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Beamter verlor vier Zähne

Traunstein – Vier Zähne verlor ein Beamter durch unvermittelte Faustattacken eines 36-jährigen Häftlings in der Justizvollzugsanstalt Bad Reichenhall. Tage später bedrohte dieser mehrere Bedienstete in der JVA Bernau. Seit Freitag sitzt der ob einer schweren psychischen Erkrankung nicht schuldfähige Mann vor der neunten Strafkammer am Landgericht Traunstein mit Vorsitzender Richterin Barbara Miller. Zunächst untersuchte die Kammer das Geschehen in Bad Reichenhall. Beim nächsten Termin am 24. März geht es um die Vorfälle in Bernau. Das Urteil könnte am gleichen Tagfolgen.


Für die Taten kann der Beschuldigte in dem Sicherungsverfahren nicht bestraft werden. Einzig die Unterbringung in einer psychiatrischen Einrichtung steht im Raum. Genaueres wird der psychiatrische Sachverständige, Dr. Josef Eberl vom Bezirksklinikum in Gabersee, noch erläutern. Laut Anklageschrift von Staatsanwalt Severin Köpnick und Staatsanwältin Sarah Hellmann ereignete sich die erste Tat am Nachmittag des 22. Juni 2022. Während der »Kostfahrt« eines Hausarbeiters, der das Abendessen austeilte, sperrte der Beamte die Zellen auf. Der 36-Jährige trat unerlaubterweise sofort heraus und schlug dem Mann in Uniform grundlos die Faust ins Gesicht. Zwei Zähne fielen zu Boden. Mehrere Personen eilten dem Vollzugsbeamten zu Hilfe. Als der 51-Jährige den Gefangenen zurück in die Zelle schieben wollte, schlug der Häftling wieder zu. Der Geschädigte büßte letztlich vier Zähne ein. Der Grund: Zwei weitere Zähne waren mehrfach gebrochen und mussten umgehend von einem Zahnarzt entfernt werden. Ein fünfter Zahn wurde schwer in Mitleidenschaft gezogen. Ob er auf Dauer erhalten werden kann, ist äußerst fraglich. Der 51-Jährige blutete damals aus dem Mund, erlitt Prellungen und erhebliche Schmerzen.

Der Beamte bestätigte im Zeugenstand den Ablauf des Geschehens. Er habe nichts getan, um den 36-Jährigen in irgendeiner Weise zu provozieren. Der Beschuldigte berief sich hingegen auf »Notwehr«. Der Beamte habe ihn im Haftraum geschubst. Dieser Darstellung widersprachen mehrere Zeugen. Der Hausarbeiter schilderte, der Mitgefangene sei sofort aus der Zelle getreten. Der Beamte habe ihn gebeten, zurück in den Raum zu gehen: »Der Beschuldigte hat dem Beamten vor der Türe sofort eine verpasst. Wir haben versucht, ihn zu beruhigen. Der Beamte hat dann vor der Zelle noch einmal eine bekommen. Den ersten Schlag hat er gut weggesteckt. Geblutet hat er nach dem zweiten.«

Der Zeuge sagte weiter aus, der 36-Jährige habe nach den Schlägen etwas von »Notwehr« erzählt und behauptet, in seiner Zelle sei eine Kamera. Man könne darauf alles sehen. Tatsächlich gebe es natürlich keine Kamera in der Zelle, betonte der Zeuge. Auf Frage von Verteidiger Andreas Penzkofer aus Taching am See hob er heraus, er habe nie Spannungen zwischen Täter und Opfer bemerkt.

Ein anderer Häftling meinte, man habe versucht, auf den Beschuldigten beruhigend einzuwirken. Ein dritter, damals mit einem Kollegen des Opfers als Hausarbeiter im oberen Stockwerk bei der Essensausgabe, hörte den Lärm und eilte zusammen mit dem Beamten nach unten. Aus drei bis vier Metern Entfernung habe er einen Faustschlag beobachtet. Ein Zahn sei zu Boden gefallen. Der 28-Jährige, wie die übrigen Augenzeugen vorgeführt von Polizeibeamten, sprach von den Bediensteten der JVA Bad Reichenhall mit höchstem Lob: »Dort sind alle Beamten sehr nett. Ich verstehe nicht, warum die Auseinandersetzung passiert ist.« Der Beschuldigte sei oft eigenartig gewesen, habe zum Beispiel von»Illuminaten« gesprochen, in seiner Zelle »Fotos von Herrn Schröder und Frau Merkl« gehabt.

Bei sechs weiteren Taten in der JVA Bernau zwischen 24. Juni und 7. Juli 2022 soll der Beschuldigte vor allem einen Hauptsekretär bedroht haben. In einem besonders gesicherten Haftraum zerstörte er laut Antragsschrift eine Sicherheitsglasscheibe.

Außerdem soll er wegen der anschließenden internen Verlegung gegen die beiden Anstaltsleiter Todesdrohungen ausgestoßen haben.

kd

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