Dorothea Steinbacher ging zunächst auf die Geschichte des Kirchenstandorts ein. Bereits seit der Bronzezeit ist das Gebiet um die Streichenkirche herum besiedelt. Die Kirche ist erstmals 1440 erwähnt. Aus dieser Zeit stammen auch zwei Schnitzfiguren der Heiligen Petrus und Nikolaus sowie großflächige Seccomalereien, die in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts bei verschiedenen Renovierungen wieder offengelegt wurden.
Die Streichenkirche steht in Verbindung mit der Streichenburg, die bereits im 12. Jahrhundert etwa 200 Meter östlich der Kirche entfernt stand. Durch die vorbeiziehenden Säumer ist vermutlich auch der Name »Streichen« entstanden, erklärte Steinbacher, »streichen« im Sinne von »umherziehen«, im Wort »Landstreicher« ist die Bedeutung noch enthalten.
Ursprünglich war die Streichenkirche ein viereckiger Raum, der im 16. Jahrhundert erweitert wurde.Als Baumaterial dienten die Steine der mittlerweile abgerissenen Streichenburg. Der Kirchenpatron Servatius stammte aus dem belgischen Tongern und wurde als Bischof im benachbarten holländischen Maastricht bestattet.
Kirchenpatron Servatius ist mehrmals in der Kirche dargestellt – etwa auf dem rechten Fenster im Altarraum, das genauso wie das linke original aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts stammt und somit eine Seltenheit darstellt. Auch im gotischen Hochaltar aus dem Jahr 1524, der 1667 durch einen barocken Altar ersetzt, aber 1954 wieder im Original aufgestellt wurde, sind neben Bischof Servatius die beiden Bischöfe Dionysius und Wolfgang mit ihren Attributen zu sehen.
»Der größte Kirchenschatz am Streichen ist der kleine Kastenaltar, ebenfalls im Zentrum mit der Figur des heiligen Servatius.«, sagte Steinbacher. Umgeben ist der Patron von den Heiligen Sebastian (mit Pfeilspitzen) und Laurentius (mit Rost) aus der Zeit um 1410.
Wie bereits bei der ersten musikalischen Kirchenführung am Westerbuchberg wurden auch diesmal die Erklärungen und Geschichten Steinbachers immer wieder von treffend ausgewählten Werken des Chors unterbrochen.
»Locus iste a deus factus est« und »In S. Angelum custodem« von Anton Bruckner, das Abendlied aus der Oper Hänsel und Gretel von Engelbert Humperdinck, der Friedenskanon »Da pacem domine« von Melchior Franck, »Angel wopijaschtsche« von Modest Mussorgsky oder das »Ave verum« von Wolfgang Amadeus Mozart oder ein Servatius-Lied aus den Niederlanden waren passend ausgewählt und überzeugend vorgetragen von »Il Coro Nuovo«.
Die nächste Kirchenführung ist am Donnerstag, 21. Juli erneut in Schleching in der Kirche Raiten. Beginn ist jeweils um 20 Uhr, der Eintritt ist frei. Die für diesen Donnerstag geplante Führung in der Wallfahrtskirche Sankt Kolomann in Tengling entfällt krankheitsbedingt.
az