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Timo Gerhold war schon während des Biathlon-Weltcups im Januar in Ruhpolding. Am 1. April übernimmt er in der Chiemgau-Arena die Geschäfte. (Foto: Kas)

»Es ist beeindruckend, was hier in Ruhpolding aufgebaut wurde«

Timo Gerhold ist ab 1. April der neue Geschäftsführer der Chiemgau-Arena – Im Interview spricht der 50-Jährige über seine Ziele


Timo Gerhold heißt der Nachfolger von Engelbert Schweiger. Er wird ab 1. April Geschäftsführer der Chiemgau-Arena, die mit dem jährlichen Biathlon-Weltcup im Januar weltweite Aufmerksamkeit genießt. Der 50-Jährige wechselt aus Baunatal in den Chiemgau, ist derzeit noch geschäftsführender Vorstandsvorsitzender des KSV Baunatal, ein Sportverein mit über 7500 Mitgliedern und 36 Abteilungen. Gerhold leitet in Nordhessen den Sportbetrieb mit rund 70 hauptamtlichen Mitarbeitern, aber auch mit 500 Ehrenamtlichen.

Aushängeschild des ehemaligen Fußball-Zweitligisten ist nach wie vor der Fußball, wo der Verein in der Oberliga Hessen kämpft. Im Triathlon ist Baunatal in der Bundesliga vertreten, aber auch im Tennis, Schwimmen und Handball in hohen Ligen unterwegs. Bei allem Leistungssport nimmt bei ihm aber auch der Breiten- und Gesundheitssport einen großen Rahmen ein. Die Sparte Biathlon gibt es beim KSV allerdings nicht, immerhin aber alpine Skisportler.

Gerhold ist in Kassel geboren und dort auch aufgewachsen. Er studierte Sport in Gießen, dazu Politik- und Erziehungswissenschaften. Er selbst kommt aus einer sportbegeisterten Familie und war Leistungssportler in der Radsportszene. Nebenberuflich absolvierte er noch ein Zweitstudium im Fach Sportökonomie. Der Hesse ist zweifacher Vater und in zweiter Ehe verheiratet. Er hat eine 16-jährige Tochter und einen 14-jährigen Sohn.

 

Wie kam es zum Wechsel von Nordhessen nach Oberbayern?

Das war eine Entscheidung, die sehr emotional getroffen wurde – aus der Passion für den Sport, der Begeisterung für die vielen Menschen, die ihr Herzblut und sicherlich manches Lebenswerk in die Arena stecken und vor allem für die Liebe zu meiner Frau, die hier in der Region lebt.

 

Wie sehr kennen Sie den Biathlonsport?

Ehrlich gesagt nur als reiner Fan. Ich bringe fachliches Wissen mit in Sachen Strukturen im Sport, dazu die Betriebswirtschaft, aber im Wintersport bin ich Quereinsteiger. Ich war auch selbst noch nie auf Langlaufskiern gestanden und noch nie an einem Schießstand. Aber ich habe schon angefragt bei den Trainern des Deutschen Skiverbandes, ob ich mal eine Einführung bekomme.

 

Für die Nachfolge von Engelbert Schweiger sind über 20 Bewerbungen eingegangen, am Ende hat sich das Gremium um Bürgermeister Justus Pfeifer und Aufsichtsratsvorsitzenden Harald Stempfer für fünf Kandidaten entschieden, mit denen persönliche Gespräche geführt wurden. Warum glauben Sie, hat man sich dann für Sie entschieden?

Ich glaube, ich habe erkennen lassen, wie stark mich die Begeisterungsfähigkeit der Menschen hier in Ruhpolding angesteckt hat. Diese enorme Identifikation mit der Arena hat mich sehr rasch fasziniert. Ich denke, dass das bei mir sichtbar geworden ist. Dazu kommt vermutlich die fachliche Expertise. Das Vertrauen in meine Erfahrungen im Umgang mit dieser besonderen Konstellation aus einem betriebswirtschaftlichen Unternehmen und den vielen ehrenamtlichen Akteuren war bestimmt auch ein Aspekt. Allein beim Weltcup haben wir ja über 1000 Ehrenamtliche, ohne die geht es nicht. Ein starker Verein wie der SC Ruhpolding und andere Vereine stehen auch dahinter. Es ist eine besondere Situation in Ruhpolding, einerseits eine solide wirtschaftliche Basis zu sichern, ohne dabei die Leidenschaft der vielen Freiwilligen zu verlieren. Das gilt es zu jonglieren, zu moderieren und zu kommunizieren. Da bringe ich viel Erfahrung mit und das ist in den Gesprächen wohl sichtbar geworden.

 

Wie haben Sie sich aufs erste Vorstellungsgespräch im letzten Jahr vorbereitet?

