Das Klavier auf der Bühne schien ebenso erwartungsfroh zu sein wie all die anderen Instrumente – Gitarren, eine Posaune und eine Trompete. Einige der Instrumente, die während des Bilderbuchkinos zum klangvollen Einsatz kamen, sah man noch gar nicht. Da rührte sich was, rührte sich wer – oder besser noch, es berührte wer wen. Schwer zu sagen, wer da mehr Vergnügen hatte – die auf der Bühne, die vor den detailreichen und kunstvollen Illustrationen das eigene innere Kind wiederentdeckten, oder die Kleinen, die mit großen Augen und offenen Mündern dem Bühnengeschehen folgten. Schauspieler und Regisseur Andreas Schmitz und sein Bruder, der Musiker und, wie sich zeigte, versierte Komponist Johannes Pfeiffer hatten binnen Minuten jeglicher Corona-Tristesse eine Absage erteilt und stattdessen mit den Mitteln des Theaters an- und berührende Spannungsmomente ins Studio gezaubert.
Beleuchtungstechnik, »handgemachte« und »mundgeblasene« Musik, etwa eine Maultrommel und andere aufregende Instrumente, ließen die Kinder aufhorchen. Gelesen wurde kaum, dafür aber der Originaltext zweier Bilderbücher von Schmitz gesprochen, während Pfeiffer mit Gitarre und technischem Gerät musikalische Vor-, Zwischen- oder Abspannkompositionen zum Besten gab. Fast könnte man diese »erweiterte Lesung« als veritable Bühnenfassungen mit Musik betiteln. Zum Schluss wurde sogar gesungen.
Wie k1-Chefin Anke Hellmann eingangs erklärte, hatte man »nicht irgendwelche Bilderbücher« ausgewählt, sondern mit Bedacht auf Qualität geachtet: »Auf der anderen Seitelauert was« von Jon Agee wird von Amnesty International empfohlen. Die Geschichte über die Angst vor dem Unbekannten mag auch manch‘ Großen empfindlich an der Achillesferse treffen.
Das zweite Bilderbuch, »Das verschwundene Piano« von Juha Virta und Marika Maijala, wurde als ausgezeichnetes Kinderbuch in die renommierte »White Ravens« Literaturliste aufgenommen. »Heiter, farbenfroh und wie ein Wimmelbuch«, so wird es beschrieben. In der Geschichte um das abhanden gekommene Piano eines Pianisten passiert so einiges: Als eines Morgens in Philippas Garten ein Piano steht, ist die Freude zunächst groß. Das Mädchen will darauf seine Lieblingsmelodien spielen, gerät aber mit Kater Nick und Esel Emil in Interessenskonflikt. Der Kater nutzt den Pianokorpus als Schlafplatz und der Esel zweckentfremdet das Instrument als Tisch und Sitzgelegenheit für sein Straßencafé. Am Ende kommt aber ein jeder auf seine Kosten und das multifunktionale Piano findet in einem rauschenden Konzert zum Ursprung seiner Bestimmung zurück.
So verhielt es sich auch im Bilderbuchkino, bei dem sich die im Takt klatschenden Kinder schon bald als Teil der Story fühlten und sich über das gemeinsam erlebte, theatrale Abenteuer freuten. Dass die Kinder nach dem lautstarken Applaus einfach mal sitzen blieben, passte nicht ganz in den üblichen Ablauf eines Theaterbesuchs. Die Reihenfolge »Hereinspaziert, toi toi toi, Vorhang auf, Sehen und Staunen, Schlussapplaus, Vorhang zu und ab nach Hause« scheiterte weniger am Nicht-Vorhandensein eines Vorhangs als an der Tatsache, dass das junge Publikum nach dem Klatschen einfach nicht aufstehen und nach Hause gehen wollte. War ja auch zu schön, was da geboten war, fanden auch die Großen, die die angehängte Verweilzeit zum genüsslichen Plausch nutzten.
Wer den Leseglück-Termin verpasst hat, der hat am Sonntag, 20. Februar, um 11 Uhr noch einmal die Chance, Schmitz‘ und Pfeiffers großartiges Bilderbuchkino im k1 zu genießen. Tickets und Reservierungen gibt‘s unter Telefon 08669/857444 oder online auf der Internetseite www.k1-traunreut.de.
bene