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Betrüger melden sich per SMS und E-Mail oder rufen an, um einen hohen Gewinn vorzugaukeln. Letztlich wollen sie die scheinbar glücklichen Gewinner aber nur um ihr Geld bringen.

Vermeintliche »Glücksfee« will Senior abzocken

Traunstein – Wer würde da nicht »Ja« sagen: Einen Gewinn über 39.000 Euro kassieren und dafür lediglich eine Gebühr von 900 Euro zahlen – ein Reingewinn von 38.100 Euro. Doch was sich anhört wie ein guter Handel, ist in Wahrheit eine dreiste Betrugsmasche.


Reinhard Mühlbauer aus Traunstein erhielt vergangenen Freitag einen Anruf. Eine freundliche Dame informierte ihn, dass er bei einem Onlinegewinnspiel den zweiten Preis gewonnen hätte – die stolze Summe von 39.000 Euro. »Zunächst habe ich das noch nicht mal ausgeschlossen«, sagt der 73-Jährige im Gespräch mit unserer Zeitung, »ich mache häufiger online bei Umfragen mit, da wird ja mit einer automatischen Teilnahme an einem Gewinnspiel gelockt.« Sehr schnell wurde dem Traunsteiner aber klar, dass da etwas nicht stimmen kann. Denn: »Angeboten wurde mir, dass mir am Montag darauf der Gewinn in bar vorbeigebracht werden soll. Und erst nachdem mir der Gewinn ausgehändigt worden sei, müsste ich eine Verwaltungsgebühr von 900 Euro zahlen.« Wie sollte das funktionieren, fragte sich der Senior, dem die bekannte Masche »erst Geld überweisen, dann den vermeintlichen Gewinn erhalten« bekannt war. Aber erst den versprochenen Gewinn über 39.000 Euro in bar erhalten und dann etwas zahlen, das erschloss sich Mühlbauer einfach nicht. Doch sein Interesse war geweckt, er wollte hinter die Masche kommen. Die vermeintlichen »Glücksboten« wollten sich am Montag nochmals melden. Der 73-Jährige verständigte daraufhin die Polizei.

Dort ließ man ihn wissen, dass es sich definitiv um eine Betrugsmasche handele. Man verblieb dabei, sich auf dem Laufenden zu halten. Martin Emig, Pressesprecher am Polizeipräsidium Oberbayern Süd in Rosenheim, bestätigt auf Nachfrage, dass es sich bei dieser Betrugsmasche »grundsätzlich um nichts Neues« handelt. »Der Blumenstrauß an Betrugsvarianten ist inzwischen so groß und so breit angelegt, dass sie nicht mehr nur ältere Menschen betreffen können, sondern grundsätzlich jeden«, betonte Emig. Täuschen lassen dürfe man sich auch nicht, wenn die im Display angezeigte Nummer vermeintlich aus dem Wohnort des Opfers oder aus Deutschland stamme. »Die Betrüger nutzen hier sogenanntes ID-Spoofing, hier werden die Rufnummern so manipuliert, dass eine regionale Rufnummer vorgegaukelt wird. Derweil sitzen die Betrüger in einem Callcenter in der Türkei oder auf den Seychellen«, warnt der Polizist. Die Betrüger daher zu fassen, sei laut Emig fast unmöglich.

Wo die Betrüger von Reinhard Mühlbauer sitzen, lässt sich anhand der Nummern nicht herausfinden. Jedenfalls erhielt der Senior am Montagvormittag erneut einen Anruf. »Es wurde mir erneut versichert, dass ich erst nach der Geldübergabe die Gebühr zahlen müsse. Allerdings hieß es nun, sie dürften aus rechtlichen Gründen kein Bargeld annehmen, er könne also nicht einfach 900 Euro vom Bargewinn abzwicken«, beschreibt es Mühlbauer. Stattdessen sollte er Geschenkkarten von »Google Play« kaufen. Neun Stück im Wert von je 100 Euro. »Die freundliche Dame am Telefon wies mich sogar noch darauf hin, dass ich diese Karten in jedem Supermarkt oder an der Tankstelle kaufen könnte«. So schildert es Mühlbauer, der nicht wusste, was »Google Play Cards« sind, und daher immer noch nicht verstand, wie der offensichtliche Betrug ablaufen sollte.

