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Das Bruderschaftsbuch aus dem Jahr 1747 ist noch vorhanden. (Foto: P. Mix)

275 Jahre Georgibruderschaft St. Georgen

Traunreut – In St. Georgen gibt es seit 275 Jahren eine Georgibruderschaft. Zweck der Vereinigung war von jeher die Verehrung des heiligen Georgs. Aus diesem Grund nehmen die Mitglieder auch stets am Georgiritt von Stein nach St. Georgen teil.


Gegründet wurde die Vereinigung 1747 von Joseph Münich. Er war bis 1750 als Pfarrvikar in St. Georgen tätig. Aus dem ersten Eintrag im Bruderschaftsbuch, das noch heute vorhanden ist, geht hervor, dass die Gründung zu »mehrerer Ehre Gottes und des heiligen Ritters und Martyrers Georgi, als des allhiesigen Pfarr-Gotteshauses Patroni« erfolgte. Der Heilige war in St. Georgen schon von jeher sehr verehrt worden. Eine Figur des Heiligen im Kampf mit dem Drachen ist an der nördlichen Wand des Langhauses der Pfarrkirche zu sehen.

Elisabeth Stadler schrieb 1997 in einer Festschrift zum 250. Jubiläum der Georgibruderschaft über die Entstehung damals: »Ein wichtiges Merkmal einer echten Bruderschaft ist die Errichtung oder Bestätigung durch den Diözesanbischof.« Einer ganzen Reihe von Bruderschaften, die damals im 17. und 18. Jahrhundert eine Blütezeit erlebten, wurde zum Beispiel aus Gründen mangelnder finanzieller Ausstattung die »oberhirtliche Errichtung« verweigert. Die Georgibruderschaft in St. Georgen verfügte aber offenbar über die erforderlichen Mittel und erfüllte auch sonst alle Voraussetzungen, denn sie erhielt die Bestätigung durch das Salzburger Konsistorium als dem zuständigen Ordinariat am 3. März 1747. Bald darauf wurde der »Rat der Bruderschaft« zusammengestellt, dem Propst Maximilian Zindl von Baumburg als Präses vorstand. Vize-Präses war Joseph Münich, Regularkanoniker von Baumburg und Pfarrvikar von St. Georgen, Präfekt wurde Joseph Maria Freiherr von Lösch, Hofmarksherr von Stein und Ritter des »bayerischen Hausritterordens vom heiligen Georg«. Eine ganze Reihe an Assistenten und Mitgliedern im Magistrat sind außerdem aufgeführt. Als Hauptfeste der Bruderschaft wurden damals das Fest des heiligen Georgs im April und Allerheiligen festgelegt. Kleinere Feste waren die vier Quatembersonntage, an denen auch die herkömmlichen Prozessionen abgehalten wurden.

Mit Quatember (von lat. ieiunia quattuor temporum »Fasten der vier Jahreszeiten«) bezeichnet man viermal im Jahr stattfindende, ursprünglich durch Fasten, Abstinenz, Gebet und Almosengeben ausgezeichnete Bußtage im Kirchenjahr der römisch-katholischen Kirche. Ihre Terminierung fällt ungefähr mit dem Beginn der vier Jahreszeiten zusammen. Heutzutage treten Mitglieder der Bruderschaft nur noch an zwei Terminen im Jahr auf: beim traditionellen Georgiritt und bei der Fronleichnamsprozession als Begleitung für das Allerheiligste.

Im Bruderschaftsbuch wurden im Laufe der Jahrhunderte immer wieder die neu aufgenommenen Mitglieder gelistet. 1907 wurde die Georgibruderschaft neu errichtet und dabei mit der ebenfalls schon seit dem 16. Jahrhundert bestehenden Allerseelen-Bruderschaft vereinigt. Im Buch ist nachzulesen: »Die Georgiusbruderschaft wurde, da die bisherigen Ablässe nicht mehr giltig waren, auf Bitten des jetzigen Pfarrers Franz Seraph Simmet am 26. April 1907 von Sr. Excellenz dem Hochwürdigsten Herrn Erzbischofe von München-Freising Franz Joseph von Stein kanonisch neu errichtet unter dem Titel: Bruderschaft unter dem Schutze des Heiligen Georgius zum Troste der armen Seelen im Fegefeuer.« Nach den Statuten hat die Bruderschaft folgenden Zweck: »Sie hat sich zur Aufgabe gestellt, ihre Mitglieder anzuleiten zu einem gottgefälligen Leben als dem besten Mittel zur Erlangung einer glückseligen Sterbestunde, nicht weniger auch den armen Seelen im Fegfeuer Trost und Hilfe zu bringen.« Außerdem sollte jedes Mitglied täglich beten.

