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Rüdiger Karmann ist der neue Pfarrer im Pfarrverband Seeon-Seebruck. (Foto: Richter)

»Die Kirche zukunftsfähig gestalten«

Seeon-Seebruck – Zu sagen, passt schon, sich zurückzulegen, bequem zu werden – Das wollte Rüdiger Karmann nicht. Zehn Jahre lang war er als Pfarrer im Pfarrverband Oberhaching eingesetzt. »Die Leute kennen einen, und man kennt die Leute«, so Karmann. Sich weiterhin im gewohnten Fahrwasser bewegen, wollte der 56-Jährige deshalb vermeiden. »Das ist auch nicht die Intention Jesu«, sagt er.

So habe er vergangenes Jahr darum gebeten, in einen neuen Pfarrverband versetzt zu werden. Dass auch Pfarrer Dr. Hans Huber, der bis Anfang Juli den Seeoner Pfarrverband leitete, wechseln wollte, passte da gut. Am 22. Dezember 2018 habe Karmann Bescheid bekommen, dass er künftig in Seeon eingesetzt sein wird und für die Pfarreien Seeon, Truchtlaching und Seebruck zuständig ist. Am 6. Januar, nach mehreren Gesprächen mit Huber und dem Ordinariat, sei Karmanns Wechsel offiziell bekanntgegeben worden.

Von der Großstadt aufs Land

Der Schritt von Oberhaching nach Seeon ist für den Geistlichen dabei ein großer. Bisher habe Rüdiger Karmann immer im Münchner Speckgürtel gearbeitet. Nun betreut er erstmals einen ländlichen Pfarrverband. In Oberhaching und zuvor in Zorneding, Haar und Trudering seien sich die Bürger oft fremd gewesen, hätten in der Anonymität der Großstadt gelebt. Auch sei es ein großer Unterschied, ob jemand zur Miete lebt oder Eigentum besitzt. Die Menschen seien anders verwurzelt.

Karmann betont jedoch, dass es auch dort Ausnahmen gebe. »Jede Pfarrgemeinde hat einen anderen Charakter«, sagt er. Darum sei es für einen Seelsorger enorm wichtig, zu fragen: »Was brauchen die Leute?«

Der Frage ist Karmann in den etwa vier Wochen, in denen er im Pfarrverband Seeon ist, intensiv nachgegangen. »Ich durfte bereits viele Menschen kennenlernen, es waren ausschließlich gute Begegnungen.« Unterstützt hätten ihn dabei die Diakone Georg Oberloher und Hans Eder.

Kontakte habe er so bereits zu den kirchlichen Vereinigungen, zur Landjugend, der Frauengemeinschaft oder zu den Pfarrgemeinderäten, geknüpft. »Man braucht zwei bis drei Jahre, um eine Pfarrgemeinde kennenzulernen«, so Karmann. Deshalb sei es falsch, schon jetzt zu sagen, was man einmal anders machen möchte.

Eins aber ist seit jeher Karmanns Intention: »Wir müssen die Kirche zukunftsfähig gestalten. Es lässt mich nicht kalt, dass 90 bis 95 Prozent der Menschen nicht mehr zur Messe kommen.« Karmann erklärt: »Leute, die nicht kommen, finden in den Gottesdiensten nicht das, was sie glauben, zum Leben zu brauchen.«

Für Fernbleiben gibt es viele Gründe

Die Gründe für das Fernbleiben seien vielfältig. Das fange bereits bei der Architektur der Kirchen an. In den hohen Gewölben wolle niemand Feste feiern und zusammenkommen. Auch die Wortwahl des Priesters sei wichtig, ebenso wie über Jahrhunderte erlernte Verhaltensweisen, und, dass während der Messen kaum Dialoge mit den Gläubigen möglich seien, die Geistlichen vielmehr Monologe abhalten. »In der Kirche wurden und werden zu viele einsame Entscheidungen getroffen«, so Karmann. Die Missbrauchsfälle seien dann für viele eine Rechtfertigung, austreten zu können. »Ich liebe meine Kirche, deshalb sage ich das so offen.«

Dem 56-Jährigen ist es wichtig, den Menschen Jesus nahezubringen. Die Leute sollten erkennen, dass sie bereits mit Jesus in Kontakt sind, in seinem Sinne handeln, wenn sie in ihren eigenen vier Wänden liebevoll miteinander umgehen. Karmann versucht das zu vermitteln, indem er mit den Menschen gemeinsam lebt, mit ihnen spricht, auch einmal zum Wirt geht, immerzu fragt: »Was ist euch wichtig?«

Den Standort des Seeoner Pfarrhauses, unmittelbar an den Kloster-Komplex angrenzend, findet der Geistliche dafür wenig geeignet. Recht weit ab vom Schuss befinde es sich. Es sei schwer, von dort aus mit den Menschen in Kontakt zu kommen. Dafür könne er dort vor allem für die Touristen da sein und Seelsorge leisten. »Mein Vorgänger, Hans Huber, hat schon gesagt, das Kloster Seeon ist wie eine vierte Pfarrei«, so Karmann. Momentan lebt der Geistliche mit seiner Pfarrhausfrau Monika Lechner allerdings übergangsweise in Truchtlaching. Die Seeoner Räumlichkeiten werden renoviert, auch eine neue Küche wird eingebaut.

Auch die katholische Kirche befinde sich in einer »spannenden Zeit des Umbaus«, so Karmann. In Seeon komme dazu ein Strukturproblem. In seinen Zuständigkeitsbereich würden sehr viele Kirchen fallen, in denen der 56-Jährige versucht, regelmäßig Messen zu feiern. »Es ist wichtig, dass darin Leben stattfindet.«

Sonntagsgottesdienst ist für Karmann zentral

Der Gottesdienst am Sonntag ist für den Geistlichen dabei zentral, auch wenn es sich dabei um einen Begriff handelt, den er nicht sehr gerne verwendet; passender sei der Ausdruck »Eucharistiefeier«, denn diese sei das Wichtigste für einen Christen. »Der Sonntag ist der Tag, von dem aus wir in die Woche starten«, sagt er. An Gott nur am Sonntag zu denken, findet Karmann aber zu wenig. Es sei wichtig, mit ihm auch während der Woche eine Beziehung zu pflegen.

 Rüdiger Karmann wird am Samstag, 7. September, ab 18.30 Uhr offiziell in der Klosterkirche Seeon in sein Amt eingeführt. Das übernimmt der stellvertretende Dekan Konrad Roider. Anschließend findet ein kleiner Stehempfang im Bildungszentrum Kloster Seeon statt. jor

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