Wie berichtet, hatte der Berliner Rechtsanwalt Andreas Schulz im Juni im Auftrag eines Missbrauchsbetroffenen beim Landgericht Traunstein eine Klage auf Feststellung einer Schadenersatzpflicht erhoben. In der Prozessordnung ist das Gericht nun einen Schritt weiter: Wie Andrea Titz, Vizepräsidentin des Landgerichts und Pressesprecherin auf Anfrage mitteilte, wurde den Beklagten nun diese Klage zugestellt. Das war bisher nicht geschehen, da zunächst der Kläger den Gerichtskostenvorschuss einzahlen musste.
Jetzt haben die Beklagten innerhalb Deutschlands zwei Wochen Zeit, um bekannt zu geben, ob sie sich gegen die Vorwürfe verteidigen wollen. Der emeritierte Papst Benedikt XVI. mit Wohnsitz außerhalb Deutschlands hat dafür vier Wochen Zeit. Diese Frist wird als »Notfrist« bezeichnet, da sie nicht verlängert werden kann. Anschließend haben die Beklagten noch einmal vier Wochen Zeit, für eine »Klageerwiderung«, also um sich inhaltlich zu den Vorwürfen des Klägers zu äußern. »Diese Fristen laufen beide noch, es ist also noch nicht klar, wie das Verfahren weitergeht«, so Titz.
Nicht richtig sei, wie zum Beispiel die Süddeutsche Zeitung jetzt online berichtet hatte, dass »das Landgericht ein Vorverfahren eingeleitet« hat. Das klinge so, als hätte das Gericht das von sich aus getan, oder als sähe das Gericht den geltend gemachten Anspruch als gegeben an. Dem sei nicht so. Es handle sich vielmehr um eine rein technische Maßnahme, die mit »keinerlei inhaltlicher Bewertung der Erfolgsaussichten der Klage durch das Gericht« verbunden ist. »Ob also der geltend gemachte Feststellungsanspruch trotz Verjährung etwaiger Schadenersatz- bzw. Schmerzensgeldforderungen besteht, ist erst Gegenstand des weiteren Verfahrens. Hierzu kann derzeit logischerweise keinerlei Prognose getroffen werden«, schreibt Andrea Titz in einer Stellungnahme des Landgerichts.
Der Kläger wirft dem Ex-Priester Peter H. vor, von ihm vor mehr als 26 Jahren sexuell missbraucht worden zu sein. Den damals Verantwortlichen im Erzbistum München und Freising und dem Bistum selbst wirft er vor, den pädophilen Priester trotz der Vorwürfe und einer Verurteilung im Jahr 1986 wegen Missbrauchs mehrerer Buben weiter in der Gemeindeseelsorge eingesetzt zu haben. Erst Papst Franziskus hat Peter H. im Rahmen eines kirchenrechtlichen Verfahrens gegen ihn aus dem Klerikerstand entlassen.
Der Missbrauch an dem Kläger ist strafrechtlich verjährt. Mit der Feststellungsklage will er erreichen, dass zivilrechtlich geklärt wird, ob er einen Schadensanspruch aus dem erlittenen Unrecht hat. Es geht also um die Frage, ob die Kirche – namentlich die Bistumsverantwortlichen – konkret eine Mitschuld an den Missbrauchstaten von Peter H. tragen.
ka