Nehmen wir an, wir gehen zusammen in ein Einfamilienhaus, gebaut 1970. Wo geht die meiste Energie in dem Haus verloren?
Trotz Inkrafttreten der ersten Wärmeschutzverordnung 1974 geht bei diesen Gebäuden neben den Fenstern die meiste Energie über die größten Flächen wie Außenwände oder Dach verloren.
Gesetzt den Fall, die Heizung in dem Haus läuft mit Öl oder Gas. Welche Alternativen bieten sich an?
Wenn in einem solchen Haus nur die Heizung ausgetauscht werden soll und keine weiteren energetischen Maßnahmen durchgeführt werden, beschränkt sich die Alternative in der Regel auf eine Biomasseheizung (Pellets, Scheitholz), am besten ergänzt mit einer Solarthermieanlage oder einer Wärmepumpe mit Photovoltaikanlage, um den Brennstoffbedarf in der Übergangszeit und im Sommer zu reduzieren. Wem sich die Möglichkeit bietet, dem empfiehlt sich auch der Anschluss an ein regionales Fernwärme-/Gebäudenetz, das mit erneuerbaren Energien (Biomasse, Biogas, Geothermie) gespeist wird. Natürlich ist auch die Wärmepumpe eine gute Alternative, hier sind in der Regel aber zusätzliche Maßnahmen zur Anpassung notwendig.
Welche der alternativen Heizungen hat für Sie die größte Zukunft? Warum?
Die Wärmepumpe hat aktuell das größte Zukunftspotenzial, da hiermit erneuerbare Umweltwärme aus Luft, Erde oder Wasser genutzt wird, keine Verbrennung stattfindet und damit keine Schadstoffbelastung entsteht. Außerdem kann ein Teil des benötigten Stroms für den Betrieb der Wärmepumpe über eine eigene Photovoltaikanlage selbst erzeugt werden.
Lassen Sie uns jetzt ein Mehrfamilienhaus besuchen, gebaut 2010, angeschlossen an ein Nahwärmenetz. Wo liegen in diesem Fall die Ansätze des Hauseigentümers zum Energiesparen?
Beispielsweise durch die Senkung der Vorlauftemperaturen im Heizsystem, sodass der Nahwärmenetzbetreiber weniger Energie liefern muss. Außerdem bietet sich immer eine zeitgesteuerte Beheizung in Haus und Wohnung an, zum Beispiel mittels programmierbarer Thermostatventile oder einem SmartHome-System. So können Räume nach entsprechendem Bedarf beheizt werden – wenn das Bad beispielsweise nur eine Stunde am Tag genutzt wird, muss es nicht den ganzen Tag auf 22 Grad geheizt werden. Auch mit der Installation einer Solarthermieanlage kann der Hauseigentümer Heizkosten reduzieren, da er damit einen Teil seines Energiebedarfs selbst decken kann.
Welche Maßnahmen kann der einzelne Mieter in diesem Mehrfamilienhaus ergreifen?
In erster Linie durch sein Nutzerverhalten: kurz aber intensiv lüften, Räume zeitgesteuert beheizen, Raumtemperaturen senken, Heizkörper entlüften, Heizkörpernischen dämmen, Warmwasserverbrauch senken beispielsweise mit der Installation von Spar-Duschköpfen.
Und jetzt generell gefragt: In welchen Fällen empfehlen Sie den Bau einer Photovoltaikanlage?
In den meisten Fällen ist der Bau einer Photovoltaikanlage zu empfehlen. Photovoltaikanlagen rechnen sich in der Regel in circa zehn bis 15 Jahren, zur Zeit wohl eher in zehn Jahren – immer abhängig vom Strompreis und vom Eigenbedarf. Die Lebensdauer einer Photovoltaik-Anlage beträgt dagegen rund 30 Jahre, hat also sehr viel Potenzial. Entscheidend ist immer die Auslegung der PV-Anlage und auch des Batteriespeichers, beides muss zum Bedarf des Nutzenden passen.
Welche Rolle spielt die Solarthermie in der Zielsetzung, das Haus oder die Wohnung fit für die Zukunft zu machen?
Generell darf die Solarthermie weiter eine große Rolle dabei spielen, Haus und Wohnung fit für die Zukunft zu machen, denn die Sonne sendet keine Rechnung. Allerdings kommt es dabei immer auf die Situation an. Die Solarthermie konkurriert auf den Dachflächen immer auch mit der Photovoltaik, die mit der Stromerzeugung vielseitiger nutzbar ist, da Strom im Haus kontinuierlicher benötigt wird und bei Überschuss ins Stromnetz eingespeist werden kann. Häufig fällt die Entscheidung aus Kostengründen auf »nur« eine der beiden Varianten. Wer aber einen großen Heizenergiebedarf hat, sollte immer auch auf die Solarthermie setzen, die auch an den Gebäudefassaden angebracht sehr gute Erträge liefert.
Welches Vorgehen empfehlen Sie, wenn sich ein Haus- oder Wohnungseigentümer in der Region Traunstein entscheidet, ein Update der Energieversorgung in Angriff zu nehmen?
Als erster Schritt lohnt sich in jedem Fall der Gang zur Energieberatung der Energieagentur Südostbayern, die, getragen von den Landkreisen Berchtesgadener Land und Traunstein, kostenlos und neutral angeboten werden kann. Unsere Energieexperten informieren darüber, worauf bei der energetischen Sanierung, der Versorgung mit erneuerbaren Energien oder beim Energiesparen zu achten ist, welche Vor- und Nachteile die verschiedenen Maßnahmen mit sich bringen und welche staatlichen Förderungen genutzt werden können. Natürlich werden auch die nächsten Schritte erläutert, um Haus- und Wohnungseigentümer, aber natürlich auch Mieter bestmöglich auf ihrem Weg zu mehr Energieeffizienz zu bringen.
Gernot Pültz