Die Dritte Strafkammer mit Vorsitzender Richterin Heike Will beließ es auf Berufung sowohl des Ex-Eigentümers (50) und seines Bruders (53) als auch von Staatsanwältin Dr. Theresa Fraunhofer-Steinberger beim Ersturteil des Amtsgerichts von Ende Januar 2020, annullierte aber den Einziehungspassus.
Das alte, seit 2005 nicht mehr bewohnte Haus war bei der Schneekatastrophe im Februar 2019 zum großen Teil eingefallen. Dachtrümmer blockierten am 25. Februar vergangenen Jahres die Bundesstraße B304. Die 50 und 53 Jahre alten Brüder schlugen in den Tagen danach asbesthaltige Platten des stehen gebliebenen Wetterschutzmantels unsachgemäß herunter.
Im ersten Prozess vor dem Amtsgericht Traunstein beteuerten sie, keine Ahnung von irgendwelchen gefährlichen Stoffen gehabt zu haben. Das Gericht verurteilte die Angeklagten dennoch zu Freiheitsstrafen von sechs beziehungsweise acht Monaten, jeweils ausgesetzt auf vier Jahre zur Bewährung – wegen fahrlässigen beziehungsweise vorsätzlichen »unerlaubten Umgangs mit gefährlichen Abfällen«. Weiter entschied das Gericht, die Einziehung des Grundstücks bleibe vorbehalten (zu unserem Bericht).
Der 50-jährige Angeklagte hatte das rund 100 Jahre alte kleine Haus im November 2007 samt 685 Quadratmeter Grund erworben. Der Plan, es herzurichten, scheiterte letztlich. 2018 musste er das Areal auf Weisung der Stadt aus Sicherheitsgründen einzäunen.
Die Schneekatastrophe Anfang 2019 bedeutete den Anfang vom Ende. Die Stadt Traunstein forderte, die Einsturzstelle müsse gesichert, die noch stehende Westwand mit asbesthaltigen Platten abgetragen werden. Wegen der Asbestgefahr müsse dies durch eine Fachfirma erfolgen – so die Stadt.

Doch das hinderte den 53-jährigen Bruder nicht, eigenhändig Asbestplatten einfach von den Trägerlatten herunterzuschlagen. Stücke lagen auf dem Boden herum. Das war ein Verstoß gegen die TRGS 519, die »Technische Regel für Gefahrstoffe« für den Umgang mit Asbest.
Weitere Arbeiten verbot das Gewerbeaufsichtsamt im Februar 2019. Trotzdem wurde der 53-Jährige wieder bei Arbeiten auf dem Grundstück beobachtet. Kurz darauf ordnete das Landratsamt an, die asbesthaltigen Abfälle ordnungsgemäß zu entsorgen und Nachweise einzureichen, gefolgt von einem Bescheid im Juli 2018 auf vollständige Beseitigung der Gebäudereste.
is heute hat sich an den Zuständen auf dem Grundstück jedoch nichts geändert. Auf diesem Sachstand verhandelte nun die Dritte Strafkammer mit Vorsitzender Richterin Heike Will. Der 53-jährige Angeklagte erschien gar nicht mehr persönlich zu dem Berufungsprozess. Nach einem Rechtsgespräch nahmen alle Beteiligten ihre Berufungen zurück. Zeugen und ein Sachverständiger wurden nicht mehr angehört. Die geänderten Eigentumsverhältnisse machten die vorbehaltene Einziehung überflüssig.
Wie es mit dem Grundstück in Zukunft weitergeht, ist offen. In dem ersten Prozess wurde deutlich, dass das Staatliche Bauamt Traunstein Interesse hat, die Fläche für eine Unterführung im Zug eines Radwegs zu nutzen. Ob die Immobilienfirma dabei mitspielt – das war jetzt kein Thema. kd
Unsere bisherige Berichterstattung:
- 25.02.2019: Wohnhaus in Traunstein stürzt wegen Schneelast ein – 150 Einsatzkräfte gefordert
- 12.04.2019: Wird die Ruine zum Dauerproblem?
- 18.01.2020: Ein Jahr nach Haus-Einsturz in Traunstein: Stadt und Besitzer vor Gericht
- 29.01.2020: Eingestürztes Haus an der Salzburger Straße: Gericht legt fest, wie es weitergeht
- 07.02.2020: Juristischer Streit um Hausruine in Traunstein geht weiter – Urteil nicht rechtskräftig