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Vorstandsmitglied Ruben Wend besuchte unter anderem eine noch im Rohbau befindliche Krankenstation.

Mutige Maasai-Frauen gehen Schritt zur Selbstbestimmung

Traunstein – Ugali ist ein zäh gekochter Brei aus Maismehl. Für die meisten Menschen in Tansania ist er tagein, tagaus die Hauptnahrung. Anfang des Jahres hat ein Sack Mais 30.000 Tansanische Schilling (Tshs) gekostet, etwa 12,42 Euro. Im November sind 135.000 Tshs, 55,90 Euro dafür fällig.

Putins Krieg gegen die Ukraine schlägt auch 8000 Kilometer entfernt in Tansania voll durch. Der Verein Aktionskreis Ostafrika (AKO) aus Traunstein hat sich auch in diesem Jahr für die Menschen vor Ort eingesetzt und stellt fest: Die Arbeit und vor allem Ausbildung der Menschen vor Ort zahlen sich nachhaltig aus.

Kein Mittagessen für die Kinder

Bei einem Aufenthalt im Kilimandscharo-Staat besuchte Vorstandsmitglied Ruben Wend Kambi ya Chokaa. »In der Gemeinde haben wir für die Primary School eine Wasserversorgung, einen Kindergarten und zwei Schulküchen gebaut. Täglich erhalten die 450 Schüler eine mittägliche Ration Ugali«, berichtet Wend. Seit etwa einer Woche wurde die Küche aber nicht mehr benutzt. »Die Eltern bringen keinen Mais und keine Bohnen mehr. Wir haben nichts, was wir den Kindern kochen können«, erklärt ein Lehrer.

Der Grund für die Nahrungsknappheit ist der Ukraine-Krieg. Die Menschen in Tansania schieben den Maismangel allerdings weniger auf den Krieg, sondern auf die etwa vier Wochen verspätete Regenzeit. Eigentlich sollte alles grün sein, der erste neue Mais wachsen, aber im November war es noch staubig, heiß und trocken. Das ist aber nicht die Ursache. Der Krieg in der Ukraine lässt die Preise für Mais in die Höhe schnellen. Und die Händler verkaufen ihren Mais aktuell an den Höchstbietenden, informiert Wend. Tatsächlich bekommen die Kinder seit einer Woche in der Schule nichts zu essen. Ob sie zu Hause eine Mahlzeit kriegen, ist fraglich. Die meisten Eltern haben keine Reserven mehr, um Mais zu kaufen. Trotzdem gehen die Kinder in die Schule. Die Gemeinde und die Schulleitung sind sehr engagiert, dass das so bleibt. »Ich sage im Namen des Aktionskreises Ostafrika zu, bis zum Ende des Schuljahres in zwei Monaten, Geld zum Kauf von Mais beizusteuern. Trotz der schwierigen Situation ist es ein Erfolg, dass die Menschen sich dafür einsetzen, dass die Kinder weiter in die Schule kommen, das ist eine positive Entwicklung«, berichtet Ruben Wend.

Krankenstation für die Maasai

Nach einer anderthalbstündigen Fahrt über eine Buckelpiste geht es mit dem Gemeindevorsteher in eine Krankenstation. Weil die schwangeren Frauen auf dem mehr als 25 Kilometer langen Weg zur nächsten Krankenstation immer wieder sterben oder ihre ungeborenen Kinder verlieren, haben sie Mittel gesammelt, um eine Krankenstation zu bauen. Valentino, der staatliche Vertreter Kambi ya Chokaa, versichert: »Die Besetzung der Station mit Krankenschwestern und -pflegern können wir gewährleisten. Aber die Regierung hat kein Geld für den Bau der Station.« Die Mauern standen, dann war das Geld aus. »Da kein Mensch weit und breit zu sehen ist, zweifeln wir, ob überhaupt jemand dort lebt. Wir schauen uns den Rohbau genauer an«, erzählt Wend. »Als wir herauskommen, stehen draußen etwa 50 Frauen und Kinder in den traditionellen, bunten Gewändern der Maasai. Uns ist unerklärlich, dass wir sie nicht gesehen haben, es gibt nur trockenes Gestrüpp, keine Bäume weit und breit. Aber sie sind da. Sie leben hier. Sie haben angefangen, sich selbst zu helfen.« Der Aktionskreis will sie unterstützen und für die Krankenstation Mittel sammeln. »Wir unterstützen die Eigeninitiative dieser Menschen, denn das ist eine positive Entwicklung«, erklärt das Vorstandsmitglied des Vereins.

