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Mit solchen Plakaten gingen die Schüler durch die Stadt. Darauf ist erklärt, wie leichte Sprache funktioniert und für wen sie wichtig ist. (Foto: P. Mix)

Barrieren abbauen durch leichte Sprache

Traunstein – Viele Texte sind in schwer verständlichem Amtsdeutsch oder langen Schachtelsätzen geschrieben, bei denen die Leser es schwer haben, den Inhalt richtig zu erfassen. Noch schwieriger ist es für Menschen mit Beeinträchtigung. Für sie stellen solche Texte eine echte Barriere dar, die sie daran hindert an der Gemeinschaft teilzuhaben. Der Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung stellte daher dieses Jahr das Thema Barrierefreiheit in Form von leichter Sprache in den Fokus.


Die Lebenshilfe Traunstein und die Staatliche Fachschule für Heilerziehungspflege Traunstein machten gemeinsam auf dem Maxplatz auf das Thema aufmerksam. Daran beteiligten sich Mitarbeiter der Lebenshilfe und der Schule, Betreute, die von ihren eigenen Erfahrungen berichten konnten, und Schüler, die den Kontakt zu den Passanten suchten.

Susi, eine Betreute der Lebenshilfe würde sich wünschen, dass mehr Texte in leichter Sprache verfasst werden, sodass sie sie besser versteht. »Allein die Beipackzettel bei Medikamenten sind so kompliziert, kann man das nicht einfacher machen?«, fragte sie. Um zu erklären, was leichte Sprache ist, liefen Schüler der Fachschule mit Plakaten durch die Stadt und befragten Passanten, ob sie sich etwas darunter vorstellen können. Leichte Sprache bedient sich einfacher Ausdrücke und kurzer Sätze. So sei es beispielsweise für Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung leichter zu verstehen, dass »viele« Teilnehmer da waren, als wenn geschrieben würde »14 795 Teilnehmer«.

Werner Fertl, der Beauftragte für Senioren und Menschen mit Behinderung im Landkreis Traunstein, ist sich bewusst, dass auf dem Gebiet noch viel zu tun ist. »Inklusion bedeutet aber soziale Teilhabe für alle«, betont er. Bisher gebe es noch wenige Anbieter, die Texte in leichte Sprache übersetzen. Nicht nur in Behörden, auch in der Privatwirtschaft werde das Thema bisher zu wenig beachtet, obwohl es nicht nur für Menschen mit Beeinträchtigung wichtig ist. Auch für Asylbewerber und Mitbürger, die die deutsche Sprache nicht perfekt beherrschen, wären Formulare und Texte in leichter Sprache eine große Hilfe. Eine Vorbildfunktion nehme hier die Stadtbücherei Traunstein ein. Sie hat bereits einiges an Material in leichter Sprache zum Ausleihen, darunter auch Klassiker und Bücher verschiedener Genres.

Für Juliane Richter, Fachbetreuerin an der Staatlichen Fachschule für Heilerziehungspflege, war der Aktionstag auch eine gute Möglichkeit, diese neue Traunsteiner Schule bekannt zu machen. Seit September 2022 gibt es hier 25 Schülerinnen und Schüler im ersten von drei Ausbildungsjahren. Der Beruf Heilerziehungspfleger sei noch zu wenig bekannt, dabei biete er vielfältige Beschäftigungsmöglichkeiten und Perspektiven, erklärte sie.

Ein zweites Projekt am Aktionstag in der Stadtmitte war die Arbeit mit Kunst in den Räumen der Lebenshilfe an der Leonrodstraße, beim früheren Café Intreff. Die Künstlerin Christa Tauser aus Chieming versuchte dort mit Schülerinnen und Schülern der Berufsfachschule für Sozialpflege bekannte Kunstwerke in leichte Sprache zu übersetzen. Die Jugendlichen suchten sich ein Werk eines berühmten Malers aus und reduzierten es auf das Wesentliche. Sie gingen nicht zu sehr ins Detail, konzentrierten sich auf einige wenige wichtige Aspekte, wählten dazu ihre eigenen Farben aus. Dabei sollte aber das Originalkunstwerk doch noch erkennbar sein. Ein Team nahm sich »Der Kuss« von Gustav Klimt zum Vorbild und gestaltete ein wesentlich einfacheres, aber dennoch erkennbar ähnliches Bild.

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