Wie Architekt Kristian Stampf vom Planungsbüro Blüml in Tittmoning mitteilte, kämen bei der Bauausführung für den Bereich Stadl zwei Varianten in Frage: entweder Holzständer- oder Massivbauweise. Das Büro empfehle einen Mauerwerksbau. Als Gründe führte Blüml die aktuelle Situation auf dem Holzmarkt an. Unter anderem durch eine erhöhte Baustoffnachfrage aus dem Ausland und einer Drosselung des Holzeinschlags sei der Rohstoff Holz zurzeit nur begrenzt verfügbar. Daraus resultierten längere Lieferzeiten und auch Preissteigerungen.
Einen weiteren Grund, den Stadel in konventioneller Bauweise auszuführen, hätten die Bausubstanzuntersuchungen mit den Fachplanern ergeben. Laut Stampf zeigen sie, dass der Stadl in einem ersten Bauabschnitt zuerst abgetragen werden soll. Dementsprechend werde er auch zuerst wieder aufgebaut und diene als Aussteifung für die nächsten Bauabschnitte. Ein Mauerwerksbau würde den Bauverlauf und die Statik vereinfachen.
Auch die Verwaltung unterstützt die Entscheidung des Planers: »Eine Massivbauweise wäre einfacher«, sagte Bauamtsleiter Josef Heiß. Auch er mahnte die utopischen Holzpreise an, die wegen längerer Lieferzeiten auch einen Unsicherheitsfaktor bezüglich des für Frühjahr nächsten Jahres geplanten Baubeginns bedeuten würden.
Laut Stampf finden derzeit auch für den Mittelbau noch tiefgreifende Untersuchungen der Bausubstanz und Fundamente statt. Nach ersten Ergebnissen seien die vorhandenen Fundamente nicht ausreichend, so dass hier umfangreiche, sogenannte Unterfangungs-Maßnahmen zu erwarten seien. Sollte sich herausstellen, dass hier ein Teilabbruch und Neubau wirtschaftlicher wäre, sollte dieser wie im Bestand in Massivbauweise ausgeführt werden.
Dass der Wirtschaftsbereich des Gebäudes in Massivbauweise und nicht in Holzständerbauweise errichtet werden soll, damit waren nicht alle Räte einverstanden. Vor allem Franz Wörndl (CSU) drängte da-rauf, auch aus ökologischen Gründen den Werkstoff Holz zu bevorzugen. Pauschal zu sagen, dass ein Holzbau bei den Preisen mit anderen Baustoffen nicht mithalten könne, könne er nicht unterschreiben, so Wörndl. Sein Fraktionskollege Sepp Daxenberger und Angelika Wolfertstetter von den Grünen forderten deshalb Zahlen, um einen Preisvergleich herstellen zu können: »Es müssen Zahlen auf den Tisch, damit wir entscheiden können«, so Daxenberger. Auch Wolfertstetter und Michaela Losbichler (Grüne) vertraten die Ansicht: »Um uns ein besseres Bild machen zu können, sind Vergleiche notwendig.«
Nach Angaben des Architekten seien Holzbauten grundsätzlich zwischen zehn und 20 Prozent teurer als Massivbauten. Ausschlaggebend seien aber nicht nur die Kosten, sondern die Wahrscheinlichkeit, dass mit Lieferengpässen zu rechnen ist.
Diese Befürchtungen teilten auch zweiter Bürgermeister Norbert Maier (FW) und Martha Gruber (FW). »Entscheidend für mich ist die Statik«, sagte Toni Mayer (Grüne). Der Baustoff Ziegel sei zwar auch teuer, aber man bekomme ihn beständiger, stellte Clemens Kronast (FW) heraus. Gegen die Stimmen von Losbichler, Wolfertstetter, Wörndl und Daxenberger wurde der Beschlussvorschlag, den Bereich des ehemaligen Wirtschaftsteils in Massivbauweise auszuführen, mehrheitlich beschlossen.
Gegen die Stimme von Clemens Kronast (FW) wurde der Entwurf der Fassadengestaltung abgesegnet, die eng mit der Unteren Denkmalsschutzbehörde abgesprochen wurde. Kronast stört in Teilbereichen die moderne Architektur. Insgesamt wurde die Außenfassade aber als verträglich angesehen. Für das Denkmalamt sei das ein Vorzeigeobjekt, merkte Daxenberger an. Und auch die Vertreter der Grünen sprachen von einem insgesamt schönen Ensemble.