Er gab vor, die Karten zu besorgen, die nette Dame wollte sich eine Stunde später nochmals melden, um die Details für die Gewinnübergabe zu besprechen. Die Zeit nutzte Mühlbauer, der nie vorhatte, die Karten zu kaufen, um über die Google Play Geschenkkarten im Internet zu recherchieren. Auf der Startseite von Google Play wurde er sofort auf Betrugsmaschen mit den Geschenkkarten hingewiesen. Dort heißt es: »Wenn Sie aufgefordert werden, mit einer Google Play-Geschenkkarte Artikel außerhalb von Google Play zu kaufen und zur Zahlung den Code anzugeben, besteht die Möglichkeit, dass Sie es mit einem Betrüger zu tun haben.« Der Trick dabei: Jede Geschenkkarte hat einen Code, den man benötigt, wenn man den Geldwert der Geschenkkarte etwa für den Kauf einer App oder eines Online-Spiels abrufen will. Genau auf diesen Code sind die Betrüger aus. Daher ist auf der Internetseite von Google Play auch der unmissverständliche Hinweis zu lesen: »Auch die unmissverständliche Warnung ist dort zu lesen: »Geben Sie den Code auf der Rückseite einer Geschenkkarte niemals an Dritte weiter.«

Mühlbauer prägte sich das ein und wartete gespannt auf den Rückruf. »Die nette Frau wollte dann wissen, ob ich die Karten besorgt habe, und ließ sich sogar das Aussehen beschreiben, und dann wollte sie die Codes auf der Rückseite wissen. Das seien angeblich Überprüfungsnummern der Bundesbank, um die Echtheit zu prüfen.« Als Mühlbauer sagte, er sei aber darauf hingewiesen worden, diese Nummern keinesfalls herauszugeben, wollte die Anruferin den Senior beschwichtigen und überreden. Doch Mühlbauer – der ja keine Karten und damit keine Codes besaß – wollte nicht nachgeben. »Dann sollte ich mit dem Geschäftsführer verbunden werden, der mir das nochmals genau erklären sollte, da habe ich aufgelegt«, sagt der 73-Jährige. Die weiteren Anrufe der Betrüger ignorierte er. Schaden ist ihm glücklicherweise keiner entstanden, doch künftig will er noch wachsamer sein, wenn wieder die »Glücksfee« anruft.

Das von Mühlbauer beschriebene Vorgehen der Betrüger ist nach Angaben der Polizei typisch: »Die Täter fordern ihre Opfer dazu auf, Prepaid-Karten für Online-Käufe, wie zum Beispiel paysafecard, google play oder andere Geldwertkarten zu erwerben. Diese Karten gibt es als Gutscheine an vielen Tankstellen sowie in Einzelhandelsgeschäften. Mit dem Gutschein erhält der Käufer eine individuelle Nummer (PIN) oder einen Code. Diese Nummer ist quasi Bargeld, denn wer sie hat, kann damit im Internet einkaufen. Deshalb erfragen die Betrüger unter einem Vorwand die Gutschein-Nummer bei ihren Opfern, um damit im Internet auf Einkaufstour gehen zu können.«

Die Polizei rät: »Machen Sie sich bewusst: Wenn Sie nicht an einer Lotterie teilgenommen haben, können Sie auch nichts gewonnen haben. Geben Sie niemals Geld aus, um einen vermeintlichen Gewinn einzufordern, zahlen Sie keine Gebühren oder wählen gebührenpflichtige Sondernummern«. Und im Zweifelsfall: einfach auflegen. Weitere Infos zu verschiedenen Betrugsmaschen gibt es unter www.polizei-beratung.de.

vew

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