In den Jahresrechnungen wurde akribisch festgehalten, welches Vermögen zum jeweiligen Zeitpunkt vorhanden war. 1783 waren es 1127 Gulden. Davon stammten 400 Gulden aus einer Gottesdienststiftung, der Rest wurde im Laufe der Jahre aus Kapitalzinsen, aus Kirchensammlungen bei den Gottesdiensten und aus Beitrittsgeldern, die für ein neues Mitglied sechs Kreuzer betrugen, erwirtschaftet. Ein Großteil des Vermögens wurde verwendet, um es an Bauern und Handwerker der Umgebung zu verleihen. Der Zinssatz lag damals bei vier Prozent. Neben den laufenden Zahlungen für Messen und Prozessionen hatte die Bruderschaft auch Ausgaben für den Erwerb und die Instandhaltung ihrer Ausstattung. Dazu gehören eine Georgsreliquie, Tabernakel, Monstranz, Bruderschaftsfahne, Fahne des Georgiritters, Bruderschaftsstäbe, Bruderschaftsgewänder, Bruderschaftsschrank, Bücher und Dokumente. Noch heute tragen die Mitglieder beim Ritt und an Fronleichnam die Gewänder und Stäbe als Zeichen ihrer Bruderschaft. Aus der Schilderung des Georgiritts aus dem Jahre 1883 geht hervor, dass die Bruderschaft »in langen weißen Talaren mit roter Verbrämung, roten Schulterkreuzen und mit Pilgerstäben in der Hand« dem Ritt entgegenzogen, so wie es noch heute der Brauch ist. Die Stäbe trugen ähnlich den Zunftstangen Schilder mit verschiedenen Motiven. In der Jahresrechnung 1846/47 ist vermerkt, dass an den Maler von Altenmarkt für zwei »neugefaßte Bruderschaftsstecken 5 Gulden 36 Kreuzer« zu zahlen waren. 1995 erfolgte die Renovierung der Stäbe durch den Georgiverein.

Immer um den Georgitag, den 23. April, wurde das Bruderschaftsfest gefeiert und an diesem Tag wurden auch neue Mitglieder aufgenommen. Ab 1947 werden die Einträge im Bruderschaftsbuch und die Auflistung der Neuaufnahmen allerdings sehr rar. Der Georgiritt fand von 1963 bis 1984 wegen zu geringer Pferdezahl gar nicht mehr statt. Mit der Wiedereinführung und besonders ab dem 250. Gründungsfest wurde aber auch die Georgibruderschaft wieder aktiver. 1995 konnte ein alter Brauch erstmals erneut aufleben: Die Bruderschaft, gekleidet mit neuen Kutten und mit den renovierten Stäben, ging dem Ritt von St. Georgen aus Richtung Weisham entgegen und geleitete ihn zur Pferdesegnung am Kirchplatz. So läuft es noch immer ab.

Verpflichtungen nicht mehr so vielfältig

»Auch in den heutigen Tagen hat die Vereinigung einen tieferen Sinn. Alle, die der Bruderschaft beitreten, verpflichten sich damit zum Einsatz für die christliche Werteordnung und bezeugen dies durch lebendigen Glauben. Sie sind sich bewusst, dass dies nicht immer leicht ist und haben deshalb den heiligen Georg als Vorbild gewählt, als Beispiel eines überzeugten und mutigen Christen«, schreibt Elisabeth Stadler 1997 in der Festschrift. »Die Georgibruderschaft gehört seit Jahrhunderten zu den besonderen religiösen Traditionen in St. Georgen. Ihr Untergang wäre ein großer Verlust für die Pfarrei, ihr Wiederaufleben dagegen eine Chance, sich auf die wesentlichen Dinge des Lebens neu zu besinnen.« Die Verpflichtungen der Mitglieder seien nicht mehr so vielfältig wie zurzeit der Errichtung. Man verpflichtet sich, am Patroziniumstag die Gelöbnisformel zu beten: »Heiliger Patron der Pfarrkirche und -gemeinde St. Georgen, hoher Ritter und Blutzeuge St. Georg. Ich erwähle dich heute zum Schutzherren und Fürsprecher und nehme mir fest vor, dich niemals zu verlassen, dich zu verehren, nie etwas gegen dich zu sagen oder zu tun, auch niemals zuzulassen, dass von anderen je etwas wider deine Ehre geschieht. Ich bitte dich, nimm mich an zu deinem Diener (deiner Dienerin), stehe mir bei in allen Anliegen des Leibes und der Seele, verlass mich nicht in der Stunde meines Todes und begleite mich in das himmlische Vaterland! Amen.«

Zuletzt wurden im Bruderschaftsbuch anlässlich des 250-jährigen Bestehens 1997 insgesamt 53 neue Mitglieder gelistet. Und auch heute noch würde sich die Bruderschaft über Neuzugänge freuen.

Ausstellung im Pfarrheim

Aus Anlass des 275-jährigen Bestehens der Georgibruderschaft gibt es am Wochenende eine Ausstellung im Pfarrheim St. Georgen. Brauchtumsreferent Markus Schupfner und Kirchenpfleger Alois Dandl wollen mit der Ausstellung dieses einzigartige Jubiläum würdigen und auch auf die sogar noch ältere Sebastianibruderschaft verweisen. Gleichzeitig werden dabei erste Exponate der historischen Sammlung aus dem Gebiet der ehemaligen Gemeinde Stein gezeigt, die Markus Schupfner mit Hilfe von Pia Mix seit gut einem Jahr zusammenstellt.

Alte Bilder, Bruderschaftsbücher und Urkunden, Gewänder und anderes mehr werden zu sehen sein. Die Ausstellung im Pfarrheim ist am Samstag von 15 bis 21 Uhr geöffnet sowie am Sonntag von 9 bis 16 Uhr.

mix

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