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Ständige Kontrollen, zurechtlegen, ausmessen oder anzeichnen gehören ebenfalls zur Arbeit, wie Irmi Axmann hier zeigt. (Foto: T. Eder)

In Millimeterarbeit zur neuen Fahne

Staudach-Egerndach – Leuchtenden Augen bekamen Bernd Koller, Vorsitzender der Soldaten- und Kriegerkameradschaft Staudach-Egerndach und Hans Ranz, der Reservistenvertreter beim Blick auf die Vereinsfahne. Noch ist die Fahne, die ein Duplikat der Vereinsfahne, geweiht 1905, sein wird, nicht fertig. »Wunderschön wird die Fahne«, bestätigte Koller beim Besuch der Fahnenstickerin in Eggstätt und tastet vorsichtig über die Goldstickerei.


Die königsblaue Vereinsfahne der Krieger- und Soldatenkameradschaft wurde 1905 mühevoll mit vielen Ornamenten und großzügiger Goldstickerei in Hand gefertigt. Doch die 110 Jahre haben an der Fahne ihre Spuren hinterlassen. Der Fahnenstoff ist abgeschabt, die Stickerei nicht mehr vollständig erhalten und teilweise löst sich das Friedenssymbol auf. Nachdem sich die Fahne aber nicht mehr restaurieren lässt, entschied der Verein vor zwei Jahren, eine neue Fahne anfertigen zu lassen. Voraussetzung war, so Bernd Koller, dass die neue Fahne dem Original entsprechen soll.

Bei seiner Recherche erkannte er auf alten Fotos, dass die Vereinsfahne, die schon mehrfach ausgebessert wurde auch einige Unterschiede zur Urfahne des Vereins aufweise. Die neue Fahne solle aber der ursprünglichen Fahne entsprechen und nach Vorlage alter Fotos gefertigt werden.

Wie aufwändig dies ist, wurde beim Besuch in der Werkstatt der Fahnenstickerin Irmi Axmann in Eggstätt deutlich. Die gelernte Stickerin musste vorab Skizzen und Pausen anfertigen, und diese dann auf den schweren 1,5 mal 1,5 Meter langen Fahnenstoff übertragen. Auch Stoffapplikationen mussten auf die neue Fahne übertragen werden. Allein die Vorarbeiten bis zum eigentlichen Besticken der Fahne nahmen viele Stunden in Anspruch.

Auch kann immer nur ein kleiner Teil der Fahne bearbeitet werden, erklärte sie. Besonders aufwendig sind die Ornamente und die Schattierungen, die mittels unterschiedlicher Fäden entstehen. Ständiges Wechseln der Fadenspulen ist dafür nötig. Viele unterschiedliche Farbtöne muss die Näherin auseinanderhalten. Damit sich das Nähgut nicht zusammenzieht, verwendet sie einen Stickkranz, in dem das zur Bearbeitung anstehende Stück Stoff eingespannt wird.

Interessiert blickten die beiden Herren der Stickerin beim Nähen an einer sehr alten Nähmaschine über die Schulter. Mit viel Gespür nähte sie Millimeter für Millimeter, zog den schweren Stoff zurecht, veränderte mit einem Beinhebel die Stichlänge und bot damit einen Einblick in ihr Schaffen. Ausdauer ist hier eine besondere Tugend.

Das Ergebnis der bisherigen Arbeit kann sich sehen lassen. Auf einem großen Tisch ausgebreitet, durften die Kameraden das gute, wertvolle, teils goldbestickte Stück genau unter die Lupe nehmen und waren fasziniert. Die vielen kleinen Details der Fahne begeisterten beide. Die Vorderseite der aufwändig bestickten Fahne ist bis auf wenige Stellen bereits fertig. Noch fehlt der Schriftzug.

»Die Fahne ist für uns ein Friedenssymbol«, erklärt Bernd Koller. Aber auch geschichtlich ist die Fahne einzigartig und interessant. Im alten königlich-bayrischen Wappen ist auch die fünfzackige Krone enthalten. Zwei Pantiere halten mit goldenen Krallen das Wappen. In den Ecken werden die Orte Wörth, Sedan, Orleans und Paris gestickt. Auf der Rückseite wird der heilige Antonius mit Schwert, Marschallstab und Generalshut zu sehen sein. Eine ähnliche Figur steht in der Unterwössner Kirche. Koller wusste jedoch nicht, ob die Figur damals als Vorlage galt. Wie er betonte, galt der Heilige Antonius als Friedensbote und Fürsprecher in Kriegsnöten. Auf der Rückseite werden die Ecken zudem mit den Jahreszahlen der Kriege versehen.

Bis die Fahne fertig ist, sind noch viele Stunden intensiver Arbeit nötig. Sicher ist jedoch, dass die Fahne bis zur Fahnenweihe am 15. Juli fertig sein muss. Dann möchte die Krieger- und Soldatenkameradschaft ihre neue Fahne der Öffentlichkeit präsentieren. tb