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Traunstein
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Kleinod Lourdes-Kapelle innen völlig zerstört

Traunstein – Entsetzen herrschte am Montag nach dem Brand in der Lourdes-Kapelle (wir berichteten) in Traunstein, der das einmalige Kleinod zumindest innen praktisch vollständig zerstörte. Das Polizeipräsidium Oberbayern-Süd taxierte den Schaden in einer ersten Schätzung auf »im mittleren fünfstelligen Bereich«.


Gegen 16.35 Uhr wurde die Integrierte Leitstelle (ILS) Traunstein aufgrund der starken Rauchentwicklung verständigt. Diese alarmierte die Feuerwehr Traunstein und die Polizei. Beim Eintreffen der ersten Einsatzkräfte am Maxplatz nur wenige Minuten später stand das Innere der Kapelle bereits in Vollbrand. Der Feuerwehr gelang es rasch, die Flammen zu löschen. Dennoch wurde das Gebäude stark beschädigt, das Inventar zerstört. Verletzt wurde zum Glück niemand.

Spurensicherungen und Zeugenbefragungen

Noch an Ort und Stelle übernahm der Kriminaldauerdienst (KDD) der Kriminalpolizei Traunstein die ersten Untersuchungen. Neben Spurensicherungen wurden auch erste Zeugen befragt.

Was die Kapelle den Menschen in und um Traunstein bedeutet, wird klar bei einem Blick in unsere wöchentliche Beilage, die Chiemgaublätter, vom 11. Juli 2009: »In Traunstein gibt es so etwas wie eine geheime Anlaufstelle für Menschen in jeglicher Gemütsverfassung. Sei es im Zustand der Lebensfreude, sei es in Lebenskrisen, ausgelöst durch Krankheit des Leibes, der Seele oder durch andere widrige Umstände. Diese Anlaufstelle ist die denkmalgeschützte Lourdes-Kapelle im Herzen von Traunstein neben dem Pfarrhaus am Maxplatz«, heißt es da in einem Beitrag von Gabriele Holz.

Mittelpunkt im Innenraum sei die 1,40 Meter große, bemalte Marienstatue mit einem beleuchteten Sternenkranz als Heiligenschein, dem Nimbus. »Die aus Gips gefertigte Madonna steht erhöht, eingefügt in eine halbrund gestaltete Grotte aus Tuffstein, welche der Grotte von Massabielle in Lourdes, dem Erscheinungsort, nachempfunden wurde«.

»Unsere Liebe Frau von Lourdes, Heil der Kranken«

Dabei sei die Darstellung der Lourdes-Madonna weltweit immer gleich: »Sie trägt ein weißes Kleid, einen blauen Gürtel und einen weißen Überwurf als Mantel, der zum Teil den Kopf bedeckt. So blickt sie nach oben gen Himmel, die betenden Hände mit dem goldenen Rosenkranz umwunden; auf den Füßen ist eine Rose eingearbeitet. Ihr Titel ist: Unsere Liebe Frau von Lourdes, Heil der Kranken!«, schreibt Holz in den Chiemgaublättern.

Der Überlieferung nach erschien die Muttergottes in Lourdes 1858 zwischen dem 11. Februar und dem 16. Juli 18-mal und ließ eine heilsame Quelle entspringen. Der Ort ist heute einer der größten katholischen Wallfahrtsorte weltweit.

1886 ließen die Traunsteiner Ordensschwestern vom Institut der Englischen Fräulein (heute Kongregatio Jesu) eine Lourdes-Kapelle an der Ludwigstraße bauen. Die südliche Längsmauer war auch Teil der Mauer vor dem ehemaligen Kapuzinerkloster. Als diese im Mai 1939 wegen Straßenbauarbeiten abgebrochen wurde, wurde mit Hilfe von Spendengeldern noch im selben Jahr die heutige Lourdes-Kapelle unter Stadtpfarrer Josef Stelzle gebaut und geweiht. Die Gestaltung übernahmen damals die einheimischen Baumeister Franz Eichstädter und Hans Mitterer. Grottenbauer war Ulrich Marinek. Die Marienfigur war auch zuletzt noch das Original, das die Kongregatio Jesu damals gestiftet hatte.

Unzählige Besucher nutzten in der Vergangenheit die Kapelle zu einer kleinen inneren Einkehr im hektischen Trubel der Stadt, zündeten Kerzerl an und beteten, dankten oder baten die Muttergottes um Hilfe. Unzählige Votivtafeln kündeten von erfüllten Herzenswünschen.

»Da drin ist wirklich alles schwarz«, berichtet Maria Lapper. Seit 26 Jahren ist sie die gute Seele der Kapelle, kümmert sich um den Blumenschmuck, das Aufstellen und Abräumen der Opferkerzen und sorgt für Sauberkeit. »Mich haben viele ältere Leute angerufen, die fragen, wie es mir geht. Das war ja doch meine tägliche Aufgabe, samstags und sonntags das Auf- und Zusperren, unter der Woche das abendliche Zusperren.« Viele Leute hätten ihr berichtet, dass die Kapelle für sie ein Zufluchtsort war. »Ich hab da schon viele Tränen gesehen, auch von Männern«, sagt Lapper.

Dass die Kapelle brannte, sei für sie jetzt nicht so arg überraschend gewesen. »Da wurde ja schon öfter mal gezündelt.« Einen konkreten Verdacht habe sie aber nicht. Doch sie hoffe sehr, dass die Kapelle wieder aufgebaut wird.

Das hofft auch Oberbürgermeister Dr. Christian Hümmer: »Als Oberbürgermeister werde ich den Wiederaufbau aus ganzem Herzen unterstützen«, erklärte er. Er sei sehr traurig, aber auch froh, dass niemand verletzt wurde. Seit Generationen hätten die Traunsteiner ihre großen und kleinen Sorgen hier vor die Muttergottes gebracht. »Schon mit meiner Oma haben wir fast jedes Mal, wenn wir 'in der Stadt waren', eine Kerze angezündet.« Ausdrücklich würdigte Hümmer den Einsatz der Traunsteiner Feuerwehr und ihres Kommandanten Christian Schulz.

Umgehend kümmern um die Wiederherstellung

»Die Pfarrei St. Oswald wird sich umgehend um die Wiederherstellung dieses besonderen Orts in der Stadtmitte kümmern«, versprach dazu Verwaltungsleiterin Elke Küblböck vom Pfarrbüro St. Oswald. »Wir sind selbst noch fassungslos, jedoch immens dankbar, dass keine Menschen verletzt wurden. Wer in nächster Zeit dennoch ein Kerzerl anzünden möchte, kann dies auch in der Stadtpfarrkirche St. Oswald tun.«

Brandursache und Höhe des Sachschadens werden derzeit noch ermittelt. Bis Genaueres feststeht, dürfte es aber noch einige Zeit dauern. So muss zunächst geklärt werden, ob die Kapelle nur neu eingerichtet werden oder ob sie gar abgerissen und neu gebaut werden muss.

coho

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