den Igelfreunden Chiemsee, nachdem ihre Mama nicht mehr zurückgekommen war. 


Jetzt wird er aufgepäppelt – und wenn alles gut läuft, findet er noch in diesem Herbst ein neues Zuhause in einem naturbelassenen Garten. »Wenn man sie wieder in die Natur entlassen kann, ist das ein wahnsinnig schönes Gefühl«, erzählt Stationsleiterin Sophia Strauss. »Man begleitet sie den ganzen Weg von einem 25 Gramm schweren Igelbaby bis sie etwa 1500 Gramm schwer sind. Man hat schlaflose Nächte, weil man lange nicht weiß, ob sie es schaffen. Es ist eine wahnsinnig aufwändige Arbeit, aber auch eine wahnsinnig schöne Arbeit«, strahlt Strauss.

 Im Herbst werden viele Babys gefunden

Jetzt im Herbst ist wieder Hochsaison bei den Igelfreunden. Denn zum einen werden die Tiere bei Gartenarbeiten häufig verletzt. »Vor dem Spatenstich oder Rasenmähen einfach vorher unter den Strauch, die Hecke oder das Laub schauen«, lautet der einfache Tipp der 31-Jährigen. Zum anderen werden jetzt viele Babys gefunden, deren Mamas überfahren wurden oder sich einfach nicht mehr um ihren Nachwuchs kümmern konnten. Igel bringen ihre Jungen – bis zu neun Babys können es sein – in der Regel erst Mitte August zur Welt, manchmal kann es sogar einen zweiten Wurf Ende September geben. Viele schaffen es dann nicht mehr, für den Winterschlaf genug Fettreserven anzulegen. Denn schon die erwachsenen Tiere tun sich schwer bei der Futtersuche. »Der Igel ist ein Insektenfresser und frisst normalerweise keine Schnecken und Würmer. Das tut er aus der Not heraus«, weiß Strauss. Das Problem dabei: Schnecken und Würmer sind oft Zwischenwirte für Innenparasiten wie Lungen- und Darmwürmer, welche die Stachler zusätzlich schwächen.

»Da es leider trotz langjähriger Bemühungen immer noch keine staatliche Förderung der Igelhilfeeinrichtungen gibt, ist so eine Arbeit auf Dauer nicht ohne personelle und finanzielle Unterstützung möglich. Alleine die Kosten für Futter und Unterbringung sowie notwendige Tierarztbehandlungen beliefen sich bei den Igelfreunden Chiemsee auf rund 20.000 Euro«, informiert Strauss. Diese Summen sind aus Spenden, Igelpatenschaften sowie zum Großteil von den Mitgliedern des Vereins finanziert worden.

Der Verein hofft daher auf Unterstützung. Ehrenamtliche Helfer zur täglichen Versorgung der Tiere sind genauso gesucht wie handwerklich begeisterte Menschen zum Bau von Igelhäusern. Gartenbesitzer können ebenfalls etwas tun, in dem sie einen Igel in ihrem Garten aufnehmen. Denn nicht jedes versorgte Stacheltier kann in sein altes Zuhause zurück, etwa wenn dieses neben einer viel befahrenen Straße liegt. Spenden sind ebenfalls möglich an: Paypal: kontakt@igelfreunde-chiemsee.de; Sparkasse Traunstein, IBAN: DE957105 2050 0040 8064 81.

Weitere Infos zum Verein sowie hilfreiche Anleitungen zum Umgang mit Igeln gibt es auf der Internetseite der Igelfreunde Chiemsee.

Den ganzen Artikel finden Sie in der heutigen Ausgabe des Traunsteiner Tagblattes.

Milch ist tabu: Igel sind laktoseintolerant

Hat man einen Igel in seinem Garten gefunden, der offensichtlich verletzt oder deutlich geschwächt ist, sollte man ihn einfangen und in eine Schachtel setzte, informiert Sophia Strauss. »Am besten Handschuhe anziehen oder ein Handtuch nehmen.« Ist der Findling am Bauch kalt, sollte man ihn zuerst aufwärmen, indem man ihn auf eine handwarme, mit einem Handtuch umwickelte Wärmflasche setzt. Bis er wieder warm ist, soll man den »Patienten« nicht füttern. Finden sich am Igel Fliegeneier, müssen diese unbedingt zuerst entfernt werden, ehe er auf die Wärmflasche darf. Zum Fressen sollte der Igel dann hochwertiges Katzenfutter bekommen. »Keine Milch oder Milchprodukte, das kann tödlich sein. Igel sind laktoseintolerant. Der größte Fehler wären Haferflocken mit Milch.« Auch Obst, Gemüse und Getreide sind tabu. »Ein Igel braucht Proteinnahrung. Knabbert mal einer an einem Apfel, sucht er darin einen Wurm oder hat Durst.«

Einen ausführlichen Erste-Hilfe-Notfallplan gibt es auf der Internetseite der Igelfreunde. Dort gibt es auch alle wichtigen Kontaktdaten. Telefonisch sind die Igelfreunde zudem unter Telefon 08642/6120 erreichbar.

Wichtig ist, den Igel nicht zu Hause aufzupäppeln. »Ich hatte es damals selbst versucht und musste nach einer Woche feststellen, dass das nicht klappt«, erinnert sich Strauss an ihren ersten Pflegeigel. »Man braucht unglaublich viel Erfahrung, Fingerspitzengefühl und vor allem Zeit.«

Besonders wichtig sei, dass die Menschen einfach über ihre stacheligen Mitbewohner im Garten informiert werden. Viel Leid der Igel könne einfach vermieden werden. »Je mehr die Leute selber wissen, umso weniger Arbeit haben wir.«

pk