Der Lärm, der von der durch Übersee führenden Bahnstrecke München–Salzburg ausgeht, ist ein stark diskutiertes Thema. Die aktuelle schalltechnische Untersuchung vom Januar 2021 zeigt derzeit 89 Wohneinheiten im Gemeindegebiet auf, in denen zum Beispiel die Grenzwerte in der Nacht für ein Wohngebiet von 54 dB überschritten werden
Lärmschutz soll es auf zwei Wegen geben, einmal durch aktiven Lärmschutz wie Lärmschutzwände oder leisere Züge, zum anderen durch passive Maßnahmen an den betroffenen Gebäuden selbst, etwa durch Schalldämmung und Schallschutzfenster. Förderfähig für passiven Schallschutz sind Gebäude, die vor 2015 gebaut oder im Gebiet eines vor 2015 erlassenen Bebauungsplans vorgesehen sind.
Auf der Grundlage der schalltechnischen Untersuchungen plant die DB Netz AG zwei Lärmschutzwände im Ortskern, informierte Bernhard in seiner Präsentation. Auf der nördlichen Seite der Bahnstrecke beginnt sie etwa 100 Meter vor der Straßenüberführung Luft und endet nach 650 Metern ungefähr 40 Meter vor der Eisenbahnüberführung über die Feldwieser Straße. Einen Kilometer lang ist die Lärmschutzwand auf der nördlichen Seite der Bahnstrecke geplant. Sie beginnt an der Straßenüberführung Luft und endet am Parkplatz an der Bahnhofstraße. Die Wandhöhe beträgt drei Meter. Die Kosten für diesen aktiven Schallschutz übernehmen Bund und Bahn.
In einer zweiten Bauphase soll nach Planung der DB Netz AG den Eigentümern der Gebäude, in denen der Lärmgrenzwert trotz Lärmschutzwand überschritten wird, passiver Schallschutz angeboten werden. Auszugehen ist dabei ausschließlich von Räumen, die zum längeren Aufenthalt gedacht sind, zum Beispiel Wohn- und Schlafzimmer. Soweit die Voraussetzungen für den passiven Schallschutz gegeben sind, werden die zu 75 Prozent aus Bundesmitteln gefördert. Bemessungsgrundlage ist das kostengünstigste Angebot. Alles was über diesen Kostenanteil hinausgeht – das können auch Sonderwünsche des Eigentümers sein –, geht zu seinen Lasten, sagte Bernhard. Den Auftrag für den passiven Lärmschutz erteilt der Hauseigentümer, der Bund beteiligt sich mit der Zahlung.
Bernhard beschrieb auch den Aufbau einer Lärmschutzwand. Auf ein Aluminiumprofil sind Lärm absorbierende Faserdämmplatten aufgebracht und mit Lochblech verkleidet. Außerdem gibt es transparente Wandteile, die aber laut Bernhard den Schall nicht so hoch absorbieren.
Die Vorarbeiten sollen im Jahr 2025 beginnen, die Schutzwände im Laufe des Jahres 2026 errichtet werden. Erforderliche passive Maßnahmen sind für das Jahr 2027 angedacht.
Abhängig ist das Ganze davon, dass die Überseer Bürger und die Gemeinde das möchten. Und da steht nach wie vor – so ist das Meinungsbild auch im Gemeinderat – die Sorge um die optische Wirkung der hohen Wände im Tourismusort der Sorge um die Gesundheit der dem Lärm ausgesetzten Bürger gegenüber.
Deshalb kam auch die Frage aus dem Gemeinderat, ob sich Übersee allein auf passive Lärmschutzmaßnahmen beschränken könne. Das ist möglich, sagte Bernhard. Wer aber passiven Lärmschutz plane, solle zuerst die verbindliche Zusage der Ausgabenerstattung einholen. Bürgermeister Herbert Strauch (FBL) riet zur sorgfältigen Abwägung. Während eine Lärmschutzwand auch Außenflächen wie Gärten und öffentliche Bereiche schützt, wirke passiver Lärmschutz nur punktuell für Räume.
Auf Nachfrage bestätigte der Bahnmitarbeiter, dass es für touristische Gemeinden und besondere Objekte Zuschusszuschläge geben werde. Transparente Wandteile hält Bernhard für Übersee möglich, aber »sicher nicht durchgehend« über die ganze Lärmschutzwand. »Deshalb sind wir auf Vorschläge angewiesen, wo die Wände transparent werden sollten.«
Angesichts der unterschiedlichen Positionen zwischen Gesundheitsschutz und Tourismusbild riet Marco Ehrenleitner (CSU), die Bevölkerung in besonders hohem Umfang einzubeziehen. »Das ist der Plan«, sagte Bürgermeister Strauch. Er hatte an der Online-Vorstellung des Projekts zum Lärmschutz der Bahn in der Gemeinde Bernau vor wenigen Tagen teilgenommen und berichtete, dass unter anderem die Bürger über den parallelen Chat Fragen stellten und sich an der Diskussion beteiligten. Es seien keine Fragen offen geblieben. So etwas wünscht sich Strauch auch für Übersee. »Mit etwas Vorlauf ist eine solche Präsentation auch in Übersee möglich«, sagte der Bahnmitarbeiter.
Stefan Haneberg (GfÜ) warnte. »Wenn wir die ganze Gemeinde einbeziehen, wird sich die Mehrzahl gegen eine Lärmschutzwand entscheiden, weil für sie dasoptische Bild maßgeblich ist.« Doch bei genauem Hinsehen gehe es hier nicht um Geschmacksfragen, sondern um handfesten medizinischen Schutz derjenigen, die dem Lärm ausgesetzt sind.
Vor dem Hintergrund ähnlicher Wortbeiträge in der Diskussion reduzierte Bürgermeister Strauch den Beschlussvorschlag auf den ersten Punkt. Der Gemeinderat beschloss einstimmig, eine Informationsveranstaltung der Bahn durchzuführen. Den weitergehenden Beschluss für einen Fragebogen an die Bürger fasste der Gemeinderat noch nicht. Er plant formlos im Rahmen der kommenden Gemeinderatssitzung einen Fragebogen zu entwickeln, der den unmittelbar vom Bahnlärm und einer Lärmschutzwand Betroffenen und ihrer Gesundheit einen höheren Stellenwert einräumt.
lukk