Pfarrer Stefan Hradetzky ist seit 2012 in der evangelischen Paulusgemeinde Traunreut
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Pfarrer Stefan Hradetzky ist seit zehn Jahren in der Traunreuter Paulusgemeinde. (Foto: Mix)

Pfarrer Stefan Hradetzky ist seit 2012 in der evangelischen Paulusgemeinde Traunreut

Traunreut – Pfarrer Stefan Hradetzky trat seinen Dienst in der evangelischen Paulusgemeinde Traunreut zum 1. September 2012 an. Es war seine erste Stelle als Geschäftsführender Pfarrer, nachdem er zuvor sieben Jahre zur Anstellung in Rosenheim tätig war. Er sagt zu seiner bisherigen Zeit in Traunreut: »Das waren die zehn intensivsten Jahre meines Lebens«. Und da er sich von Anfang an sehr wohl und gut aufgenommen fühlte, will er auch gerne noch eine ganze Weile bleiben.


Bei seinem Namen und der hochdeutschen Sprache möchte man es nicht vermuten, aber Stefan Hradetzky ist tatsächlich ein echter Bayer, geboren und aufgewachsen in Gräfelfing im Münchner Westen. Seine Großeltern stammten jedoch aus Schlesien und er hat den bayerischen Dialekt nie angenommen. Die Suche nach einer Pfarrstelle sei damals vor zehn Jahren nicht einfach gewesen, erinnert er sich. Mit seiner Frau Christine und den vier Buben, damals im Alter von zwei bis sieben Jahren, brauchte er ein großes Pfarrhaus und »von denen gibt es nicht allzu viele in Bayern«. Er wollte aber auf jeden Fall in Oberbayern bleiben.

Der Umzug nach Traunreut erfolgte zwar etwas verspätet, weil die Renovierungsarbeiten im Pfarrhaus Anfang September noch nicht abgeschlossen waren. Der heute 46-Jährige betont aber: »Ich habe mich schnell eingelebt und wohl gefühlt«. Rasch habe er gemerkt: »Hier ist eine lebendige Stadt und Kirchengemeinde«. In den vergangenen zehn Jahren habe er sehr viel gelernt. Als Geschäftsführender Pfarrer hat er viele Aufgaben und Arbeiten im Hintergrund, die niemand sieht, jede Menge Organisatorisches und viel Verantwortung. Im Lauf der Jahre wurde er zwangsläufig mit den unterschiedlichsten Abläufen vertraut, vor allem was die Sanierung der kirchlichen Liegenschaften betrifft. 2013 stand gleich die Umstellung auf Fernwärme an, und Stefan Hradetzky meint: »Damals war ich noch total grün und brauchte gute Berater. Inzwischen weiß ich, wie es geht«. Im Lauf der Jahre wurden eine Dreiviertelmillion Euro in die unterschiedlichsten Sanierungsarbeiten vor allem an der denkmalgeschützten Kirche gesteckt und ein Ende ist nicht absehbar.

Volle Herzen wichtiger als volle Veranstaltungen

Der Pfarrer hat auch festgestellt, dass sich die Gemeinde in dieser Dekade sehr verändert hat, generell gebe es ja immer schnellere Entwicklungen in der Gesellschaft und eben genauso in der Kirche. Stefan Hradetzky sagt dazu: »Auch die Kirche muss sich verändern, muss an der Zeit bleiben«. Es gebe in seinen Augen kein allgemeingültiges Angebot an alle Menschen, man müsse daher für jeden etwas finden, das ihn anspricht. »Der klassische Sonntagsgottesdienst ist mir sehr wichtig. Aber er ist es nur für einen Teil unserer Gemeinschaft.« Mit dem eingeführten Bandgottesdienst erreiche man darüber hinaus eine große Bandbreite an Gläubigen jeden Alters und auch die übrigen Angebote wie »Kirche in der Kneipe«, die Abendandachten »Go(o)d Evening« und andere sprächen verschiedenste Leute an.

