Die Hintergründe erläuterte der 16-jährige Luca Barakat aus Marquartstein: »Eine Großdemonstration erschien uns angesichts der aktuellen Corona-Inzidenzen nicht angemessen. Rückblickend hat sich gezeigt, dass wir durch die zahlreichen Kontakte bei unserem Protestcamp auch sehr viele interessierte Menschen erreicht haben und mit ihnen über Klimaschutz diskutieren konnten.«
Bei der Übernachtung auf Samstag im Pavillon auf dem Stadtplatz mussten die jungen Leute bei Temperaturen um den Gefrierpunkt die Zähne zusammenbeißen. »Zum Glück hatten wir genügend Decken und Schlafsäcke dabei«, sagt Clara Angele. Überraschend auftauchende Unterstützer versorgten die Umweltaktivisten mit viel Zuspruch und Anerkennung, heißem Tee, Gepäck oder Pizzabrot. Aber auch Beschimpfungen wie »Öko-Terroristen« oder »Schulschwänzer, die die Gesellschaft unterwandern«, mussten sich die jungen Leute anhören. »Das zeigt nur, dass wir einen Nerv getroffen haben«, sagt Luca Barakat.
Obwohl aktuell Themen wie der Ukraine-Krieg, steigende Energiepreise und die Inflation in den Vordergrund drängen, »dürfen wir die Klimakrise und ihre Auswirkungen auf die Menschheit nicht aus den Augen verlieren«, erklärt Franzi Eder.
Wie man eine Fülle von Fakten und Zusammenhängen rund um das Thema Klimakrise in Kooperation mit 250 Wissenschaftlern gut lesbar auf den Punkt bringen kann, zeigt das Buch »Die Klimalösung« der beiden Studenten David Nelles und Christian Serrer. Aus ihm las Clara Angele Passagen vor, um dann darüber mit den Zuhörern ins Gespräch zu kommen. »Das ist eine wichtige Grundlage für uns, um auf der Basis wissenschaftlicher Fakten miteinander diskutieren zu können«, meinte die Aktivistin Sarah Kindler.
Schlüsselergebnisse einer Studie des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt und Energie standen am Samstag im Mittelpunkt eines Workshops über die Grundlagen des Klimawandels. In der Untersuchung geht es um die Frage, welchen Beitrag Deutschland zur Einhaltung der 1,5-Grad Grenze der globalen Klimaerwärmung leisten kann. »Da konnten wir im Gespräch wichtige Begriffe und Grundlagen aus den Bereichen Energiewirtschaft, Industrie und Verkehr klären«, sagt Clara Angele.
Ein weiterer Workshop beleuchtete die Frage, wie Klima-Aktivismus funktioniert und welche Formen sich eignen, um Klimaschutzzielen mehr Gehör zu verschaffen. Diskutiert wurde etwa über die Wirksamkeit von Fahrrad- statt Autofahren, Aktivitäten auf Social-Media-Plattformen und im Internet, künstlerische Aktionen oder Demonstrationen, Produktboykotts oder Verkehrsblockaden und Streiks, wie sie Aktivisten der »Letzten Generation« praktizieren. »Gerade in der repräsentativen Demokratie bleibt der Aktivismus ein wichtiges Grundelement zur Meinungsäußerung«, hebt Luca Barakat hervor. Wenig Beifall fand bei den Diskussionen allerdings der Weg, sich aus Protest mit Klebstoff auf Straßen festzukleben.
Einen »beeindruckenden Teamgeist« bescheinigte Martina Wenta den jungen Leuten. Die Sprecherin des Grünen-Ortsverbands hatte die Organisation des Protestcamps ebenso wie Rudi Kreiner aus Inzell, der den Pavillon zur Verfügung gestellt hat, mit unterstützt. Nach dem guten Erfolg am Wochenende soll die Aktion eventuell im Sommer bei angenehmeren Temperaturen und ergänzt durch namhafte Referenten wiederholt werden.
Gerade in Traunstein sei das Eintreten für den Klimaschutz wichtig, sagte Wenta. Dies habe die Zustimmung von 75 Prozent der Wähler beim Bürgerentscheid gezeigt. Auch wenn das Quorum knapp nicht erreicht wurde.
eff