Ich muss gestehen, dass ich beim Bewerbungsgespräch zum ersten Mal überhaupt in meinem Leben in Ruhpolding war. Natürlich war ich fachlich präpariert. Meine beste Vorbereitung war aber wahrscheinlich die Arena-Führung, die ich am selben Tag anonym gebucht hatte. Frisch aufgeladen mit diesen tollen Eindrücken bin ich dann direkt ins Gespräch gegangen.

 

Sie haben beim Weltcup im Januar etwas reingeschnuppert, ihre Akkreditierung erlaubte Ihnen Zutritt zu allen Bereichen. Wie war’s?

Ich war ja quasi inkognito in vielen Bereichen unterwegs und habe sehr viele Gespräche geführt mit hauptamtlich Beschäftigten, mit Abteilungsleitern, aber auch mit Ehrenamtlichen. Ich habe viel Begeisterung mitgenommen. Ich habe auch bemerkt, wie stark sich die Menschen hier mit ihren Aufgaben identifizieren. Das begeistert mich und ich begegne meiner neuen Aufgabe auch deshalb mit einem riesigen Respekt. Es war für mich extrem beeindruckend zu sehen, was hier in Ruhpolding über Jahrzehnte aufgebaut wurde, wie komplex sich die Veranstaltung darstellt und wie alles funktioniert.

 

Kennen Sie ihren Vorgänger Engelbert Schweiger, der hier 23 Jahre Pionierarbeit geleistet hat?

Ich kannte ihn nicht, wir sind uns beim Weltcup aber zufällig begegnet. Ich habe mich ihm kurz vorgestellt und wir haben dann so fünf Minuten geplaudert.

 

Kennen Sie ihr Team schon in der Arena?

Ja, die meisten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter habe ich bereits kennengelernt. Mein Eindruck ist, dass ich ein hochengagiertes und wahnsinnig nettes Team vorfinde. Ich wurde toll aufgenommen von Claudia Hummel und auch allen anderen. Das macht dann auch bei mir die Vorfreude auf den Job aus. Meine ersten Wege werden mich ohnehin zu allen denen führen, die sich mit der Arena verbunden fühlen. Als Quereinsteiger gilt es für mich, viel aus diesen Gesprächen zu lernen und neue Netzwerke zu erschließen. Ohne den engen Schulterschluss aller, denen die Arena am Herzen liegt oder die von unseren Events profitieren, werden die kommenden Jahre sehr herausfordernd sein.

 

Am Montag stand ein Zweistunden-Gespräch mit Harald Stempfer an. Worum ist es da gegangen?

Es ging tatsächlich schon um die Weichenstellung für den Weltcup 2024. Die ersten Entscheidungen dazu müssen ja bereits im April getroffen werden. Und wenn ich mir dann erst einen Überblick verschaffe, wenn ich da bin, wird die Zeit knapp. Es geht beispielsweise um das VIP-Zelt, aber auch um solche Angelegenheiten wie Parkflächen, Ausstellerflächen, Shuttle-Busse, um Verpflegung für die Helfer und vieles mehr.

 

Wo wird Ihr Büro sein?

Dort wo mein Vorgänger saß. Das ist für mich ein ganz besonderer Reiz, denn ich habe Blickfläche auf die Bergkulisse, auf die Sportanlagen. Als passionierter Sportler fühle ich mich mitten im Herzen dieser wunderschönen Arena.

 

Mit wem werden Sie sich denn beraten?

In erster Linie natürlich mit Harald Stempfer, der mich schon jetzt sehr kollegial einarbeitet. Wir werden enge Absprachen weiterführen, denn ich bin auf sein Fachwissen und seine Expertise angewiesen. Natürlich werde ich auch ganz eng mit Alois Reiter zusammen- arbeiten. Reiter ist ein Glücksfall für die Arena, er ist ein europaweiter Experte. Das sieht man auch daran, dass ihn die Internationale Biathlon Union (IBU) zum Beispiel beim Weltcup in Hochfilzen als Technischen Delegierten eingesetzt hat oder zuletzt auch beim IBU-Junioren-Cup.

 

Ihr größtes Ziel ab 1. April?

Die Arena sehe ich als wichtigen Dienstleister für die ganze Region, weit über die Grenzen des Sports hinaus. Damit geht für uns die Verpflichtung einher, die GmbH nachhaltig zukunftsfähig zu machen, sowohl wirtschaftlich, als auch ökologisch. Bei aller Vernunft dürfen aber keinesfalls die Leidenschaft und Begeisterungsfähigkeit der Menschen verloren gehen, die für die Arena brennen. Die hauptamtlichen und freiwillig Engagierten sind unser kostbarstes Gut, unser wichtigster Erfolgsfaktor. Karlheinz Kas

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