In ihren jüngsten Sitzungen befassten sich Planungs- und gestern auch Bauausschuss mit dem Bauantrag des neuen Eigentümers der Anwesen Marienstraße 3 und 3a (Teppichhandel bis einschließlich Goldstube). Am Ende entschieden beide Gremien (bei je zwei Gegenstimmen), dem Stadtrat die Aufstellung eines Bebauungsplans zu empfehlen – nicht zuletzt um die geplante teilweise Nutzung des Erdgeschosses für Stellplätze zu verhindern.
Marienstraße zeitnah als Einkaufsstraße beleben
Einig war man sich, dass die Marienstraße zu einer attraktiven Einkaufsstraße werden soll. »Die Stadt ist bereit, sowohl planerisch als auch bezüglich einer neuen Nutzung und Gestaltung des Verkehrsraums aktiv mitzuwirken«, heißt es im Beschlussvorschlag. Und mit den Grundeigentümern sollen weitere Gespräche geführt werden, um eine gemeinsame Planung zu erreichen.
Bauherr Jochen Gneuß von der Planungsgruppe Strasser (PLG) will demnach den Gebäudeteil mit Modegeschäft und Goldstube inklusive des Anbaus an das Nachbaranwesen Marienstraße 5 sowie auch den vorderen Arkadenteil des Teppichgeschäfts abreißen und ein neues Wohn- und Geschäftshaus mit Tiefgarage bauen. Geplant sind demnach »ein Laden und ein Lädchen«, wie Bernhard Glaßl von der Stadtverwaltung im Planungsausschuss erklärte, Büroflächen, eine Praxis und 17 Wohnungen (drei davon gibt es schon).
Neben den laut Verwaltung 17, laut Investor 21 Parkplätzen in der Tiefgarage sind im Hof weitere 18 (23) Stellplätze geplant – anzufahren über die Marienstraße. Vier Stockwerke plus ein zurückgesetztes fünftes Geschoß (Penthouse) würden etwa so hoch wie die Bäckerei Kotter.

Da es bisher keinen Bebauungsplan gibt, wäre das Vorhaben nach § 34 Baugesetzbuch zulässig, »wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung ... in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt«, heißt es im Baugesetzbuch. »Wir könnten es so nicht ablehnen«, erklärte Bernhard Glaßl, »das könnten wir nur, wenn wir einen Bebauungsplan aufstellen.«
»Es geht heute also um die Weichenstellung für die nächsten Jahrzehnte«, sagte dazu im Planungsausschuss Stadtplaner Elmar Schwäbisch. »Die Wiederbelebung der Marienstraße gelingt nur, wenn alle Akteure zusammenarbeiten und dafür war die Chance nie größer als jetzt.« Ein Teil der neuen Fassade solle die Stellplätze dahinter verdecken mit »'Schein-Schaufenstern', das bringt keine Frequenz«, so Schwäbisch. »Ich appelliere dringend, diese Fehlentwicklung zu vermeiden.«
Ein bis zwei Parkplätze an der Marienstraße weniger
Einen Präzedenzfall sah Burgi Mörtl-Körner (Grüne) im Planungsausschuss. Ihre Frage, wie viele Stellplätze auf der Marienstraße für die Zufahrt zum Hof wegfallen, beantwortete Bernhard Glaßl auf Anfrage des Traunsteiner Tagblatts mit »ein oder zwei«. Auch in einer Tiefgarage könnte man mit Duplex-Stellplätzen arbeiten, um die ebenerdigen Parkplätze vermeiden und doch noch einen dritten Laden bauen zu können. Oberbürgermeister Christian Kegel verwies auf die Stellplätze am Karl-Theodor-Platz, die weniger als 100 Meter weit weg seien.
Josef Kaiser (UW) sah das anders: »Seit 30 Jahren haben wir den Stillstand beim Juhasz, wenn wir das jetzt nicht machen, steht's da auch 30 Jahre still, und das nur wegen des Arguments von zwei statt drei Läden.«
Dritte Bürgermeisterin Waltraud Wiesholler-Niederlöhner (SPD) meinte: »Ich halte nichts davon, wenn die Schaufenster nur Deko sind mit nichts dahinter.« Auch sie war für einen Bebauungsplan, um mehr Möglichkeiten zu haben. »Mit dem neuen Besitzer, der ja vom Fach ist, kann man sicher reden.«
Karl Schulz (CSU) sprach von zwei Investoren – einem, der etwas tun will und einem, der nicht kooperieren wolle. Die Nachverdichtung der Baumasse gehöre eindeutig in die Innenstadt und nicht etwa an die Chiemseestraße, wo er sie für einen Frevel halte. »Und wir können das Parkproblem nicht über den KarlTheodor-Platz lösen.«
»Das Nadelöhr ist die Zeit«, so Dr. Christian Hümmer (CSU). »Vielleicht gäbe es ja eine Lösung, wenn man dem Investor eine Genehmigung nach § 34 in Aussicht stellt, wenn er dafür nach unserer Gestaltung baut.«
Gestern im Bauausschuss stellte sich Stefan Namberger (CSU) hinter den Investor: »Wenn ich sag, ich wart auf den Juhasz-Besitzer, wie lang soll das gehen? Auf den wart ich jetzt 30 Jahre.« Und Josef Kaiser ergänzte: »Ob jetzt hinder dem Schaufenster Parkplätze sind oder ein Geschäft, kann uns doch wurscht sein. Da entwickelt sich was, das würden wir jetzt gefährden.« Denn eine Gesamtentwicklung der Marienstraße gebe es nur mit dem Eigentümer des Juhasz-Gebäudes. »Kurze Verzögerung ok, aber nochmal 30 Jahre Stillstand, das geht nicht.«

Vorn Laden, hinten Duplex?