Neben den Gottesdiensten gibt es, seit Pfarrer Hradetzky in Traunreut ist, auch die unterschiedlichsten Kursangebote zu vielfältigen Themen. Seine Frau Christine ist Religionspädagogin und unterstützt ihn dabei sehr. »Ohne meine Frau wäre vieles gar nicht möglich. Sie hält mir den Rücken frei, ohne sie geht nichts«, betont der Geistliche. Er habe schließlich eine Sechs-Tage-Woche und nicht viel Zeit für die eigene Familie. Für die Zukunft sieht Pfarrer Hradetzky große Herausforderungen auf die Kirche zukommen. Ihm selber sei aber nicht bange: »Ich sehe das ganz gelassen, hänge nicht an Strukturen.« Ihm seien einzig die Menschen wichtig, die er mit Gott zusammenbringen möchte, »wo und wie ist mir egal«. Wichtig ist in seinen Augen auch die Ökumene, die in Traunreut gut funktioniere: »Kirche ist mehr als nur unsere Gemeinde und es geht nicht allein um die evangelische Kirche. Volle Herzen sind wichtiger als volle Veranstaltungen. Wo die Leute diese finden, ist egal.«

Das Bild von Gemeinde habe sich verändert, weg von der Versorgungsgemeinde, in der der Pfarrer für alles zuständig ist, hin zur Mitmachgemeinde. Viele Ehrenamtliche in seiner Kirchengemeinde sind sehr engagiert und er freut sich über seine »mündige Gemeinde, die selber was in die Hand nimmt«. So sieht er auch die Zukunft von Kirche generell dergestalt, dass er als Pfarrer lediglich der Coach ist und die Gemeindemitglieder die Spieler auf dem Feld. In der Paulusgemeinde ist der Zusammenhalt groß. Gigantische Summen für die Renovierungsarbeiten haben die Gemeindemitglieder gespendet – insgesamt 90.000 Euro. Auch für den Jugendreferenten, der von der Landeskirche nicht finanziert wird, gaben die Gläubigen bisher 65.000 Euro an Spendengeldern.

Seit er in der Paulusgemeinde ist, hat Pfarrer Hradetzky auch die Jugendarbeit aufgebaut. Inzwischen gibt es zwei Jugendgruppen, der Kinderbereich floriert und der Konfi3-Kurs zur frühzeitigen Hinführung auf die Konfirmation kommt sehr gut an. Als eine seiner ersten Amtshandlungen hat er vor zehn Jahren die Homepage erneuert und einen Newsletter eingeführt. Inzwischen ist die Digitalisierung weiter fortgeschritten, es gibt eine eigene Gemeinde-App, Predigten online und auch einen Online-Bibelkreis. Dieser ist aus der Not in Coronazeiten entstanden, wird aber jetzt weitergeführt, weil sich dort inzwischen Teilnehmer aus der ganzen Welt mit einbringen. »Wir sind dabei nicht an Orte oder Konfessionen gebunden, jeder kann dabei sein.«

Von außen geschrumpft, aber von innen gewachsen

Vermehrte Kirchenaustritte kann Stefan Hradetzky in seiner Gemeinde in jüngster Zeit eigentlich nicht feststellen. Es gebe einen konstanten Rückgang schon seit 20 Jahren, der aber nicht zuletzt auf demografische Gründe zurückzuführen sei. »Wir sind von außen geschrumpft, aber von innen gewachsen«, betont er und freut sich, dass deutlich mehr Gemeindemitglieder mitarbeiten als zu Beginn seiner Amtszeit. Eine größere Veränderung sieht er in knapp zwei Jahren auf sich zukommen, wenn Dorothea Marien in den Ruhestand geht und es nicht sicher ist, ob die zweite Pfarrerstelle dann erneut besetzt werden kann.

Stefan Hradetzky wird auch in Anbetracht dieser Aussicht nicht bange, er ist ein sehr zuversichtlicher Mensch und sieht in Veränderungen auch immer wieder Chancen. Er hat einen sehr guten Draht zu den Menschen und stellt fest, dass er in Jeans und T-Shirt meist besser mit ihnen ins Gespräch kommt als im Talar. Er sage dann gerne: »Der Pfarrer hängt im Schrank.«

mix

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