Durch die regionale Konzentration greifen die Projekte des Aktionskreises Ostafrika ineinander, sagt Dr. Iris Kotter. Sie besucht jedes Jahr die Gemeinde Kambi ya Chokaa. Ein besonderer Zugewinn sei die Arbeit von Hilda Kimath, die die Angelegenheiten des Vereins in Tansania managt. Sie ist Chefin von »AKO Tanzania Community Support«, einer tansanischen, gemeinnützigen Organisation, über die der Verein AKO Deutschland zukünftig die inländische Kompetenz nutzen möchte. »Kimath öffnen sich die Menschen im Land, sie ist eine von ihnen und hat einen Zugang, den wir nie bekommen werden«, sagt Kotter und gibt ein Beispiel: Eine Gruppe von Massai-Frauen hat sich hinter dem Rücken ihrer Männer zusammengetan und um Hilfe gebeten. Die Männer zahlen nicht für ihre Frauen, wenn diese einen Arzt brauchen. Der Arzt der dortigen Krankenstation erklärte Dr. Iris Kotter, dass es prinzipiell für diese Fälle eine Basiskrankenversicherung gebe. Für 25 Euro im Jahr könne man eine Frau und ihre Kinder versichern. Dr. Kotter erläutert: »Unsere tansanische Mitarbeiterin Hilda hat mit dem tansanischen Arzt alle hilfesuchenden Frauen und deren Kinder namentlich erfasst. Für sie werden wir zunächst für ein Jahr die Krankenversicherung übernehmen. Damit gehen wir auch einen weiteren Schritt Richtung Selbstbestimmung und Emanzipation der Frauen – das ist mir ein großes Anliegen.« Diese mutigen Maasai-Frauen haben mit einer Tradition gebrochen und selbst für sich entschieden. Das ist eine positive Entwicklung, die der Verein unbedingt weiter unterstützen möchte.

Ausbildung zahlt sich aus

Hassan Mfangavo ist Chef des Schulamts einer angrenzenden Gemeinde. Der Aktionskreis hat ihn während seiner Ausbildung zum Lehrer unterstützt. Nach erfolgreichem Bachelor-Abschluss war er bald für zwölf Schulen verantwortlich. Mfangavo hat den Verein nun gebeten, den Fertigbau einer Schule zu unterstützen. Auch dafür haben die Eltern Geld gesammelt, weil die vorhandene Schule, ausgelegt auf 400 Schüler, inzwischen mit 1000 Schülern aus allen Nähten platzt. Das Geld für den Bau ist allerdings aufgrund des wirtschaftlichen Einbruchs während der Pandemie ausgegangen. »Hassan hat uns Pläne präsentiert und wir haben eine Lösung erarbeitet, wie man das Projekt in kleine Schritte aufteilen kann. Wir haben das Konzept einer Stiftung vorgelegt, die die Kosten übernehmen und die Schule fertigstellen wird. Das hätte es so früher nicht gegeben«, so Kotter. »Als AKO vor 35 Jahren in Tansania anfing, haben wir die Lösungen gebracht. Heute kommt die Lösung von den gut ausgebildeten Menschen vor Ort. Das ist die positive Entwicklung, die AKO unterstützen will.«

Damit diese und viele weitere Projekte auch nächstes Jahr unterstützt werden können, hofft der Aktionskreis auf Spenden auf das Konto bei der Kreissparkasse Traunstein, IBAN: DE41 7105 2050 0005 7630 99. Außerdem können sich Menschen, die den Verein aktiv unterstützen möchten, über die Internetseite mit dem Aktionskreis Ostafrika in Verbindung setzen.

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