Thomas Stadler (Grüne) meinte, »wir müssen ja nicht alle Parkplätze im Hof ablehnen, aber für etwa vier Parkplätze sollten wir doch eine andere Lösung finden, um einen Laden zu ermöglichen.« Auch Ernst Haider war für einen Kompromiss: »Vorn Laden, hinten Duplex-Stellplätze, das wär schon sehr positiv. Noch ein Laden mit 100, 150 Quadratmeter würde sicher mehr Frequenz bringen.« Er appellierte, nochmals mit dem Investor zu reden.
»Uns ist es um eine Grundsatzentscheidung gegangen, 'was machen wir mit der Marienstraße«, ergänzte Glaßl. Nach Peter Forsters (SPD) Hinweis, er fände auch erneute Gespräche sinnvoll, stimmte auch der Bauausschuss letztlich mit fünf zu zwei Stimmen für die Aufstellung eines Bebauungsplans.
»Dann haben wir einen zweiten Juhasz«Jochen Gneuß von der Planungsgruppe Strasser kann die Aufregung um seine Parkplätze im Erdgeschoß nicht verstehen
»Damit wär ich mit der Marienstraße vorerst raus«, sagt Jochen Gneuß von der Planungsgruppe Strasser zu den Plänen der Stadt, für die Marienstraße einen Bebauungsplan aufzustellen. Er gehört zu den Investoren, die die Gebäude Marienstraße 3 und 3a teilweise abreißen und ein neues Wohn- und Geschäftshaus bauen wollen – »weil wir für unsere Mitarbeiter ein neues Büro brauchen. Aus dem jetzigen an der Äußeren Rosenheimer Straße müssen wir 2022 raus.«
Man habe sich bewusst für die Innenstadt entschieden, denn zum Beispiel Geschäfte und Cafés seien weiche Standortfaktoren, um gutes Personal halten und neues gewinnen zu können.
»Da heißt es, wir sollen sparsam sein mit den Flächen. Dann müssen wir doch die Innenstadt in die Höhe entwickeln. Wenn ich auf die grüne Wiese baue, sind das schnell mal 3000 Quadratmeter.« Bei einem Rundgang sei man auf bestimmt 20 Punkte gestoßen mit Höhen wie der von ihm angestrebten mit vier Vollgeschossen und einem zurückgesetzten Penthouse, »das man von unten gar nicht sieht«.
Im Bestand blieben drei Wohnungen, eine Praxis und der Teppichladen erhalten. Im Erdgeschoß werde sich nur die Fassade ändern, »der Teppichladen wird sogar größer als bisher, denn die jetzigen Arkaden werden dem Laden zugeordnet«, so Gneuß weiter. Und natürlich brauche man genug Parkplätze auf eigenem Grund. 23 Stellplätze seien daher im Erdgeschoß vorgesehen.
Das neue Gebäude werde im ersten Stockwerk durchgängig vom Teppichladen bis zum Hörgeräte-Akustiker reichen, im Erdgeschoß sind die Zufahrten zur Tiefgarage (siehe oben stehende Grafik) und zum Parkplatz im Erdgeschoß vorgesehen.
»Was will die Stadt denn?« fragte Gneuß deutlich verärgert auf Anfrage des Traunsteiner Tagblatts. »Wir bauen 750 Quadratmeter Bürofläche für unsere 40 Mitarbeiter, denen wir super Arbeitsplätze bieten, wir zahlen Gewerbesteuern, bauen eine Tiefgarage mit 21 Parkplätzen, zwei Aufzüge und schaffen 14 barrierefreie Wohnungen von 50 bis 130 Quadratmeter Größe. Die vermieten wir selbst, das sind keine Spekulationsobjekte. Ich hab hier jede Menge Anrufe von Interessenten dafür.«
Den von der Stadt geforderten dritten Laden müsse man zudem erst mal vermieten könne. »Dem Handel setzt doch das Internet zu, das ist gar nicht so einfach, neue Mieter zu finden.«
Die geforderte Aufstellung eines Bebauungsplans werfe seine Planungen um fünf bis zehn Jahre zurück bei so vielen beteiligten Anwohnern. »Dann müssen wir halt leider doch woanders bauen, und das muss nicht in Traunstein sein. Das mein ich jetzt gar nicht als Drohung, aber uns sitzt schlicht die Zeit im Nacken.« Für das jetzige Gebäude bedeute das jahrelangen Stillstand. »Das kann ich auch so gar nicht mehr vermieten. Es ist baufällig, da sind Strohböden und Nachtspeicheröfen drin. Tut mir leid, aber das wird dann ein zweiter Juhasz.«
coho