An der Fassade soll eine Deckenschalung ausgeführt werden. Um mehr Belichtung für die dahinterliegenden Räume zu ermöglichen, ist eine Kombination in Verbindung von Lamellen vor den Fensteröffnungen denkbar. Der Wirtschaftsteil Richtung Nord und Süd sowie die Giebelseite im Osten sollen überwiegend mit traditioneller, senkrechter Holzschalung und nur partiell mit Lamellen gestaltet werden. Die Ecken der Loggien sollen durch einige Lamellen geschlossen werden. Auf der Ostseite sind keine offenen Balkone vorgesehen. Laut Denkmalschutz muss hier klar erkennbar sein, dass es sich um die Rückseite eines Bauernhauses handelt.
Bei dem Bauvorhaben handelt es sich um ein Pilotprojekt, bei dem neue Wohnformen angeboten werden, gleichzeitig aber der dörfliche Charakter weiterentwickelt und erhalten bleiben soll. Die Gemeinde Seeon-Seebruck hatte das ehemalige Harrecker-Anwesen und die dazugehörigen Grundstücke vor Jahren erworben und eine Antwort darauf gefunden, wie sie das Quartier in dem kleinen Dorf verwerten könnte, ohne dabei zu sehr in die gewachsene Struktur einzugreifen. In das bestehende Wohn- und Wirtschaftsgebäude des Harrecker-Hofs sollen elf Wohnungen – von der Single- bis zur Sechs-Personen-Wohnung – eingebaut werden, die nur an Einheimische vermietet werden sollen. In das Gesamtensemble soll auch ein sogenannter Parkstadel integriert werden, der in Holzbauweise errichtet werden soll.
Der zum Gesamtensemble dazugehörige Bundwerk-stadel sollte ursprünglich den Vereinen als Lagerstätte zur Verfügung gestellt werden. Davon ist man aber zwischenzeitlich abgekommen, weil der Bundwerk-stadel nach Ansicht des Gemeinderats als Lagerstätte eigentlich zu schade ist. Auf dem freien Grundstück entsteht gerade ein Vier-Familien-Haus. Des Weiteren kann ein Sechs-Familien-Haus gebaut werden. Auch diese Gebäude müssen sich optisch der Umgebung anpassen.
Das Gesamt-Projekt stößt aber nicht bei allen 98 Bewohnern des idyllisch gelegenen Kirchendorfs auf Gegenliebe. Viele befürchten, dass die Infrastruktur durch ein weiteres Bevölkerungswachstum nicht dafür ausgelegt sei. Vor allem beschäftigt sie die ohnehin schon beengte Situation am Friedhof. Hier sehen viele in dem zunehmenden Verkehr ein großes Konfliktpotenzial. An Feiertagen oder bei Beerdigungen herrsche hier ohnehin schon sehr viel Verkehr, beklagen die Anwohner.
Dass die Umsetzung dieses rund Sechs-Millionen-Euro-Projekts nicht einfach und auch nicht risikofrei sein wird, dessen ist sich der Gemeinderat bewusst. Aber sowohl als Bauherr als auch als Investor hat die Gemeinde, die das staatliche Wohnraumförderprogramm mit einer 30-prozentigen Förderung in Anspruch nehmen wird, die Hand drauf.
Mit dem Förderantrag beschäftigt sich die Gemeinde seit über zwei Jahren. »Wir haben einiges an Planungsleistungen machen müssen, um den Antrag einzureichen«, sagte Bartlweber. Eine abschließende Erstellung eines Förderantrags habe sich immer wieder verzögert, da die Regierung von Oberbayern wiederholt zusätzliche Anforderungen und Entscheidungen gefordert habe. Zuletzt sei sogar gefordert worden, dem Förderantrag eine bewilligte Baugenehmigung beizulegen.
Jetzt sei von der Förderstelle vorgeschlagen worden, dass die Gemeinde für das Projekt erst einmal einen »vorzeitigen Maßnahmenbeginn« beantrage. Dieser werde von der Regierung voraussichtlich kurzfristig bewilligt. Dadurch könne die Gemeinde die wichtigsten Gewerke ausschreiben, damit eine gewisse Planungssicherheit hinsichtlich der Kosten bestehe. Aufträge dürften vergeben werden, sobald der vorzeitige Maßnahmenbeginn vorliegt.
ga